Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ Platz, sie aber fällt auf den Leichnam, wischt ihm das Blut und den Unrat aus dem Gesicht, schaut ihm in die Augen, die schon ganz starr sind, reißt ihm's Pfaid auf, greift nach dem Herzen und wie sie sieht, daß alles aus ist, thut sie einen gräßlichen Schrei und bleibt liegen. Ich tret hin zu ihr, pack sie bei der Hand und sprech ihr Trostwort zu. Aber sie hat mich nit gehört. Zuletzt hab ich sie mit Gewalt forttragen lassen.

      Den Toten haben sie ins Rathaus gelegt. Ich aber bin auch hineingegangen, damit ich das protocollum über den Fall aufnähme, wie meines Amts als Richter ist.

      Da kommt der Hirt zu mir und sagt, er möcht mich unter vier Augen sprechen. Ich heiß alle hinausgehen, er aber hebt an und erzählt mir, wie daß vor zwei Tagen der Wildauer mit dem Conntz Schwarz in den Wald gegangen wäre und sie große Heimlichkeiten mit einander geredet hätten. Er wär im Jungholz gelegen und hätt's alles gehört. Frag ich, was das für Heimlichkeiten gewesen wären. Sagt der Hirt, sie hätten heftig miteinander gestritten und er hätt nur immer gehört, wie der Conntz Schwarz vom Botenmathes geredt hätt, den sie in der vorigen Wochen auf der Nürnberger Straßen erschlagen gefunden haben, und daß er wohl wüßt, wer's gethan hat, und daß er um fünfzig Gulden schweigen thät.

      Da ist mir's kalt und heiß geworden. »Weiter!« hab ich gesagt.

      Ja, weiter wüßt er nichts, sagt der Hirt, was sie noch mehr geredet hätten, das hätt er nimmer verstanden. Sie wären weiter ins Holz hineingangen. Hätt auch nichts von den Sachen ausgesagt, weil er sich nit in fremde Sachen einmengen wollt. Er wär froh, wenn er Frieden hätt. Heut aber, vor einer Stund, wär der Schwarz wieder ins rote Holz gangen, und bald darauf wär auch der Wildauer denselbigen Weg kommen. Er hätt nit sonderlich drauf geachtet, denn er wollt seine Ruh haben. Auch das hätt er nit sonderlich beachtet, wie bald darauf weit drinnen im Holz ein Schuß gefallen wär. Denn es werd gar oft geschossen. Wie aber nach einer Weile die Wurzenliesl aus dem Holz geloffen wär und geschrien hätt, daß der Conntz Schwarz tot drinnen läg, und wie er's richtig so gefunden hätt, da hab er ihn mit seinem Buben heraufgetragen und mach jetzt seine Aussag. Bät aber, daß man ihn nit in Ungelegenheiten bringen möchte.

      Wie ich das alles hör, mein ich, daß mich die Füß nimmer tragen. Denn jetzt konnt ich mir nit wohl was anders denken, als daß meiner Schwester Sohn ein zwiefacher Mörder wär.

      Ich sag dem Hirten, er soll's nit weiter reden und in der Nähe bleiben. Hernach schick ich gleich zween Amtsknecht nacher Wildau und laß den Hans vor mich fordern. Anders konnt ich's von Pflichtwegen nit machen. Aber bald darauf sagt im Ort einer dem andern ins Ohr, daß der Wildauer mit in den Handel verwickelt sein müßt.

      Wie ich meine Schreiberei fertig hab, geh ich ins Schloß hinauf in meine Behausung.

      Dabei hab ich mir meine Gedanken gemacht über dies und über das. Vor den Hausthüren hab ich im Vorübergehen die Leut beisammenstehen gesehen, die haben über die Sachen geredet, der eine so, der andere anderst. Und allenthalben haben sie sich an mich hergemacht und haben mich um meine Meinung gefragt von wegen der Religionsänderung, so die Neuburgischen mit uns vorhätten. Hab ihnen gesagt, was ich selber gewußt habe. Wie ich aber vor dem roten Ochsen vorbeikomme, waren die Fenster offen, und ich hör aus dem Geschrei eine gar laute Stimme, und wie ich horch, ist's der Ochsenwirt, der haut grad in den Tisch hinein und schreit: »Und wenn der Teufel selber nacher Hohendreß käm, papistisch werden wir nit.« Und sie schrieen alle, und war ein großes Saufen.

      Oben auf dem Kirchenplatz hab ich ins Pfarrhaus hineingeschaut, wo auch die Fenster offen stehen. Da sitzt der Böheimb und liest in seinem Bibelbuch. Ich ruf ihn an und sag ihm eine gute Nacht. Er aber kommt ans Fenster und sagt: »Schlafet wohl, wenn Ihr könnt, Jörg. Vor dem Schlafengehen aber schauet Euch doch noch Johann. 13, 7 an. Vielleicht geht's hernach besser.«

      Wie ich heimkomm, steht der Wildauer mit den Amtsknechten unter dem Lindenbaum. Fragt mich trotzig, was ich will. Ich heiße den Wildauer zu mir hereinkommen, faß ihn fest ins Aug und sag ihm ins Angesicht, daß er den Conntz Schwarz erschossen hätt und daß ich wohl wüßte, warum.

      Der Hans hält mein Anschauen gar wohl aus und sagt frech, daß er auch schon von der Sach gehört hätt, er wüßt aber nit, wie man seine Person darein bringen wollte. Er wär auch gar nit im roten Holz gewesen, sondern wo ganz anders, im Kirchenholz.

      Da sag ich, indem ich einen Schritt ihm näher auf den Leib tret, daß er nit allein heut im roten Holz gewest wär, sondern auch vor zwei Tagen, und daß der Sauhirt von einem Handel, so sich da zugetragen, erzählt hätt, und daß jetzt wohl auch die Sache mit dem Botenmathes ans Licht kommen könnt. Da wird der Mensch aschgrau im Gesicht und schlägt die Augen nieder. Ich frag ihn, ob er noch etwas zu sagen hätte, krieg aber keine Antwort. Da ruf ich die Büttel und heiß ihn in den Turm in Ketten legen. Und der Hans geht ohne Widerred mit.

      Jetzt wars ganz Nacht; da hat mir die Lies das Licht gebracht, und hernach stellt sie sich vor mich hin, macht ein ganz trübseliges Gesicht und fängt zum Heulen an und fragt mich, wo sie denn die silbernen Löffel und den güldenen Becher und die Halsketten hingraben soll, sie hätt gehört, daß jetzo die Feind kommen und alles zusammenschlagen wie Anno einundzwanzig. Machen's auch schon alle Weiber im Städtl so. Ich hab schier lachen müssen über die Weibsleut, die gar oft den Gaul just am Schwanz aufzaumen, hab's ihr aber, obschon mit Müh, begreiflich gemacht, wie daß es jetzt nit auf silberne Löffel und güldene Becher gehen wird, sondern um ein ganz anderes Ding und daß sie lieber beten sollt, daß wir unsere reine Lehr behalten dürfen. Da ist sie hernach fortgegangen.

      Ich aber hab nunmehr mein Bibelbuch hervorgezogen und hab Joh. 13, 7 aufgeschlagen. Da stehet aber geschrieben:

      »Was ich thue, das weißt du jetzt nicht; du wirst es aber hernach erfahren.« –

      Ja, lieber Enkel oder Urenkel oder wer sonsten meine Handschrift lieset, jetzt sind dann böse Tage kommen.

      Sowie der Kommissar in Weiden fertig war mit seinem Geschäft, ist er gegen unser Städtl mit seiner Soldateska gezogen und hat mit Trommelschlag und Vorweisung seiner Befehle die Reformation in Kirchen und Schulen verkündigen lassen, hat den alten Superintendent Böheimb sowie die Schuldiener ihres Amts entsetzt, einem Jesuitenpater mit Namen Strobl das Kirchenwesen übergeben und zugleich alle weltliche Gewalt an sich genommen, also, daß ich nur mehr dem Namen nach Richter gewest bin. Zu allererst aber hat er den Wildauer unter vier Augen verhört, wohl zwei Stunden lang, und gleich darauf, weil ihm nichts nachgewiesen werden könnt, auf freien Fuß gesetzt. Bald danach aber haben wir gemerkt, was für eine Bewandtnus es mit seiner Unschuld hätt. Denn der erste, welcher übergetreten ist, war der Wildauer, und ist dem zu Ehren in der Kirche eine feierliche Prozession gewest, und ist der Vizekanzler mit einer brinnenden Kerzen mitmarschieret und haben ein Tedeum darüber gesungen. Hernach aber ist's bald offenkundig geworden, daß der Mensch sich seinem Gutthäter als Spionierer verschrieben hat. Und der hat ihn wohl brauchen können, weil nit leicht einer von Kind auf so gut im Städtl bekannt gewest ist als der Hans. Ja, und auch mich hat er ins Unglück gebracht nach Gottes Willen. Aber ich will alles fein der Reih nach erzählen.

      In der nächstfolgenden Zeit hat der Kommissar auf allen Dörfern die Prädikanten abgesetzt und Priester eingesetzt, vornehmlich Jesuiten. Dazwischen ist er oft wieder zu uns gekommen, sind aber nur etliche geringe Leut ihrem Glauben untreu worden. Alle Sonntag haben wir ohne Unterschied in die Kirchen gehen und der Meß beiwohnen müssen, aber gezwungen hat man uns vorerst noch zu nichts anderem. Da haben denn nun die meisten Hausväter in ihren Häusern den Ihrigen aus der Bibel oder aus guten Büchern Gottesdienst gehalten, und hat man morgens und abends in den Häusern singen und beten gehört.

      Das hat der Kommissarius recht wohl gewußt, hat bei sich gedacht: wenn man den Hund zahm machen will, so muß man ihm das Futter nehmen, und hat den Beschluß gefaßt, in allen Behausungen die geistlichen Bücher zu konfiszieren. Da ist er hernach mit СКАЧАТЬ