Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen - August Sperl страница 37

Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ Da haben die Leute protestiert und gejammert und den Labricque angefleht. Aber der war hart wie ein Stein. Zuletzt ist er auch zu mir gekommen und hat mich gefragt, was ich alles hätt. Da hab ich ihm die Postille Lutheri und den kleinen Katechismus gezeigt. Mein Bibelbuch samt etlichen Schriften Lutheri hab ich in einem geheimen Wandschränkel samt den alten Pergamentbriefen von meinen Voreltern her verborgen gehabt, so bloß mir und meiner seligen Hausfrauen bekannt war. So hab ich es gewähnet. Der Kommissarius hat alles durchgesucht und gerade zornig fortgehen wollen, weil er nit mehr gefunden. Da kommt der Wildauer in die Stuben, schaut die Postille und den Katechismus an, wirft mir einen frechen Blick zu, geht an die Wand, druckt am rechten Ort, daß das verborgen Schränkel aufspringt, und gibt dem Labricque mein Bibelbuch. Die andern Schriften hat er nit beachtet.

      Da übermannt mich der Zorn, ich tret an den Kommissar, reiß ihm das Buch aus der Hand und schrei: »Und wenn der Herzog von Neuburg selber käme, so sollt er's nit haben.« Der Kommissar steht ganz weiß vor Zorn da und wirft mir ein paar grausame, tückische Augen zu, geht aber ohne ein einziges Wort hinaus. Der Wildauer ihm nach. Mein Bibelbuch aber hab ich behalten, und hat es niemand mehr gefunden bis heute, wo ich die Begebenheiten alle dareinschreibe. Das aber hab ich jetzt gar wohl gewußt: der Kommissar ist von Stund an mein Todfeind.

      Am Abend haben sie auf dem Schloßhof ein großes Feuer anzunden und alle die konfiszierten Bücher darein geworfen. Lichterloh hat es in die Höh gebrannt, und die Funken sind weit umhergeflogen. Vor dem brinnenden Haufen aber stund der Kommissar mit seinem finstern Gesicht und neben ihm der Wildauer. Der sprache gar eifrig in ihn hinein.

      Und von allen Seiten haben die Soldaten immer noch mit Hohngeschrei die Arm voll Bücher herzubracht und haben's in die Flammen geworfen samt dürrem Holz, und es hat gekracht, und die brinnenden Ballen sind geborsten und wieder geborsten, und die Kriegsleut haben mit Hacken in die heiligen Bücher gestoßen, als ob sie leibhaftige Teufel wären.

      Ich hab nimmer hinschauen können, hab mein Enkelkind in der Wohnstuben aufgesucht, und ist mir so schwer im Herzen gewesen, als ob mein ganzes Hab und Gut verbronnen wär. –

      Mitten in der Nacht darauf bin ich auf einmal erwachet. Mir deuchte, wie wenn ich leise Rufe und Schritte unter meiner Schlafkammer gehört hätt. Denn zur Nachtzeit schlaf ich nit gar fest. Und es hat mich nicht getäuscht gehabt; wie ich ganz wach bin, hör ich's wieder, und war mir, als ob ich auch Waffenklirren vernehmen thäte. In dem Augenblick haut auch schon einer an die Hausthür, daß es nur so kracht, und hernach noch einmal und auch ein drittes Mal.

      Ich werf meine Kleider um, so schnell ich vermag, und lauf die Stiegen hinunter. Drunten steht schon die Lies mit einem Licht, und kann vor Schrecken kein Wort reden.

      Jetzt schreit einer vor der Thür: »Im Namen des Herzogs, macht auf.«

      Ich geh hin und schieb den Riegel zurück. Da steht ein Haufe Soldaten draußen mit Fackeln in den Händen, und wie mich der Hauptmann sieht, schreit er, sie sollen mich greifen.

      Ich tret frei hinaus und wehr die ab, so mich ergreifen wollen. Die halten auch inne, kann sein von wegen meinem weißen Haar. Ich sag zum Hauptmann, daß ich nit wüßt, was ich mir hätt zu schulden kommen lassen, müßt dagegen protestieren, daß man mich alten Mann zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett hole. Ich wollt den Herrn Vizekanzler sprechen.

      Da schreit mich der Hauptmann an: »Gieb dich, lutherischer Hund. Der Vizekanzler will mit solchen Rebellen nichts zu thun haben. Hier stehe ich auf sein Geheiß.« Zu seinen Knechten aber sagte er, sie sollen mich eilend binden.

      Wie die jetzt auf mich eindringen, da hab ich unter der Linden von ferne einen Menschen stehen sehen, hat grad einer in der Näh seine Fackel auf den Boden gestoßen, daß sie hellauf gebrennt hat, und ich hab gemeint, es wär dort unter der Linden dem Wildauer sein Gesicht.

      So haben sie mich gebunden und auf einen Karren auf einen Bund Stroh gelegt. Zwei Soldaten haben sich zu mir gesetzt, der Kutscher hat die Gäule antrieben, und wir sind in die finstere Nacht hinausgefahren. An der Thür ist die alte Lies gestanden, und ein Soldat hat ihr das Maul zugehalten, damit sie nit schreien sollte.

      Die ganze Nacht sind wir in einem fort gefahren, ich hab an mein Enkelkind denken müssen, und war mir so schwer in meinem Herzen. Am andern Morgen aber hab ich auch gesehen, daß es gen Neuburg geht.

      Den Weg hab ich vordem schon oft gemacht gehabt. Aber so sauer und so weit ist er mir noch niemalen vorkommen, als damalen in der heißen Zeit. Tag und Nacht sind wir in einem fort gefahren, bis zuletzt die Neuburger Türme sichtbar geworden sind. Ist ein trübselig Ding, wenn einer mit traurigen Gedanken so ganz allein sein muß.

      Zuletzt, vor sieben Jahren, bin ich auch in Neuburg gewest, dazumal, wo wir dem Jörgen sein schönes Weib, die Mannlichin, von Augsburg heimgeholt haben. Und in Neuburg hab ich dem Herrn Herzog aufgewartet, weil er mich zu ihm befohlen hat, und ward gar sehr geehret.

      Jetzt bin ich dieselbige Straßen gefahren auf dem Karren, und das Volk ist zusammengeloffen und haben den Missethäter angeschaut, und hab ich auch zuweilen meinen Namen hören müssen, dieweil den Richter von Hohendreß gar viele von den Hofdienern gekannt haben.

      Da bin ich froh gewest, wie sie mich haben vor dem Turm absteigen lassen.

      Hoch hinauf hab ich steigen müssen und wär nimmer allein hinaufgekommen, wenn mir die Soldaten nit geholfen hätten. War ganz krankmütig. Zuletzt hat der Büttel eine Stuben aufgesperrt und mich hineingehen geheißen. Da war ich also im Gefängnus.

      Wie ich allein war, hab ich mich auf das Bett hingesetzt und über mein Unglück nachgedacht. Da sind mir allerhand Bibelvers durch den Kopf gangen, und hat mich fast gewundert, wie viele auf mich just grad gepasset haben, als wären sie für mich geschrieben. Vornehmlich aber ist mir der Spruch nimmer aus dem Sinn gekommen, wo's heißt: »Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet.«

      Mit der Zeit ist's Abend worden, und in der Stadt drunten haben's die Lichtlein anzunden.

      Auch mir hat der Büttel ein Licht gebracht benebst der Speis. Aber ich hab keinen Bissen essen können, aber gar großen Durst hab ich gehabt, und der Wasserkrug ist bald leer gewest. Und mein Kopf war so schwer, und bald war mir's heiß, bald war mir's kalt, und hab mich letztlich zur Ruhe gelegt.

      In der Nacht bin ich von bösen Träumen heimgesuchet worden, hab den Vizekanzler mit den Soldaten bei dem brinnenden Holzstoß gesehen, die haben mit den Hacken unter die Bücher gestiert, und ich stand neben ihnen und warf mein Bibelbuch in das Feuer.

      Dann bin ich aufgewacht und hab nit gewußt, wo ich bin, und hernach bin ich wieder in Schlaf verfallen und wieder von meinem Seufzen erwecket worden. Ist eine greuliche Nacht gewesen.

      Gegen Morgen hab ich fester geschlafen. Da wach ich auf, weil sich etwas in der Stuben geregt hat, und seh gerad, wie durch die Thür eine große, schwarze Mannsgestalt kommt, die hat das Habit von denen Jesuitern an, ich hab's wohl gekennt.

      Der Jesuiter schaut auf mich herüber, und ich sehe, daß er ein arges Gesicht hat, hager, mit einer großen, krummen Nasen und ganz kohlschwarzen Augen.

      Der Jesuiter sagt kein Wort, nimmt ein Büchl aus seinem Ordenskleide und legt es schweigsam auf die Bank am Fenster. Hernach geht er fort, wie er gekommen war.

      Jetzt hab ich mich zum Aufstehen bereitet. Das ist mir aber gar sauer geworden, nur mit Not hab ich mich erheben können. Da hab ich an eine schwere Krankheit denken müssen.

      Dann hab ich mich auf die Bank gesetzt und nach dem Büchel gegriffen, so der Schwarze dagelassen. Das war nit groß, aber vorn auf der ersten Seiten stund geschrieben, daß СКАЧАТЬ