Ein Mann. Joachim Nettelbeck
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Название: Ein Mann

Автор: Joachim Nettelbeck

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4064066118167

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СКАЧАТЬ welchem ich es vor allen Dingen abbrachte. Dann setzte ich es nach Möglichkeit wieder instand und führte es nach Königsberg, um seiner nur zu jedem Preise loszuwerden und nun die Arme ein wenig freier zu rühren. Zu diesem Ende erstand ich wieder ein zwar nicht großes, aber tüchtiges Seeschiff, »der Postreiter« genannt, von fünfundvierzig bis fünfzig Lasten, und fand auch sogleich eine erwünschte Ladung von Malz, nach Wolgast bestimmt, die für zweiundzwanzig holländische Gulden die Last bedungen wurde. Nun säumte ich nicht, unter russischen Pässen meine erste Reise dahin anzutreten.

      Als ich in Wolgast vor Anker gekommen, vertraute mir Herr Cantzler, der Empfänger der Ladung, daß dieselbe für die Preußen in Stettin bestimmt sei, und bat mich, so lange zu verweilen, bis er eines Fahrzeuges habhaft geworden, das sie heimlich, bei Nacht und Nebel, dorthin schaffen solle.

      Ich ließ mir das gefallen. Als aber die Ankunft des Schmugglers sich von einem Tage zum anderen verzog, ward mir Zeit und Weile lang; und zugleich auch erwachte in mir der Patriotismus, meinen pommerschen Landsleuten in Stettin etwas zuliebe zu tun. So machte ich mich denn auf zu Herrn Cantzler und stellte ihm vor: mein Fahrzeug ginge nicht zu tief und wäre wohl geeignet, übers Haff und dessen Untiefen zu passieren. Wäre es ihm recht, so unternähme ich es wohl selbst, die Ladung nach Stettin zu bringen, da ich dieser Gegend hinreichend kundig wäre.

      »Mir schon recht!« erwiderte der Handelsherr erfreut. – »Will Er sein Schiff dran wagen, Herr: die Ladung muß gewagt werden! – Wie hoch die Fracht?« – Wir wurden um fünfhundert Taler einig. – »Aber sehe sich der Herr wohl vor!« setzte jener warnend hinzu. – »Auf dem Haff liegt eine ganze Flotte von unseren schwedischen armierten Schiffen. Das wird Künste kosten!« – Was war zu machen? Der Schritt war einmal getan; und wäre mir der Handel nun auch leid geworden, so erlaubte mein Ehrgefühl doch nicht, jetzt noch zurückzutreten.

      Vorerst ging ich mit meinem Schiffe die Peene hinauf, bis unfern an den sogenannten Bock am Eingange des Haffs. Hier sah ich die schwedische Armierung in einem weiten Halbzirkel vor mir liegen und in der Mitte derselben eine Fregatte, so daß das Ding nicht wenig bedenklich aussah und ich meinem Mute wacker zusprechen mußte. Indes peilte ich noch bei Tage mit dem Kompaß, wo hinaus die größte Öffnung zwischen den Fahrzeugen war. Die Nacht fiel rabendunkel ein, der Wind war frisch, mit Regen und Donnerwetter vergesellschaftet, und alles schien mein Unternehmen begünstigen zu wollen.

      Um elf Uhr endlich hob ich den Anker und segelte glücklich und ohne Hindernis durch die Flotte, deren eigne aufgesteckte Feuer mir sogar die Richtung noch deutlicher angaben. Schon hatte ich sie eine Viertelmeile im Rücken und glaubte mich geborgen, als unerwartet ein Schuß nach mir hinfiel, der, wie ich jetzt erst bemerkte, von einer auf Vorposten ausgestellten Galley kam. Himmel! wie sputete ich mich, jedes Segel aufzusetzen, das mein Schiffchen nur tragen konnte, welches überdem, zu meinem Troste und seinen Namen rechtfertigend, ein trefflicher Segler war. Nicht lange aber, so blitzte noch ein zweiter Schuß von der Seite nach mir auf, und dieser kam von einem anderen Vorpostenschiffe, dem ich ebensowenig Rede zu stehen gesonnen war.

       Nunmehr machten beide Galleyen die ganze Nacht hindurch Jagd auf mich und kamen mir in der Tat nahe genug, daß unter den unzähligen Kugeln, womit sie mich begrüßten, vier durch meine Segel gingen. Mit Tagesanbruch war ich New-Warp gegenüber. Hier aber kamen mir bereits drei von unseren preußischen armierten Fahrzeugen entgegen, die gewöhnlich bei Ziegenort lagen und durch das nächtliche Schießen alarmiert worden waren. Unter ihrem Schutze hinderte mich denn nichts, meinen Bestimmungsort zu erreichen und meine Fracht abzuliefern.

      

Während ich hier lag, kam der Friede mit Rußland zustande. Die Konjunkturen benutzend, machte ich schnell hintereinander eine Reihe glücklicher Fahrten: von Stettin nach Kolberg mit Salz, woran es dort nach der dritten Belagerung und bei den zerstörten Salzkoten dringend fehlte; von hier mit einer Ladung Wein nach Königsberg und wiederum dahin zurück mit Roggen. Auf dieser letzteren Reise kreuzte ich bei widrigem Winde unter der Halbinsel Hela vor Danzig, und hier sah ich ein großes russisches Schiff auf dem Strande stehen, an dessen Bord es einen gewaltigen Lärm gab. Da das Wetter gut war, kam mich die Lust an, mein Boot auszusetzen und näher heranzufahren. Man ließ mich aber sogar das Verdeck betreten, ohne meine Anwesenheit gewahr zu werden oder zu beachten. Alles lief darauf verwirrt durcheinander und das nur um so mehr, je ärger der russische Landoffizier, der hier das Kommando zu führen schien, drauf losschlug und wetterte. Seeleute und Soldaten waren gleichfalls Nationalrussen, und was und wie sie es angriffen, um das Schiff wieder abzubringen, war durchaus verkehrte und törichte Arbeit.

      Wenig erbaut durch dieses Schauspiel, warf ich noch einige Blicke durch die offene Luke in den Raum und sah, daß das Schiff mit metallenen Kanonen, Bomben, Kugeln und dergl. geladen war. Es stand mit dem Vorderteil hoch auf dem abschüssigen Strande, während das Hinterteil noch tief im Wasser lag. Ich stieg nun in mein Boot zurück, um die Tiefe dicht am Schiffe noch genauer auszumessen, und ging dann abermals an Bord, indem ich dem Gedanken nachhing: ob es nicht tunlich sein sollte, die schwere, aber wenig Raum füllende Ladung ganz in den hintersten Raum zu bringen, das Schiff solchergestalt vorn zu erleichtern, zugleich einen Anker nach hinten in die See hinauszubringen und durch vereinte Arbeit an der Ankerwinde dem Fahrzeuge einen Schuß nach hinten in die Tiefe zu verschaffen, wo es dann leicht wieder flott werden dürfte.

      Diesen Vorschlag setzte ich nunmehr einem russischen Sergeanten auseinander, der etwas Deutsch konnte und sich an mich gewandt hatte, nunmehr aber den Offizier in seiner Prügelei, womit derselbe noch immer wie rasend fortfuhr, unterbrach und ihm meine Meinung mitteilte. Je mehr der Mensch vorher den Kopf verloren hatte, um so gewisser erschien ich ihm jetzt als ein Engel vom Himmel. Er war von meinem Vorschlage ganz wie elektrisiert, fiel mir um den Hals und drang mir sogar seinen Stock auf, mit der Bitte, alles zu kommandieren und anzuordnen, wie ich es für das beste erachten würde. Mit so voller Gewalt bekleidet, griff ich auch sofort mein Werk mit Feuer an. Der Anker ward ausgebracht, während alles, was eine Hand rühren konnte, die Bomben, Kugeln usw. möglichst nach hinten transportieren mußte. Dadurch senkte sich das Schiff hier wirklich auch so tief, daß das Wasser fast bis an die Kajütenfenster stieg, ohne daß gleichwohl der Kiel hier den Grund erreichte. Jetzt ließ ich mit Gewalt den Anker aufwinden, und – siehe da! nach zwei oder drei Stunden Arbeit lief das Schiff gleichsam wie vom Stapel und war glücklich wieder flott geworden.

      Nie habe ich einen erfreuteren Menschen gesehen, als diesen Offizier, sobald mein Stück Arbeit gelungen war. Er herzte und küßte mich, ich mußte ihm meinen Namen sagen, den er sich in seine Schreibtafel zeichnete, und zugleich schrieb er ein russisches Billet an den General Romanzow, der damals in Kolberg befehligte, und das er mir zur treuen Abgabe bei meiner Ankunft anempfahl. Als ich mich endlich wieder entfernen wollte, ließ er mir das Boot von seinem Vorrate an Hirse, Mehl und Grütze dergestalt voll laden, daß ich im Ernste zu sinken fürchtete, und da kein Weigern und Verbitten etwas fruchten wollte, zuletzt nur über Hals und Kopf auf meine Abfahrt denken mußte. So erreichte ich denn wieder mein Schiff, welches inzwischen in einiger Entfernung Anker geworfen hatte.

      Ein paar Tage später langte ich in Kolberg an, wo ich nicht säumte, mich dem General Romanzow vorzustellen und mein Billet zu überreichen. Es war kein Uriasbrief gewesen: denn der edle Mann hatte es kaum gelesen, als er mir unter herzlichem Händedrucke dankte, daß ich seinem Monarchen Schiff und Ladung erhalten hätte. Er wollte wissen, wie er mir wieder dienen könne, und nahm auf das erste leise Wort nicht nur meinem Vater die damals über alle Maßen drückende Einquartierung ab, sondern erteilte mir auch die nicht minder bedeutende Vergünstigung, bei der Maikühle und Bleiche anlegen und dort meine Ladung löschen zu dürfen. Da in jenem Zeitpunkte der Hafen von Schiffen vollgepfropft lag, so daß von der Seemündung an bis hinauf zu dem Einflusse des Holzgrabens in die Persante Bord an Bord sich drängte und die in der Mitte des Stromes nicht ans Bollwerk kommen konnten, um ihre Fracht zu löschen, so mußten manche wohl etliche Wochen warten, ehe sie dazu gelangten. Ich hingegen ward, vermöge jener besonderen Erlaubnis, binnen zwei Tagen ledig.

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