Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen - August Sperl страница 59

Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ schwang sich darauf und ritt die ganze Nacht hoch am Himmel über die Wälder und Felder, über die Flüsse und Ströme, über die Dörfer und Städte und Straßen der Erde hin, bis an das andre Ende des Himmels; dort stieg er ab. Weil aber der Riese so dick und schwer war, drückte er den runden Mond schrecklich zusammen, daß er mit der Zeit aussah wie ein Hörnlein, das man beim Bäcker kauft. Und zuletzt fürchtete sich der arme, eingedrückte Mond so sehr vor seinem bösen, schweren Reiter, daß er gar nimmer kam. Zornig stand der Riese auf dem Berge und fluchte in die Nacht hinaus. Da wand sich eine Schlange herzu. Die fragte ihn: ›Riese, warum bist du so zornig?‹ – ›Weil mein goldenes Rößlein nicht kommt,‹ sagte der Riese. – ›Ei, bist du so dumm, Riese! Dein Rößlein? Das ist ja von der Sonne gefressen!‹ zischte die Schlange und wand sich eilig den Berg hinunter. – Nun setzte sich der Riese auf einen Felsen und wartete die ganze Nacht. Und als es Morgen wurde, kam Frau Sonne strahlend und freundlich auf der andern Seite des Berges emporgegangen. Der Riese ward blutrot vor Haß und stellte sich ihr in den Weg. ›Platz da, schwarzer Geselle!‹ sagte die Sonne. ›Weißt du denn nicht, daß ich auf diesem Wege gehen muß?‹ – Da schrie der Riese: ›Mein Rößlein hast du mir gefressen!‹ – hob seine Faust und schlug die arme Sonne mit einem Schlage zu Boden. – ›Ich hab' dein Rößlein nicht gefressen!‹ klagte sie. Doch was half's?«

      »Die arme Sonne!« sagte Ruth.

      »Da lag nun die arme Sonne am Boden,« fuhr Hansjörg fort, »der Riese schlang ihr eine starke Kette um den goldenen Leib und schleifte sie über Stock und Stein vom Berge ins Thal.«

      »Die arme Sonne!« wiederholte das Kind.

      »Im Thale aber trug er Holz zusammen, schichtete einen Scheiterhaufen, warf die gebundene Sonne oben darauf und steckte das Holz heulend in Brand. Da lag nun die arme Sonne, die so freundlich hatte leuchten wollen über der Erde, da lag sie in der Glut.«

      »Die arme Sonne!« flüsterte Ruth und schluchzte.

      »Arme Sonne!« sagte auch der Knabe und wandte keinen Blick von Hansjörg Portner.

      Der Hausherr aber sah von seinem Buche auf.

      Da lachte Portner leise:

      »Ihr Kinder, horcht nur, wie dumm der alte, schwarze Riese war! Wer kann denn gegen die Sonne? Nicht einmal das flammende Feuer. Dieses erst recht nicht! Denn die Sonne ist heißer als alles Feuer, und alle Flammen kommen aus ihr. Als nun die Sonne auf dem Scheiterhaufen lag und der alte Riese heulend im Kreise tanzte, da reckte sich die Sonne, die geschmolzene Kette fiel von ihrem goldenen Leibe, strahlend wie ehedem stieg sie zum Himmel empor und leuchtete über aller Welt. – Das ist das Märlein vom Riesen, der die Sonne geholt hat vom Himmel.«

      »Und der Riese?« fragte Ruth.

      »Der Riese heulte, ballte seine Fäuste zur Sonne, und dann kroch er in seine Höhle.«

      »Wird er nicht doch wieder einmal auf den Berg steigen und die Sonne töten wollen?« fragte Ruth.

      »Er wird's wohl wieder versuchen,« sagte Hansjörg.

      »Und wird's ihm nicht dennoch irgend einmal gelingen?« fragte das Kind.

      »Niemals!« sagte der Zantner mit Nachdruck und schneuzte die Kerze.

      »Das Licht ist tief herabgebrannt,« mahnte die Hausfrau; »soll ich ein neues anstecken?«

      »Wir gehen zur Ruhe,« antwortete Herr Wilhelm von Zant und klappte sein Buch zu.

      Der Thorwart trat in die Stube und stellte sich schweigend an der Thüre auf.

      »Alles in Ordnung?« fragte der Hausherr.

      »Alles, Herr!«

      »Das Thor geschlossen?«

      »Geschlossen.«

      »Das Pförtlein gesperrt?«

      »Gesperrt.«

      »So gieb nur den Schlüsselbund, daß ich ihn verwahre, und laß die Rüden los!«

      »Gute Nacht beisammen, ihr Herrenleut! Gott gesegne euch allen den Schlaf!«

      .,Gute Nacht auch, Thorwartl!«

      Klein-Ruth lag im Bettlein. Sie hatte ihr Gebet gesprochen und sagte Amen. Dann aber fragte sie ihre Mutter:

      »Darf ich denn nicht auch für den Hansjörg beten?«

      »Gewiß, Kind!«

      »Lieber Gott, behüte auch den Hansjörg Portner von Theuern; du kennst ihn ja, der heute bei uns ist und morgen. Befiehl seinem Engel, daß er bei ihm wache. Laß ihn gesund und gehorsam bleiben. Amen!«

      »Aber, Mutterlein, der braucht ja gar nicht gehorsam bleiben, der hat ja keinen Vater und keine Mutter mehr?«

      »Jeder Mensch muß diesem und jenem gehorsam sein und zuerst und zuletzt dem lieben Gott,« sagte die Mutter.

      Ruth nickte ernsthaft. »Also gar keinen Vater und gar keine Mutter hat der arme Hansjörg?«

      Ruth sann.

      »Ja, Mutterlein, wer sorgt denn für den armen Hansjörg?«

      »Andre Leute, mein Kind.«

      »Ach, Mutterlein, ich meine, wer für ihn sorgt wie Vater und Mutter, ganz so?«

      »Kind, dank du Gott, daß du Vater und Mutter hast!«

      »Der arme Mensch!« murmelte das Kind und sann und sann. Auf einmal aber richtete es sich empor und strich die schwarzen Locken aus der Stirne:

      »Mutter, nun weiß ich's!«

      »Was, liebes Kind?«

      »Mutterlein, der Hansjörg muß bald eine Frau kriegen, die muß für ihn sorgen und ihn lieb haben, und dann wird er sein Unglück vergessen.«

      »Schlaf wohl, Kind!« lächelte die Mutter und küßte die feinen Lippen.

      »Gute Nacht, herzliebe Mutter!«

      »Und mache dir keine Sorgen um Hansjörg! Der ist ein Mann.«

      »Ein Mann? Aber der braucht doch auch jemand, der ihn lieb hat?«

      *

      Hansjörg Portner war in seiner Schlafkammer.

      Er trat ans offene Fenster, stemmte die Fäuste auf den Sims und atmete tief auf.

      Lauwarm war die Luft in der klaren Herbstnacht, und übergossen vom Silberlichte des Mondes lag tief unten im Thale das Dörflein mit seinen strohgedeckten Hütten; weit, weit, unsagbar weit hinaus aber schoben sich hintereinander die waldbedeckten Hügel, dehnten sich dazwischen die kahlen Felder, wanden sich die zerfahrenen Wege.

      Hansjörg Portner blinzelte zum Monde hinauf, gähnte und rieb seine Augen: »Wie das heute flimmert und funkelt!«

      Hansjörg Portner lag schlafend, mit gefalteten Händen in seinem Bette.

      Da СКАЧАТЬ