Название: Wer zuerst lacht, lacht am längsten
Автор: Felix Dvorak
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783902862457
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Sonst weiß ich keinen Rat mehr. Ich kann nur für das nächste Buch die Konsequenz ziehen und eine andere Floskel verwenden. Aber welche?
»Hochverehrte Leser!« müsste etwa in alpinen Regionen gut ankommen. Jedenfalls in über 1000 Metern Seehöhe.
»Freundliche Leser!« klingt wieder zu verpflichtend, vor allem für Rezensenten.
»An meine Leser!« möchte ich nicht schreiben, denn das klingt wie die Verkündigung einer Kriegserklärung.
Sollten Sie eine geeignetere Formulierung finden, dann übermitteln Sie diese bitte in einem eingeschriebenen Brief an den Verlag. Je mehr solcher Briefe einlangen, desto sicherer können Sie sein, dass Sie keine Antwort mit der Anrede »Lieber Leser« erhalten.
Ich möchte noch erwähnen, dass ich die etwas gestelzte Formulierung »Verehrungswürdige Leser!« wieder verworfen habe, obwohl diese sich sehr gut ins Chinesische übersetzen ließe. Und das liegt daran, dass ich ursprünglich einen Roman schreiben wollte.
Die Idee dazu kam mir bei der Premiere der Freilichtaufführung von Lehárs »Das Land des Lächelns« bei den Seefestspielen am Schotterteich von Schuschlingpanzen. Nachdem Harald Serafin die von ihm so sensationell geführten Seefestspiele Mörbisch nach 20 Jahren aufgegeben hatte und man eine preußische Operettensängerin zu seiner Nachfolge bestellte – mit Billigung der Landespolitiker, was schließen lässt, dass die Burgenländer-Witze doch der Wahrheit sehr nahe kommen –, witterte der zuletzt unterbeschäftigte Operettenbuffo Roman Unterstoisser seine große Chance und tritt nun in den edlen Wettstreit mit dem ehemaligen »Mekka der Operette«.
So lud mich Unterstoisser nun zu seiner Eröffnungspremiere nach Schuschlingpanzen ein, was mich sehr freute, wo doch so wichtige Society-Größen wie Mausi Lugner, Jeannine Schiller, Marika Lichter und Richard Lugner auch als Gäste da waren.
Da ich aber fürchtete, von ihnen vor der »Seitenblicke«-Kamera erdrückt zu werden, tauschte ich mein Ticket in der ersten Reihe gegen einen Sitzplatz in der zehnten und befand mich urplötzlich inmitten einer Autobusladung chinesischer Touristen. Ihr Reisebüro hatte anscheinend keine Karten mehr für das Mozart-Konzert in der Separatistenkirche oder das Volksmusik-Event der Afterlinger Rotzbuam bekommen. Was lag näher, als die Wien-Besucher hierher zu bringen.
Die ganze mit Wohlwollen aufgenommene Vorstellung von »Das Land des Lächelns« lang saßen die Gäste aus Fernost mit aufgerissenen Mündern da, und als der nicht vorhandene Vorhang fiel und frenetischer Applaus einsetzte, blieben die Schlitzaugen wie erstarrt sitzen. Dann plötzlich brachen die Chinesen in derartige Weinkrämpfe aus, dass sie von der Feuerwehr trockengelegt werden mussten.
Ich verließ den neuen Festspielort wie in Trance. Wenn schon eine 90 Jahre alte Operette solche Wirkung zeigte, lag es doch in der Luft, sich diesem Trend anzupassen. Daheim in meinem Dichterstübchen entwarf ich in einer Nacht die Konzeption für eine 1000-seitige Romantrilogie mit dem Titel »Gelbe Tränen«. Schon am nächsten Tag bot ich das Manuskript meiner Verlegerin Dr.Sinhuber an. Sie war daran seltsamerweise überhaupt nicht interessiert und pochte unangenehm darauf, dass nach meinem Bestseller »Sternstunden des Humors« endlich eine adäquate Fortsetzung erscheinen solle.
Das haben die Leser des Amalthea Verlages nun davon.
Alt, aber gut
Ich als Ludwig XIV. in meiner vielfach prämierten satirischen TV-Show »Mad in Austria« (Regie Herbert Grunsky).
Alt ist man erst, wenn man an der Vergangenheit mehr Freude hat als an der Zukunft. So besehen, bin ich schon sehr alt. Ich fühle mich zwar nicht alt, aber ich bin ein gewaltiger Nostalgiker. Ich blicke gern und oft zurück. Und diese Leidenschaft ließ mich dieses Buch entwickeln. Ist es doch ein Rückblick auf mehr als 50 Jahre als Autor.
Am Anfang meiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitete ich oft als sogenannter Ghostwriter und konnte damit in harten Zeiten zum Broterwerb für meine Familie beitragen. So schrieb ich beispielsweise verdeckt für einen deutschen Verfasser von Krimi-Serien. Nennen wir ihn Hinz.
Hinz war stets zufrieden mit meinen abgelieferten Texten. Und ich gab mich zufrieden mit dem Honorar. Als ich dann immer größere Autorenaufgaben für den ORF bekam, musste ich aufhören und bot Hinz einen mir entfernt bekannten österreichischen Journalisten als meinen Nachfolger an. Und bekam bald darauf ein bedauerndes Schreiben von Hinz, in dem er feststellte, dass das, was er bisher geschrieben habe, wesentlich besser wäre.
Ab nun kam ich immer mehr ins Fernsehgeschäft. Die lustigsten Sendungen hießen »Flohmarkt Company«, »Cabaret Cabaret«, »Komiker-Express«, »Humor kennt keine Grenzen«, »Österreich hat immer Saison«, »Varieté-Varieté«, »Mad in Austria« und »Tritsch Tratsch«.
Als ich nun meine Archive durchschaute, fand ich Sketches und Gags von mir, an die ich mich gar nicht mehr erinnerte. Und so verbinde ich damit die Hoffnung, dass es Ihnen ähnlich ergeht. Denn viele Sequenzen dieses Buches sind demgemäß alt.
Alt, aber gut, würde Altmeister Karl Farkas sagen. Und Farkas besaß ein riesiges Archiv der humorvollsten Ideen, die gar nicht alle von ihm waren. Was er auch gar nicht behauptete, aber auch nicht erwähnte.
Ähnlich hielt es sein kongenialer Partner Hugo Wiener. Mit Hugo Wiener war ich persönlich befreundet, und er ließ, obwohl später mit Farkas verfeindet, kein schlechtes Wort über diesen kommen.
Vieles, was ich über den Altmeister des Kabaretts weiß, verdanke ich langen Gesprächen mit seinem Doppelconférence-Partner Ernst Waldbrunn. So auch über jene Tage nach der Rückkehr Karl Farkas’ aus der amerikanischen Emigration.
Farkas, getrennt von Frau und Kind, hielt sich in den USA sehr mühsam über Wasser und wurde in New York von einer in ihn verliebten millionenschweren Kosmetik-Erbin unterstützt. Sehr bald nach seiner Heimkehr folgte sie ihm nach Wien, stieg im »Sacher« ab und lockte Karl mit weitergehender finanzieller Unterstützung in ihr Hotelbett.
Doch dann kam Farkas’ geliebte Ehefrau mit dem behinderten Sohn von ihrem kriegsbedingten Aufenthalt in Tschechien nach Wien zurück und er verließ die Millionärin bei Nacht und Nebel. Die reiche Dame entschwand daraufhin enttäuscht wieder nach Amerika.
Waldbrunn befragte Farkas in einer intimen Unterredung, wieso er denn so vorgegangen war. Und der Kabarett-Großmeister antwortete: »Was hätt’ ich denn machen sollen? Mein Frau hatte ja mein ganzes Archiv!«
Als Waldbrunn Farkas ein andermal darauf hinwies, dass ein Komiker-Kollege rüde mit Farkas-Texten auftrat, meinte dieser: »Lass ihn! Der muss nur aufpassen, dass er nicht Pointen stiehlt, die ich schon gestohlen hab!«
Einmal bekam Farkas vom ORF ein Drehbuch zur Bearbeitung. In der Komödie ging es um einen Millionendieb. Farkas meinte: »Der Text des Autors ist genial. Besonders geglückt ist die Figur des Millionendiebes. Selbst was der spricht, ist gestohlen!«
Sollte Ihnen also so mancher Text in diesem epochalen Werk bekannt vorkommen, darf ich Sie beruhigen. Ich habe nur bei mir selbst gestohlen. Zumindest behaupte ich das, bis mir wer das Gegenteil nachweist.
Unter aller Kritik
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