Stanislaw Przybyszewski: Romane, Erzählungen & Essays. Stanislaw Przybyszewski
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Название: Stanislaw Przybyszewski: Romane, Erzählungen & Essays

Автор: Stanislaw Przybyszewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027205639

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СКАЧАТЬ wenig in der Nacht erkältet. Ich habe ein wenig Fieber. Übrigens sollte ich zu Hause geblieben sein. Aber ich mußte durchaus her zu dir. Ich weiß nicht, warum. Gib nur schnell etwas Cognac ...

      Er trank hastig ein großes Glas Cognac aus.

      – Siehst du; ich bin aufgestanden; es ging so furchtbar schwer. Aber wenn ich auf dem Totenbette läge, hätte ich zu dir gemußt. Oh: Der Cognac hat sehr gut getan. Er setzt die Temperatur herunter. Das ist nämlich meine stehende Redensart. Ich begreife nur nicht: warum nicht liegende?

      Falk fing an zu faseln, aber er beherrschte sich wieder.

      Marit sah ihn entsetzt an.

      – Nein, nein, laß mich; siehst du, es ist so schrecklich unheimlich, was für ein Tier so ein Übermensch ist. Ich bin nämlich ein Übermensch. Das verstehst du doch? Da bekomme ich plötzlich wahrscheinlich im Schlafe so Eingebungen. Ich erwache: ich weiß nichts von der ganzen Geschichte; ich erinnere mich nur an das Endergebnis. Nein; ich erinnere mich nicht; denn ich weiß nicht, ob ich etwas ähnliches geträumt habe; aber ich weiß, daß ich zu dir kommen mußte. Ich bin krank; sehr krank. Aber ich mußte zu dir.

      Wieder verließen ihn die Kräfte.

      Eine Feuergarbe sah er vor seinen Augen, eine rötlich grüne Feuergarbe; sie spaltete sich in sieben Blitze und zerfetzte eine Weide.

      Marit starrte ihn an, in wachsender Verzweiflung.

      – Erik mein Gott, was ist dir? Du bist krank – du mußt nach Hause zurück – o Gott, Gott, was starrst du mich so gräßlich an?

      – Nein, laß nur. Am Wege steht eine Weide; sie ist in zwei Teile gespalten; als ich ging – zu dir –ja, zu dir – nicht wahr, ich bin doch bei dir? Ja richtig: als ich zu dir ging, da habe ich die Weide untersucht und in dem Stamm nach dem Donnerkeil gesucht. Das tat ich immer als Kind.

      Ein Blitz, tausend Blitze töteten das Täubchen.

      Aber, was ich dir sagen wollte. Ich muß dir nämlich etwas sagen. Gieß mir noch Cognac ein.

      – Erik, ums Himmelswillen, du mußt nach Hause! Ich werde sofort anspannen lassen. Ich bringe dich nach Hause.

      Marit lief hinaus ...

      – Was er doch sagen mußte ... mußte?!

      Täubchen und Blitze ... dann Haus, Traum ... Leben ... Zerstörung ... Ja! Zerstörung! Er – ein Sturmorkan – ein Übermensch – der über Leichen schreitet – und Leben zeugt.

      Ja, ja: zerstören ... Zerstören!

      Eine wilde, jauchzende Grausamkeit wuchs in ihm empor; eine freudige, wahnsinnige Lust zur Qual. Das mußte er sehen! ja: das, wie der Frosch sich unter seinem Skalpell wand, wie er an den vier Nägeln bis an die Nagelköpfe hinaufrutschte. Dann das Herz herausschneiden ... Wie es auf dem Tische zuckt, wie es springt!

      Vor Falks Augen fingen die Gegenstände an zu tanzen.

      Marit stand vor ihm, reisefertig, in ratloser Angst.

      – Komm, Erik; komm! mein Einziger, komm!

      Sie küßte ihn auf die Augen.

      – Noch ... noch einmal ... Er bettelte wie ein kleines Kind.

      – Komm jetzt! Komm, mein süßer, einziger Mann du.

      – Nein – noch – laß! ich muß dir etwas sagen. Da setz dich hin – mir gegenüber – auf den Stuhl.

      So, Marit, hör mal: Ich bin garnicht dein Mann, ich bin verheiratet. Ja, wirklich: verheiratet. Meine Frau ist in Paris. Ja richtig: Fräulein Perier ist meine Frau. Das ist sie wirklich. Glaubst du nicht? Nein, wart mal, mein Ehekontrakt ...

      Er fing an nervös in den Taschen herumzusuchen.

      Plötzlich kam er zur Besinnung.

      Er lächelte blödsinnig.

      Nein du, was hast du da im Kopf für schwarze Löcher? Du siehst ja wie ein Totenkopf aus. Nein, sieh mich nicht so an – sieh mich nicht an – nein, laß – laß – ich geh – ich gehe.

      Falk duckte sich in wachsender Angst.

      Ich geh, ich gehe schon ... Er winselte wie ein Tier,

      – Ich gehe – ja – ja ...

      Er lief hinaus.

      – Nein, steigen Sie hier ein! rief der Kutscher. Ich fahr Sie!

      – Einsteigen? Ja so, einsteigen ... Falk stieg in die Equipage, die da wartete.

      – Wo ist nur mein Hut? Nein, der Hut ist nicht da ... Falk hielt ihn in den Händen ... Ist das aber seltsam! – –

      Marit saß im Zimmer mit dem Hut auf dem Kopfe; sie war völlig gelähmt.

      Da fuhr er, ja. Wirklich? Nein. Doch; doch. Ja.

      Kein einziger Gedanke! Sie war also tot. Nein, sie träumte. Nein, sie träumte nicht.

      Und wieder sah sie deutlich, wie schon Einmal, Falks Gesicht: es biß sie mit saugenden Vampiraugen, es fraß an ihrer Seele mit grinsendem Hohn ... Lügner ...

      Sie wußte, sie sah es: jetzt endlich hatte er die Wahrheit gesagt.

      So saß sie wohl eine Stunde lang.

      Er war also verheiratet!

      – Verheiratet – wiederholte sie kalt und rauh.

      Sie fühlte wie ihr Inneres zu Eis gefror; alles kroch in ihr auf einen Punkt zusammen; die Wärme schwand und schwand. Alles schrumpfte auf den einen, kleinen, winzigen Punkt zusammen: Verheiratet ...

      Sie sah seine unheimlich glühenden Augen.

      Ihr Kopf verwirrte sich.

      Sie sprang auf.

      Nein, wie sie das nur hatte vergessen können! Sie entkleidete sich schnell; ihr Blick fiel in den Spiegel.

      Nein, mit dem Hut auf dem Kopfe konnte sie doch unmöglich in die Küche gehen; das wäre drollig.

      Sie lächelte stumpf vor sich hin.

      Sie ging in die Küche; es sollte Brot gebacken werden. Sie ordnete es an.

      Sie war mit fiebernder Unruhe tätig.

      Dann kam sie in die Stube zurück.

      Über dem Sofa hing ein Bild, das nur aus Buchstaben bestand; es war da in so merkwürdigen Schnörkeln und mit grellen byzantinischen Initialen das Vater-Unser gedruckt.

      Sie betrachtete es aufmerksam.

      – Wie abscheulich dieser Drache um das U ...

      Sie las: Und verzeih uns unsere Sünden ...

      – Nein, warte mal, Marit ...

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