Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen - August Sperl страница 34

Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

isbn:

СКАЧАТЬ wie ein gewappneter Mann und alles niedertritt. Also, der junge Herr hat die Erbschaft von seiner Mutter wegen in den Jülicher Landen, nachdem sein Oheim gestorben war, angetreten. Er war aber zu schwach, als daß er sie hätte behaupten können und hat sich nach Hilf umgeschaut und dem Herzog Maximilian von Bayern seine Schwester Magdalena geheiratet. Da hat er sich dann schon Hilf und Kraft eingehandelt, aber der Kaufschilling ist sehr groß gewesen: er ist papistisch geworden.

      In Neuburg sein alter Vater und seine Frau Mutter haben sich von solchen Dingen nichts träumen lassen, daß er so etwas vorhätte; ist dazumal sogar das Gerede gewest, daß der junge Pfalzgraf nunmehr sein Ehegemahl wohl baldnächst zum rechten lutherischen Glauben bringen thäte. Da weiß ich's noch wie heut: auf einmal ginge von Neuburg ein Geschrei aus, der Pfalzgraf wär in Düsseldorf katholisch geworden, hätt mit einer brennenden Kerzen sein Bekenntnis abgelegt und der alte Herzog läg im Sterben.

      Das erster ist wahr gewesen, das ander nicht ganz, aber nicht viel hat mehr daran gefehlt. Hat mir mein Schwager, Gott hab ihn selig, dazumal von Neuburg den ganzen Handel heraufgeschrieben, wie eines Tags von Düsseldorf bayerische Gesandte gekommen sind, haben allerlei Geschäfte vor dem Herrn Herzog ausgerichtet und ganz zuletzt auch vermeldet, daß der Herr Pfalzgraf wollt übertreten.

      Und der Herr Herzog hat gar kein Wort herausbringen können, hat denen Gesandten nur mit der Hand abgewunken und ist in seine Schlafkammer gangen. Gleich darauf hat's aber auch schon das ganze Schloß gewußt und die ganze Stadt, und dann ist's ins Land hinausgekommen. Und ist viel Weinen und Heulen gewest allenthalben.

      Und das ist der Anfang von einer bösen Zeit gewest, und sind nun Tage gekommen, von denen es heißt: sie gefallen uns nicht.

      Der alte Herr Herzog hat die Sach nit lang überlebt und ist anno 1614 mit Jammer gestorben. Ich war dazumalen von Amtswegen in Laugingen und hab die bewegliche Predigt gehört, so der Hofprediger Hailbronner an der Gruft gehalten hat, und haben alle Leute geschluchzet und geweint, wie wenn ihnen Vater oder Mutter, Sohn oder Tochter, Weib oder Mann gestorben gewesen wär. Wird nit leicht ein Landesfürst mit solchen Schmerzen von seinen Unterthanen begraben worden sein. Denn sie haben's ja auch alle recht gut gewußt: wem das Land gehört, dem stehet zu, festzusetzen, in was für einer Religion dasselbige solle leben. Das ist ein harter Spruch, der bringt eitel Krieg, Leid und Schmerzen. Das haben wir hernach erfahren und dulden müssen.

      Zwar für die nächste Zeit haben wir, die in den sulzbachischen Ländern und die im Hilpoltsteinischen, noch Aufschub und Galgenfrist gehabt. Denn wir sind unter des Herrn Pfalzgrafen jüngeren Gebrüdern August und Johann Friedrich Regierung gekommen. Aber im Neuburgischen hat's bald mit schweren Bedrückungen angehebt, und allenthalben sind die lutherischen Prädikanten abgesetzt, Meßpriester aufgestellt worden, und die, so sich nit haben fügen wollen, die hat man außer Lands getrieben zu ihrem großen Schaden.

      Auch hier sind viele durchkommen und haben hernach im Bayreuthischen und im Sächsischen eine Zuflucht gesucht, und haben wir gar oft einen Jammer gesehen, daß einem das Herz hätt brechen mögen.

      Mit der Zeit haben wir nichts mehr gefürchtet, weil alles beim alten geblieben ist. Unsere Prädikanten haben uns Gottes Wort verkündigt, haben uns das heilige Abendmahl gespendet, haben unsere Kindlein getauft, und so haben wir zuletzt geglaubt, daß es jetzt gar nimmer anders kommen könnt.

      Jetzt ist's bald ein Jahr her. Anno 1627 im Sommer. Da bin ich in meiner Amtsstuben ans Fenster gangen und hab auf den Schloßhof hinausgeschaut. Es ist ein schöner Tag gewest, so gegen Abend zu. Ich hab mich damalen an allem gefreuet, am schönen Wetter, am Lindenbaum im Schloßhof, so über und über geblühet hat, und an meinem Enkelkind, das auf der Bank unter der Linden gesessen ist und eingeschlafen ist.

      Da klopft's an meiner Thür, und auf mein Geheiß kommt ein Reitersmann in staubigem Wams mit glutrotem Angesicht, der gibt mir einen Brief. Ich schau die Handschrift an und das Insiegel und seh, daß er vom Landschreiber in Weiden selber geschrieben ist. War keine gute Botschaft; denn es stund darinnen, daß nunmehr morgen in besagtem Städtlein und im ganzen Amt Weiden die Prädikanten sollten abgeschafft werden und daß dem Pfalzgrafen von Neuburg sein Vizekanzler Labricque mit Jesuiten und Soldaten selbsten am Platz wär. Jetzt, hab ich mir gedacht, ist also das böse Wetter da, und drüben beim Nachbar schlägt's ein, und es war nit schwer, weiter zu denken.

      Ich leg den Brief zusammen. Hernach hab ich den Mann ausgefragt, ob er was wüßt, und der hat mir gar viel erzählt von Zwietracht unter der Bürgerschaft und papistischen heimlichen Umtrieben, und hat sich immerfort die Augen gewischt.

      Wie der Mann fort war und ich da sitz in meinem Stuhl und das Herz voll von schweren Gedanken hab, da klopft's wieder, und es kommt einer herein, den ich niemals gern bei mir gesehen hab. Der Hans Wildauer war's, meiner leiblichen Schwester Sohn.

      Der war ein ungeratener Sohn von jeher. Schon als Bub war er gegen jedermann und jedermann gegen ihn, und nur die starke Hand von seinem Vater hat ihn bändigen können. Da hat man gehofft, wenn er erst zu seinen Jahren kommen thäte, dann thäte sich's ändern; denn es sind schon oft aus bösen Buben brave Männer geworden und auch umgekehrt. Aber wie er in seine Jahre kommen ist, ist es immer ärger mit ihm worden, und er hat geglaubt, es gäb ihm die Edelmannsfreiheit seines Vaters Freiheit zu allem Bösen. Er war ein gescheuter Mensch, und da haben sie ihn auf die hohe Schule nacher Altdorf geschickt, haben ihn die Rechte studieren lassen. Dort ist er dann noch ganz und gar verdorben, ist zuletzt in den Krieg gegangen und vor etlichen Jahren wieder als Lump heimgekehrt. Sein Vater ist damalen mit Herzleid in die Gruben gefahren, und der Hans hat ihm die meisten Nägel in seinen Sarg zurecht gemacht gehabt. Jetzt hat er dann das Regiment auf dem Gut und im Schloß übernommen, und obschon die böse Kriegszeit war und ein jeder seine Sach hat zusammenhalten müssen, hat er mit der Verschwendung angefangen.

      Oft, oft hab ich ihn verwarnt und hab ihn auf seine Pflicht verwiesen, auf seine Mutter und auf seine kleinen Geschwisterte hingedeutet, aber es hat nichts geholfen, und nach wie vor ist der Hans den ganzen Tag im Wirtshaus gelegen und hat sein Gut verkommen lassen; den Berg herunter geht's aber geschwinder als hinauf, und es hat nit lang gedauert, so war der Hans gar tief verschuldet. Krieg und teure Zeit haben das Ihrige gethan, das meiste aber dem Hans sein wüstes Leben und vornehmlich sein wildes Spielen.

      Um meiner armen Schwester willen hab ich ein schönes Stück Geld in das Loch da drüben geworfen, hab aber auch dem Hans allzeit die Wahrheit gesagt in der Güte und in der Härte, und so ist's gekommen, daß er mich gehaßt hat. Zuletzt hab ich's wohl gesehen, daß ich den Knopf auf den Beutel thun müßt, weil ich mit dem Geld doch nur dem Lasterleben vom Hans helfen thäte.

      Jetzt ist er vor mir gestanden mit seinem bösen Gesicht. Er war schon lang nit mehr über meine Schwellen gekommen gewest, und ich frag ihn um sein Begehr.

      »Vetter, ich brauch Geld und bin derhalben zu Euch gekommen,« sagt der.

      Sag ich: »Weißt du nit, daß ich für dich und deine böse Wirtschaft keinen Kreuzer mehr geb? Zu was brauchst du denn das Geld, und wie viel soll's denn sein?«

      »Zu was ichs brauch, kann ich nit sagen. Fünfzig Gulden sollten's sein.«

      »Fünfzig Gulden?« sag ich und glaub, ich hör nit recht. »Weiß deine Mutter darum?«

      »Nein,« sagt er und schaut auf den Boden.

      »Hans,« sag ich, »zu was brauchst du die fünfzig Gulden? So viel Geld? Wer hat denn in der schweren Zeit so viel baares Geld? Ich nit.«

      »Ha, Vetter, ich muß das Geld bis heut Abend haben. Da hängt mehr dran, als Ihr wißt. Ihr könnt mich ja nit leiden, ich weiß schon. Aber, Vetter, ich bin doch der leibliche Sohn von Eurer Schwester. An dem Geld hängt meine Ehr und die Ehr von meinen Geschwisterten und alles СКАЧАТЬ