Gesammelte Werke. George Sand
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Название: Gesammelte Werke

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816148

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СКАЧАТЬ ist, wenn ich hier­her gehe, al­lem ab­zu­sa­gen, was in mir rein mensch­lich ist. Aber ich wuss­te das nicht, o mein Gott, dass Schmerz und Selbst­be­trach­tung so mei­ne See­le da­hin­neh­men konn­ten, dass mir un­ter­schied­los Stun­den wie Tage oder Tage wie Stun­den däuch­ten. Was für ein Mensch bin ich denn, und warum hat man mich nie auf­ge­klärt über die­ses neue Un­glück mei­ner Or­ga­ni­sa­ti­on?

      – Un­glück? Nein, es be­weist viel­mehr eine un­ge­mei­ne geis­ti­ge Kraft, die aber nicht auf die rech­te Art ge­braucht und die im Diens­te schlim­mer Vor­ur­tei­le ver­geu­det ist. Man hat es sich zum Ge­setz ge­macht, das Un­heil, das Sie stif­te­ten, Ih­nen zu ver­ber­gen, man hat ge­glaubt, aus Rück­sicht für Ihr Lei­den, die Lei­den der an­de­ren Ih­nen ver­schwei­gen zu müs­sen. Aber mei­ner Mei­nung nach hieß das, Ih­nen we­nig Ach­tung zol­len, hieß an Ihrem Her­zen zwei­feln; ich aber, die ich nicht dar­an zweifle, Al­bert! ich ver­ber­ge Ih­nen Nichts.

      – Ge­hen wir, Con­sue­lo! ei­len wir! sag­te Al­bert has­tig sei­nen Man­tel um die Schul­tern wer­fend. Ich bin ein Un­glück­li­cher! Ich habe mei­nem Va­ter Lei­den ver­ur­sacht, den ich an­be­te, mei­ner Tan­te, die ich lie­be! Ich bin kaum wert sie wie­der zu se­hen. Ach! ehe ich eine sol­che Grau­sam­keit wie­der auf mich lade, lie­ber will ich mir das Op­fer auf­er­le­gen, nie­mals wie­der hier­her zu kom­men. Aber nein, ich bin glück­lich; ich habe ein Freun­des­herz ge­fun­den, mich zu war­nen, mich zur Ver­nunft zu­rück­zu­füh­ren. Ist doch end­lich je­mand, der mir über mich die Wahr­heit sagt, und sie mir im­mer sa­gen wird; nicht wahr, mei­ne ge­lieb­te Schwes­ter?

      – Ge­wiss, Al­bert, ich schwö­re es Ih­nen.

      – Himm­li­sche Güte! Ja, die­ses We­sen, das mir bei­springt, ist das ein­zi­ge, das ich hö­ren, dem ich glau­ben kann! Gott weiß was er tut. Ohne mei­ne ei­ge­ne Ver­rückt­heit zu ah­nen, habe ich im­mer die der an­de­ren an­ge­klagt. Ach! wenn mein ed­ler Va­ter selbst mir das ge­sagt hät­te, was Sie mir sag­ten, Con­sue­lo, ich hät­te es ihm nicht ge­glaubt. Das macht, weil Sie mir die Wahr­heit und das Le­ben sind, weil Sie al­lein mir die Über­zeu­gung zu­füh­ren und mei­nem ver­stör­ten Geis­te die himm­li­sche Ge­wiss­heit ge­ben kön­nen, die von Ih­nen aus­strahlt.

      – Ge­hen wir! sag­te Con­sue­lo und half ihm sei­nen Man­tel ein­nes­teln, den er mit zit­tern­der Hand und zer­streut nicht auf der Schul­ter be­fes­ti­gen konn­te.

      – Ja, gehn wir! sag­te er und sah mit ge­rühr­tem Auge sie die­sen Freun­des­dienst ihm leis­ten; aber zu­vor, Con­sue­lo, schwö­re mir, dass du mich nicht ver­las­sen wirst, wenn ich wie­der hier­her gehe, dass du mich auch dann wie­der auf­su­chen wirst, und wäre es, um mich mit Vor­wür­fen zu be­la­den, um mich einen Un­dank­ba­ren, einen Va­ter­mör­der zu hei­ßen, und um mir zu sa­gen, dass ich dei­ne Teil­nah­me und Für­sor­ge nicht ver­dien­te. O, lass mich nicht mehr mir selbst zum Rau­be! Du siehst wohl, dass du alle Macht über mich hast, und dass ein Wort aus dei­nem Mun­de mich über­zeugt und mir heil­sa­me­re Arz­nei ist als Jahr­hun­der­te der Selbst­be­trach­tung und des Ge­be­tes.

      – Sie sol­len mir viel­mehr schwö­ren, sag­te Con­sue­lo, bei­de Hän­de, dreis­ter ge­macht durch den dich­ten Man­tel, auf sei­ne Ach­seln le­gend, und ihm mit gan­zer See­le zu­lä­chelnd, dass Sie nie ohne mich hier­her zu­rück­keh­ren wol­len!

      – Du willst also mit mir wie­der her­kom­men? rief er aus, sie mit trun­ke­nem Auge an­se­hend, aber ohne dass er sie mit sei­nen Ar­men zu um­fas­sen wag­te: schwö­re es mir, und ich ge­lo­be dir, nie das Dach mei­nes Va­ters zu ver­las­sen ohne dei­nen Be­fehl oder dei­ne Er­laub­nis.

      – Wohl­an, möge Gott die­ses ge­gen­sei­ti­ge Ver­spre­chen hö­ren und an­neh­men, ant­wor­te­te Con­sue­lo vol­ler Freu­de. Wir wol­len wie­der­keh­ren, Al­bert! um in Ih­rer Kir­che zu be­ten, und Sie sol­len mich be­ten leh­ren; denn noch hat nie­mand es mich ge­lehrt, und ich habe Gott zu ken­nen eine bren­nen­de Sehn­sucht. Sie wer­den mir den Him­mel auf­schlie­ßen, mein Freund! und ich, ich wer­de Sie, wenn es nö­tig ist, an die ir­di­schen Din­ge und die Pf­lich­ten des mensch­li­chen Le­bens er­in­nern.

      – Himm­li­sche Schwes­ter! sag­te Al­bert, die Au­gen in Won­ne­trä­nen ge­ba­det, geh, ich habe nichts dir zu leh­ren; du, du sollst mich beich­ten, mich er­for­schen, mich er­neu­en! Du sollst mich al­les leh­ren, auch selbst be­ten. Ach! ich brau­che nun nicht mehr al­lein zu sein, um mei­ne See­le zu Gott zu er­he­ben; ich brau­che mich nicht mehr auf die Ge­bei­ne mei­ner Vä­ter nie­der­zu­wer­fen, um die Uns­terb­lich­keit zu fas­sen und zu füh­len. Es ist mir nun ge­nug, dich an­zu­se­hen, dass mei­ne See­le be­schwingt zum Him­mel stei­ge wie ein Dan­k­lied und ein Rei­ni­gungs­op­fer.

      Con­sue­lo zog ihn mit sich fort; selbst öff­ne­te sie die Tür und schloss sie wie­der. Hier, Ajax! rief Al­bert sei­nem treu­en Ge­fähr­ten zu und reich­te ihm eine La­ter­ne von bes­se­rer Kon­struk­ti­on als jene, die Con­sue­lo mit­ge­nom­men hat­te, und bes­ser auf die­se Art Wan­de­rung be­rech­net, der sie die­nen soll­te. Das klu­ge Tier fass­te mit stolz zu­frie­de­ner Mie­ne den Griff der Leuch­te, und lief gleich­mä­ßi­gen Trit­tes vor­aus, je­des Mal still ste­hend, wenn sein Herr still stand, nach des­sen Gang den sei­ni­gen be­ei­lend oder hem­mend und stets die Mit­te des We­ges hal­tend, um nicht durch einen Stoß ge­gen Fel­sen oder Busch­werk das ihm an­ver­trau­te Klein­od zu be­schä­di­gen.

      Con­sue­lo schlepp­te sich nur müh­sam fort, sie fühl­te sich zer­bro­chen und ohne Al­ber­t’s Hil­fe, der sie führ­te und je­den Au­gen­blick un­ter­stütz­te, wür­de sie wohl zehn­mal nie­der­ge­fal­len sein. Sie gin­gen mit­ein­an­der strom­ab­wärts, an dem an­ge­neh­men, fri­schen Ufer hin.

      – Zden­ko, sag­te Al­bert, be­dient mit lieb­rei­cher Sorg­falt die Na­ja­de die­ser ver­bor­ge­nen Grot­ten. Er eb­net ihr das oft mit Kies und Mu­scheln über­füll­te Bett. Er pflegt die blas­sen Blu­men, wel­che un­ter ih­rem Fuß­tritt wach­sen, und be­schützt sie vor ih­ren et­was un­ge­stü­men Umar­mun­gen.

      Con­sue­lo blick­te durch den Schat­ten des Ge­steins nach dem Him­mel hin­auf. Sie sah einen Stern blit­zen.

      – Es ist Al­de­ba­ran, der Stern der Zin­ga­ri, sag­te Al­bert. Es wird erst in ei­ner Stun­de Tag.

      – Es ist mein Stern, ant­wor­te­te Con­sue­lo; denn ich bin, zwar nicht von Ab­kunft, aber mei­nem Stan­de nach eine Art Zin­ga­ra, lie­ber Graf Mei­ne Mut­ter wur­de in Ve­ne­dig nicht an­ders ge­nannt, wie­wohl sie sich ge­gen die­sen, nach ih­rem spa­ni­schen Vor­ur­tei­le, be­lei­di­gen­den Na­men auf­lehn­te. Und auch ich war dort und bin dort noch un­ter dem Na­men der Zin­ga­rel­la be­kannt.

      – Wa­rum bist du nicht wirk­lich ein Kind die­ses ver­folg­ten Stam­mes! ent­geg­ne­te Al­bert: ich wür­de dich dar­um nur noch mehr, wenn das mög­lich wäre, lie­ben.

      Con­sue­lo, wel­che wohl dar­an zu tun ge­dacht hat­te, wenn sie dem Gra­fen den Un­ter­schied ih­res bei­der­sei­ti­gen Ur­sprungs und Stan­des recht nahe leg­te, er­in­ner­te sich nun des­sen, was ihr Ama­lie von СКАЧАТЬ