Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme - Jodocus Temme страница 62

Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme

Автор: Jodocus Temme

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027238149

isbn:

СКАЧАТЬ ein alter Taufname in der Familie, und der Stammherr werde jedes Mal so getauft, und da habe dieser Gisbert sich so taufen lassen, um Stammherr zu werden und mir meinen ehrlichen Namen Gisbertine schon im Voraus wegzunehmen, ehe ich nur noch geboren sei. Die Frau wusste es so genau und mir so klar auseinander zu setzen, dass ein außerordentlich tiefer Sinn für mich darin lag.

      Ich hätte einen Mord an dem Räuber meiner Güter und meines Namens begehen können. Wir sahen uns zum Glück nie. Er war Herr aus den reichen westfälischen Gütern, ich lebte im Hause nicht sehr reicher Verwandten hinten im Kassubenlande. Da war aus einmal das Westfalenland französisch geworden und meine preußischen Vormünder jubelten hoch auf. Ja, ja! Die alles nivellierenden französischen Revolutionsgesetze wussten von einem stiftsfähigen Adel nichts mehr, also auch nichts von Mesalliancen, nichts von Stammgütern und Stammherren.

      Mein Prozess war, dank den deutschen Prozessgesetzen, noch nicht zu Ende; er musste nach den französischen Gesetzen zu meinen Gunsten und bald entschieden werden. Die westfälischen Vormünder boten den meinigen einen Vergleich an und die meinigen nahmen ihn an. Er war kurz und bündig. Gisbert und Gisbertine heiraten einander, und die Güter werden darauf ihr gemeinschaftliches Eigentum. Wir waren verlobt, ohne es zu wissen. Wenn er zwanzig, ich achtzehn Jahre alt sei, solle die Hochzeit sein. Als ich sechzehn Jahre alt war wurde ich zu ihm nach Westfalen gebracht, damit wir uns kennen lernten. Man sagte mir das erst, als wir mitten in den Heiden des Landes waren.

      ‘Welch entsetzliche graue Heiden!’ rief ich aus.

      ‘Du wirst Dich an sie gewöhnen müssen’, wurde Mit zur Antwort.

      ‘Hier?’

      ‘Ja, Du wirst hier bleiben!’

      ‘Um vor Langerweile zu sterben!’

      ‘Du wirst hier heiraten.’

      ‘Einen Heidenmenschen? Nimmer!’

      ‘Du bist schon mit ihm verlobt. Du bist jetzt auf dem Wege zu ihm.’

      Und nun erfuhr ich alles.

      ‘Und er kommt nicht einmal zu mir! Ich soll zu ihm kommen! Ich werde zu ihm gebracht wie eine verkaufte Ware!’

      Ich wollte mitten in der Heide aus dem Wagen springen; man musste mich mit Gewalt halten.

      Wir kamen auf der Aschenburg an. Sie war ein schönes, großes, prächtiges Schloss mit einem großen reizenden Park. Aber die graue Heide war nahe dabei.

      ‘Hier bleibe ich keinen Tag!’ rief ich.

      Gisbert und Gisbertine wurden einander vorgestellt.

      Du warst ein leidlich, nein, ich will die Wahrheit sagen, Du warst ein recht hübscher Mensch; ich hatte im Kassubenlande keinen schöneren gesehen. Ich fand Dich zum Entsetzen hässlich. Du sahst mich mit Augen an, als wenn Du in mir das Ideal von Schönheit und Liebreiz erblicktest. Ich sagte zu mir: Wie kann der westfälische Heide sich unterstehen, die Augen zu mir zu erheben?

      ‘Ihr seid Verlobte!’ sagte man zu uns. ‘Reicht Euch die Hände; küsst Euch; sagt Du zueinander.’

      ‘Liebe Gisbertine, wie freue ich mich, Dich zu sehen!’ sagtest Du mir.

      Du ergriffst meine Hand und küsstest sie.

      Ich musste Dir meine Hand lassen, aber ich erwiderte Dir kein Wort, und dass Du nicht den Mut hattest, meinen Mund zu küssen, das war trotz aller Onkel und Tanten doch Dein Glück.

      Und nachher nahm ich Dich allein.

      ‘Willst Du mich wirklich heiraten, Vetter Gisbert?’

      ‘Lieber heute als morgen, teuerste Gisbertine!’

      ‘Aber ich nehme Dich nicht.’

      ‘Aber Du musst ja. Der Familienvertrag will es.’

      ‘Ich kaufe ein Pistol und erschieße Dich.’

      ‘Ich fürchte mich nicht.’

      ‘Ich tyrannisiere Dich bis aufs Blut.’

      ‘Kennst Du die Zähmung der Zänkischen von Shakespeare, mein schönes Gisbertinchen?’

      ‘Abscheulicher Mensch!’

      So waren wir miteinander bekannt geworden.

      Du musstest dann mit mir durch die Güter fahren.

      Du fuhrst selbst, und die stolzen und wilden Pferde gehorchten Dir wie ein paar Lämmer.

      ‘Ich werde desto widerspenstiger gegen Dich sein’, sagte ich.

      Die Güter waren so groß, so reich, in so ausgezeichnetem Zustande.

      ‘Welch ein erbärmlicher Kaufpreis für mich!’ rief ich aus.

      Die reichen Bauern waren so glücklich, die künftige Herrin zu sehen. Sie waren noch Deine Leibeigenen gewesen; das französische Gesetz hatte sie frei gemacht.

      ‘Künftig soll ich wohl Deine Leibeigene sein?’ sagte ich zu Dir.

      ‘Gisbertine, ich werde Dein Sklave sein.’

      ‘Das ließe sich hören.’

      Wir durchstreiften dann zu Fuße den großen Park, hinter ihm die unendliche Heide.

      ‘Hier werden wir glücklich sein, Gisbertine!’ sagtest Du.

      ‘Wie das graue, dürre Heidenmoos?’ fragte ich Dich.

      Wir mussten uns nach acht Tagen trennen. Ich musste mit den Tanten in das Kassubenland zurück.

      Aber das Westfalenland wollte mir doch nicht wieder ans dem Sinn, und in meinem Herzen saß immer ein junger Mann neben mir, der so sicher und ruhig die wilden Pferde vor dem Wagen lenkte, und in grauen Heiden, die kein Ende nehmen wollten, lag ich auf weichem Heidekraut so warm und weich an seinem Herzen, und die Zeit wurde mir entsetzlich lang bis zur Hochzeit.

      Als dann aber der Hochzeitstag kam, da kam auch der alte Zorn wieder über mich.

      ‘Verkauft bin ich ihm! Seine Leibeigene soll ich werden!’

      ‘Gisbert, wir wollen die Güter teilen!’ empfing ich Dich.

      ‘Warum, Gisbertine?’

      ‘Weil ich mich nicht verkaufen lassen, weil ich Deine Frau nicht werden will.’

      ‘Es tut mir leid, Gisbertinchen, aber Du musst.’

      ‘Aber ich will nicht. Behalte sie ganz, diese Güter.’

      Du wurdest doch ernst.

      ‘Ist es Dein Ernst, Gisbertine?’

      ‘Ja!’

      ‘Würde es Dich unglücklich machen, wenn Du meine Frau werden müsstest?’

      ‘Ja!’

      ‘Gisbertine, СКАЧАТЬ