Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ und hab an die Zeit denken müssen, wo der Herr Herzog hat im Land ausschreien lassen, wie daß er durch dem Canisius seine Schrift wieder zum alten katholischen Glauben gekommen wär. Ich hab das Büchlein niemalen gesehen gehabt und wollt's auch jetzt nit lesen; denn es ist mir gewesen, als ob die schwarzen Buchstaben lebendig wären und wollten mir wie böse Tierlein durch die Augen in den Kopf.

      Gar sehr langsam ist mir die Zeit hingangen. Ausgenommen den schweigsamen Büttel hab ich keinen Menschen zu schauen gekriegt. Hab auch schon gegen die Mittagszeit mein Lager aufgesucht, weil mir's gar elend zu Mute war.

      Die Nacht ist noch böser gewest als die vorige, und wie ich am andern Morgen aufwach, sitzt der Schwarze mit der Habichtsnasen an meinem Bett und schaut mit seinen Stechaugen unverwandt auf mich her. Ich auf ihn. Hernach fragt er: »Habt Ihr das heilsame Büchlein des Petri Canisii schon gelesen?«

      Ich: »Nein, denn ich bin ein Protestant und wollt mir solches nit geziemen.«

      Er: »Grade deswegen. Es wär recht gut für Eure Seel, wenn Ihr's recht bald thätet, ehe daß es zu spät ist.«

      Damit ist er aus der Thür gangen, ganz leise.

      Ich aber konnte heut nit aufstehen, habe den ganzen Tag an die weiße Decken hinaufgeschaut und immer an den kleinen Hans denken müssen. Gegen den Abend habe ich den Kerkermeister gebeten, er solle mir einen Physikus holen, ich wär krank. Antwortet er, er wollt's besorgen.

      Hat nit lang gewähret, so ist der Jesuiter zur Thür hereinkommen. Hat mich gefragt, ob ich den Canisius gelesen hätt. Sag ich: »Nein, denn ich bin krank.« Sagt er, daß der Canisius die beste Arzenei wär für alle Krankheiten, so von der Seel ausgehen. Und solchen Ursprung hätt auch meine Krankheit, die käm nur von meiner Herzenshärtigkeit. Hernach sagte er: »Weil Ihr also den Canisius nicht selber lesen wollt, so muß ich Euch wohl Unterweisung geben. Denn eher kommt Ihr nimmer aus dem Turm, bis Ihr Euren Unglauben abgeschworen habt.«

      Ich: »Das werde ich niemalen thun.«

      Da hat er zum erstenmal gelacht und gesagt, das verstehe ich nicht und werde schon noch anders davon denken. Wenn ein erleuchter Fürst sein Bekenntnis ändert, hernach werden's wohl auch die Unterthanen thun können.

      Jetzt hub er an und sprache viel über die katholische Religion, wie daß die seie die alleinseligmachende. Ich hab mit meinem müden Kopf nichts behalten können.

      Auf einmal hat er gefragt, wie alt mein Hans wär. Bin ich erschrocken, daß er von dem was wüßt, und sag: »Acht Jahr.« Da lacht er wieder verstohlens und steht auf. Bevor er hinausgangen ist, hat er mir ein Tränklein gemischt und gesagt, daß mir das helfen thäte. Ich hab's zu mir genommen, und ist mir besser worden.

      Aber die ganze Nacht hab ich an meinen Hans denken müssen, warum wohl der Schwarze so gefragt hätt. Konnt mir's nit beantworten.

      Am andern Morgen ist der Pater wieder an meinem Bett gesessen und hat gefragt, ob ich mich besonnen hätt.

      Ich: »Nein.«

      Nunmehr ist er mit seinen Unterweisungen fortgefahren und hat lange gesprochen. Ganz zuletzt hab ich ihn gefragt, was er wohl mit meinem Enkelkind gemeint hätt, wo denn das wäre. Da hat er gelacht: »Beim Pater Strobel ist's in der Unterweisung. Der hat mir auch geschrieben, daß es gute Talenta habe.«

      Da erschreck ich bis in den Tod. Denn ich hab's ja wohl gewußt, daß der Pater Strobel der Jesuit in Hohendreß ist. Der Schwarze aber hat mich fest angeschaut und gesagt: »Ja, Herr Richter, da wird sich gar viel verändern bis Ihr wieder heimkommt. Jetzt hat man den Prozeß gegen Euch angefangen von wegen Eurer Widersetzlichkeit gegen den Kommissar. Da wird's wohl so kommen, daß Ihr etliche Jahr im Kerker gehalten werdet. Und wenn Ihr hernach wieder herauskommt, dann ist Euer Hans ein gar stattlicher Bub und wohl befestiget in der katholischen Lehr.«

      Da hab ich meine Augen zugemacht und hab nichts mehr sehen wollen von der Bosheit an meinem Lager. Der Jesuit aber ist aufgestanden und gangen.

      Bis dahin hab ich's im Gedächtnis behalten, was an jedem Tag geschehen ist. Von da an aber kommt's mir durcheinander, weil die Krankheit wieder ärger worden ist und das Fieber, und draußen hat jeden Tag die Sonne gar heiß gescheinet. Immer am Morgen ist der Pater an meinem Lager gesessen, hat ruhig geredt, immer das nämliche. Zuweilen hat er mir auch eine Medizin geben, und da ist mir's hernach immer besser worden. Und wenn ich hab denken können, dann hab ich den Hans vor dem Pater Strobel sitzen sehen und hab oftmalen gewunschen, daß ich doch daheim wär.

      Etliche Wochen bin ich so gelegen; es ist mir nit besser aber auch nit schlechter gangen.

      Eines Tages fragt mich der Pater wieder, ob ich mich jetzt nach so langer Unterweisung besonnen hätte.

      Sag ich: »Nein.«

      »Dann müßt Ihr wohl aus dem Land gehen und das Elend bauen.«

      »Will ich auch. Ich und mein Hans werden wohl gutthätige Leut finden draußen im Elend. Ich werd so nimmer lang leben.«

      »Ja, Herr Richter,« sagt der Pater, »aber vordem daß Ihr fortziehet, müsset Ihr drei Jahr im Gefängnus liegen. Die gelinde Strafe hat man Euch heut zuerkannt für Eure Rebellion und aufrührerischen Reden. Bis dahin ist dann Euer Hans katholisch geworden; ja, ja, der Pater Strobel und seine Lebzelten. Was schaut Ihr mich denn so an, Herr Richter? Es ist alles so, wie ich Euch sag. Eure Güter werden konfiszieret, wie es gegen Rebellen sich geziemt, der Hans wird geistlich, und Ihr könnt im Elend verderben. Weil Ihr's nit besser haben wollt. Schaut, wie schön könntet Ihr's haben, wenn Euer alter Kopf nit gar so hart wär. Gar oft fragt mich der Herr Herzog, ob Ihr Euch noch nit habt bekehren lassen. Ich glaub wohl, daß er in Eurer Rebellionssach Gnad für Recht thäte ergehen lassen, wenn Ihr Euern Ketzerglauben abschwören wolltet. Schaut, wenn's auch im Herzen nit auf einmal geht, das verlangt ja niemand von Euch. Mit der Zeit werdet Ihr dann schon auch im Herzen katholisch. Jetzt denket nur an Euern Hans, schwört ab und gebt ein öffentliches Zeugnis, und dann werden gar viele Euerm Exempel folgen. Gebt nach. Wider die Gwalt könnt Ihr nit. Gebt nach.«

      Da hab ich mich auf meinen Arm gestützt und hab ihm zugerufen: »Hebe Dich weg von mir, Satanas.«

      Er aber ist aufgestanden, hat leise gelacht und ist aus der Thür gangen.

      Den ganzen Tag hat's mir in den Ohren geklungen: der Hans wird ein katholischer Priester, ein Jesuit. Der Hans, mein Enkelkind, wird ein Jesuiter. Daß Gott erbarm! Immer wieder hab ich gesagt: ein Jesuiter!

      Am Abend kommt der Büttel, der stellt das Essen an mein Lager, ruckt die Bank, legt die Decken zurecht. Hernach macht er die Thür auf, schaut hinaus, kommt wieder und stellt sich vor mich hin. »Herr,« sagte er leise, »die Wänd haben Ohren, ich dürft kein Wort mit Euch reden, aber ich muß es Euch sagen, weil ich im Herzen auch lutherisch bin. Jetzt wird's bald anders werden bei Euch im Sulzbachischen. Der Kurfürst von Sachsen hat an den Kaiser geschrieben von wegen Euerm Reformationswesen. Ich hab's von meinem Bruder, der ist Schreiber in Sulzbach. Ich kann Euch nit mehr sagen und bitt Euch, verratet mich nit.« Damit ist er fortgangen.

      Jetzt war ich allein, und jetzt war die Anfechtung bei mir. Immer hab ich denken müssen: ich drei Jahr im Gefängnis, der Hans beim Pater Strobel. So ist's mir die ganze Nacht nit aus dem Kopf gangen, und am Morgen ist der Jesuiter zum erstenmal nit kommen, und den Tag über bin ich wieder allein gewest mit meinen Gedanken.

      »Was nutzt es dich,« hab ich mir dacht, »gegen die Gewalt kannst du nit, alter Mensch. Drei Jahr ist eine lange Zeit. Und wie hat der Jesuiter gesprochen? Wenn's auch nit auf einmal geht, hat er gesagt, СКАЧАТЬ