Название: DUNKLE ZEITEN
Автор: Dane Hatchell
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783958352629
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Rico war derart in Gedanken versunken gewesen, dass ihn die Begrüßung der Frau unglaublich erschreckte. Er erstarrte und fuhr mit dem Kopf in die Richtung herum, aus der die Stimme erklungen war.
Kaum dass er sie sah, wollte er einfach nur wieder in dem übel riechenden Zimmer sein und für sich allein bleiben. Denn auf den Straßen von Killeen war er solchen wie ihr nahezu täglich begegnet. Im Grunde trugen sie alle das Gleiche … diese hier hatte ihr fast fleischloses Knochengerüst in einen knappen Rock und ein enges Shirt gesteckt. Ihr ungepflegtes blondes Haar sah aus, als sei es zuletzt vor einer Woche gekämmt worden. Außerdem stellte sie ein paar falsche Brüste zur Schau, vermutlich die Nachfrage steigernde Geschenke eines Mackers, der letzten Endes zu ihrem Arbeitgeber geworden war. Sie versteckte sich teilweise hinter einer großen baumelnden Handtasche. Ihr ganzer rechter Arm war mit Einstichlöchern übersät. Bei dieser Frau handelte es sich definitiv um eine drogenabhängige Nutte, die diese Tatsache nicht im Geringsten verhehlte.
Rico hatte sich oft genug mit denen herumgeschlagen, die vom Leben gebeutelt worden waren, und konnte deshalb einschätzen, dass sie zwischen zweiundzwanzig und fünfundzwanzig war – was ungeübte Augen aberwitzig finden würden, denn sie sah keinen Tag jünger als fünfundvierzig aus. Der elende Tagesbetrieb der Prostitution hatte ihrer Haut den Glanz der Jugend geraubt und gebräuntes, faltiges Leder hinterlassen. Aufgrund ihrer augenscheinlichen Drogensucht war sie um weitere Kraftreserven ärmer und körperlich vollkommen ausgezehrt. Ihre Augen, zurückgesunken mit dunklen Halbmonden darunter, stachen wegen ihrer Blässe umso unansehnlicher hervor. Auf ihrem rechten Knie breitete sich ein Ausschlag aus, bestimmt infolge einer Angewohnheit, sich im zugedröhnten Zustand genau dort zu kratzen. Blieb also nur noch die Frage, womit sie sich zudröhnte: Crack, Meth oder Heroin?
»Sind Sie ein Bulle?«
Na, da redete aber jemand nicht lange um den heißen Brei herum, dachte er, als er seine Hand ausstreckte und das Getränk aus dem Schlitz zog. Danach suchte er den Blick seines Gegenübers. Als er erkannte, dass sie sich nicht vor ihm fürchtete und so schnell wohl nicht wieder verschwinden würde, ging er in die Gegenoffensive: »Hängt ganz davon ab, wer das wissen will.« Er öffnete das Big Red und trank einen Mundvoll. »Sind Sie eine Prostituierte?«
»Hängt ganz davon ab, wer das wissen will«, konterte sie kaltschnäuzig, als sei sie nicht zu Spielchen aufgelegt. Wie schwer ihr die Abhängigkeit zusetzte, verbargen ihre Züge nicht, denn sie war offensichtlich gerade auf Entzug und brauchte dringend Geld. Die Frage war, wie weit würde sie dafür gehen?
Ich habe keinen Bock auf solchen Scheiß. Rico spürte, wie sich eine gespenstische Erinnerung in ihm anbahnte. Er spannte seinen ganzen Körper an, um sie wieder zu verdrängen. Er drehte sich um und wollte einfach gehen – in der Hoffnung, damit sowohl dem Jetzt als auch der Vergangenheit entfliehen zu können.
»Den Vierteldollar brauchen Sie nicht mehr oder?«, rief sie ihm hinterher.
Ihr verzweifelter Tonfall versetzte seinem Herzen einen Stich. »Wollen Sie ihn haben?« Als sich Rico wieder zu ihr umdrehte, sah er die Münze im Wechselgeldauswurf des Getränkeautomaten liegen.
Die junge Frau biss sich auf die Unterlippe und schaute ihm begierig in die Augen. Nach ein paar Sekunden winkte sie gleichgültig mit der Hand ab. »Nein, nehmen Sie ihn.«
Es waren lumpige fünfundzwanzig Cent. Dieser Mensch brauchte deutlich mehr als das, um sich wieder aus der Bredouille zu holen. Selbst wenn Rico in seine Hosentasche gegriffen hätte, um ihr das nötigte Geld zu geben, könnte es nicht in Ordnung bringen, was in ihr kaputt war, sondern die Maschine lediglich vorübergehend schmieren, bis der Rost der Sucht das Getriebe erneut befiel. Dann würde sie sich noch etwas weiter abgenutzt haben und dem endgültigen Defekt noch nähergekommen sein. Er konnte einfach nichts tun, um sie zu retten. Streng genommen könnte sie sich, wenn er ihr jetzt Geld schenkte, sogar eine Überdosis spritzen und durch sein Mitgefühl sterben. Er musste dringend stärker werden, in der Vergangenheit hatte er dies auf die harte Tour gelernt. Als er sich wieder umdrehte und wirklich ging, würden ihn keine Gewissensbisse mehr plagen.
»Sie wissen nicht, was Ihnen entgeht«, gab sie ihm mit auf den Weg.
Rico winkte abfällig ins Leere, ohne sich die Mühe zu machen, noch einen Blick über die Schulter zu werfen, während er eilig verschwand.
Seiner Abneigung gegenüber der Erwerbstätigkeit dieser Frau zum Trotz kam er nicht umhin, darüber nachzugrübeln, weshalb sie vor diesem Motel herumlungerte. Es befand sich mitten im Nirgendwo. Gewiss war sie klug genug, zu begreifen, dass sich in größeren Städten wesentlich mehr Geld verdienen ließ. Rico wusste, es aus diesem Blickwinkel zu betrachten, war ätzend, aber das änderte nun einmal nichts daran, dass es stimmte.
»Ich heiße June Melon«, hörte er sie noch leise hinzufügen, »falls Sie es sich doch noch anders überlegen.«
Ich bin mir sicher, wenn der Preis stimmt, darf ich dich nennen, wie ich will, dachte er, als er um die Ecke bog und zu seinem Zimmer zurückkehrte.
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