Название: DUNKLE ZEITEN
Автор: Dane Hatchell
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783958352629
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Das Ungeheuer zog sich nun mit einem Mundvoll Menschenfleisch zurück. Seine Zähne waren rot verschmiert und in den Zwischenräumen klemmten Gewebefetzen.
Wie nach einem Zaubertrick des großen Houdinis fehlten dem stämmigen Mann jetzt plötzlich drei Finger. Blut floss in Strömen aus den Wunden an seinem Arm hinunter. Er hielt sich die Hand vor das Gesicht, starrte sie fassungslos an und ließ nun jegliche Vernunft fahren.
»Was zum Teufel …?«, wisperte der Tätowierte, während er den zweiten Kerl anstarrte, der gerade schleppend auf ihn und den Brillenträger zukam.
Der Zombie – so würde man sie allerdings erst später nennen – kaute vorübergehend zufrieden auf einem Stück Finger herum.
»Raus aus meinem Lokal!« Pop trat plötzlich mit erhobenem Schläger hinter dem Tresen hervor.
Yes, I think to myself, what a wonderful world.
Oh yeah!
***
Rico, der immer noch unter den unangenehmen Nebenwirkungen des Alkohols litt, hielt sich den Angreifer weiterhin von der Pelle, indem er ihm einen Arm gegen seine Kehle drückte. Die Kreatur auf ihm schnappte regelmäßig zu und war fest entschlossen, ihre Zähne in jedes Körperteil zu treiben, das hinzuhalten der Polizist dumm genug war.
Während der wenigen Momente, die vergangen waren, seit er auf dem Rücken lag, hatte er sich mit einem unglaublichen Gedanken angefreundet. Die Obdachlosen mochten zwar Menschen sein, aber sie lebten nicht mehr. Das hatte nichts damit zu tun, dass ihm der Alkohol eventuell den Kopf verdrehte … diese Dinger waren tot … sie waren Zombies. Wie sie sich allerdings weiterhin bewegen konnten, überstieg seine Auffassungsgabe. Gott oder Satan waren dafür verantwortlich, oder die Wissenschaft konnte es erklären. So oder so, sie alle waren nun komplett am Ende.
Rico nahm all seine Kraft zusammen und verpasste seinem Angreifer einen heftigen Ruck, in der Hoffnung, sich von ihm befreien zu können. Es genügte jedoch nicht, denn die Kreatur hielt mit ihren knochigen Armen dagegen und zog jetzt mit einer Hand an seiner Krawatte, während die andere ebenfalls nicht lockerließ. Der Beamte stöhnte und dachte ganz kurz, dass er gleich die Hose vollfette. Seine Muskeln zuckten, während er sich darauf gefasst machte, es erneut mit geballter Kraft zu probieren. Ein zweiter Ruck … und er spürte mit seliger Erleichterung, dass das tote Ding endlich von ihm abließ. Er hatte es geschafft, es mit seinem linken Knie aus der Balance zu bringen und neben sich auf den Boden zu wälzen.
Ricos Körper tat mittlerweile überall weh und eine leichte Benommenheit erschwerte ihm das Aufstehen, denn er kippte fast vornüber. Nach ein paar Sekunden nahm er die Umgebung endlich nicht mehr verwackelt wahr und erkannte, dass die Eingangstür immer noch weit offenstand. Ein Blick hinaus sagte ihm: Dieser Kampf hatte gerade erst begonnen. Eine ganze Schar wiederbelebter Toter torkelte träge von der Straße auf die Kneipe zu. Rico hob eine Hand, schlug die Tür zu und schob sofort den Riegel vor, alles in einer fließenden Bewegung. Dies geschah offenbar gerade noch rechtzeitig, denn gleich darauf reihten sich die Toten bereits vor den Fenstern auf. Schmierige Hände schlugen dagegen und kratzten daran. Wie lange würde das Glas wohl halten, bis es in tausend Splitter zerbrach?
Sie wollten hinein, und falls noch weitere aufkreuzen würden, würde man sie unmöglich aufhalten können.
»Was ist denn los?«, rief nun jemand.
Als Rico wieder hochschaute, sah er Bilder, die sich ihm bis an sein Lebensende einbrannten – Dinge, die ihn später bei Nacht immer noch verfolgen sollten, wenn er versuchte, die Augen zu schließen. Pop kam hinter dem Tresen hervor und ging auf zwei Männer zu, die den Eindruck erweckten, helfen zu wollen. Ein dritter Kerl, der aussah, als verputze er Steroide zum Nachtisch, saß mit dem Rücken an der Theke am Boden. Sein Gesicht war rot bespritzt, und ein Arm triefte vor Blut, das immer noch von seiner verletzten Hand hinunterlief. Offensichtlich stand er unter Schock, wie man an dem starren Ausdruck auf seinem bleichen Gesicht erkannte. Die meisten anderen Gäste hielten sich fern von ihm und blieben mit ihren Rücken an den Wänden stehen. Sie erinnerten Rico an Schlachtvieh – und falls nicht bald auch andere Leute Initiative ergreifen würden, würden sie alle tatsächlich in Kürze ausgeweidet werden.
Der Zombie, der den Sitzenden offenbar angegriffen hatte, kniete mitten im Raum und kaute an irgendetwas herum; um sich denken zu können, was es war, brauchte man keine blühende Fantasie. Als Rico das Blut an der Hand und im Gesicht der Kreatur sah, liefen ihm erneut kalte Schauer über den Rücken.
James hatte sich zu einer Waffe verholfen und war nun bereit zum Handeln. Der Alte ließ keinerlei Furcht erkennen, während der Baseballschläger auf seiner Schulter ruhte. Einen Moment lang erinnerte er Rico an einen mittelalterlichen Krieger – einen Ritter auf einem Schlachtfeld, wo man entweder tötete oder getötet wurde. Er wollte hinübereilen und seinem Freund beistehen, stand aber selbst noch immer vor einem Problem. Der Tote, den er von sich gestoßen hatte, raffte sich gerade wieder mühsam auf. Falls es überhaupt möglich war, sah er noch wütender aus als zuvor. Er fauchte … eine düstere Vorankündigung seiner Absichten. Speichel tropfte wie dicker Schleim von seinen trockenen, aufgesprungenen Lippen.
Er stürmte auf ihn zu, doch dieses Mal war Rico darauf gefasst.
Der Polizist wich zur Seite aus und packte anschließend den ausgestreckten Arm des Geschöpfs. Er fiel auf den Boden genau wie der arme Saufbruder, für den er ihn gehalten hatte. Jetzt wünschte er sich, er sei wirklich nichts weiter als das. Jawohl, Rico hätte lieber zehn Penner auf der Straße mit bloßen Händen angegriffen, hätte er tauschen können. Der Geruch von billigem Fusel und Körperausdünstungen wäre nach diesem Todesgestank, den diese Dinger absonderten, eine erfreuliche Abwechslung gewesen.
Dieser Mann … dieser Mann ist bereits tot, dachte Rico, als er seine Dienstwaffe aus ihrem Holster an seiner Hüfte zog. Ich frage mich, wie ich das später in meinem Bericht ausdrücken soll.
»Stehen bleiben!«, brüllte er, als er auf die Brust des Angreifers zielte.
Dieser reagierte überhaupt nicht auf seinen Befehl. Er folgte offenbar nur einem einzigen Trieb, und er schien sich von nichts aufhalten lassen zu wollen. Seine Schuhsohlen klatschen laut auf dem Boden, denn er näherte sich unerwartet schnell.
»Ich sagte: Stehen bleiben, oder ich schieße!«
Ehe er sich versah, war die Kreatur bereits drauf und dran, ihn mit beiden Händen zu packen. Rico drückte ab – hektisch zwar, doch aus dieser Nähe war trotzdem kaum zu befürchten, dass er ihn verfehlte. Der donnernde Schuss aus seiner Kaliber .40 Glock hallte von den Wänden wider. In dem engen Lokal klang der Knall eher wie eine kleine Explosion als wie eine Handfeuerwaffe.
Die Kugel traf den Angreifer genau in die Brust.
Das verdammte Ding gab jedoch immer noch keine Ruhe. Rico riss seine Augen weit auf und erstarrte einen kurzen Moment lang.
Er arbeitete nicht erst seit gestern bei der Polizei. Während dieser Zeit war er nicht nur einmal ins Schwitzen geraten … ein paar Verfolgungsjagden, ein vereitelter Bankraub und die eine oder andere Kugel, der er hatte ausweichen müssen. Allerdings war er nie derjenige gewesen, der im Zuge einer Auseinandersetzung hatte schießen müssen. Seit ein paar Jahren hatte die СКАЧАТЬ