Название: SKIN MEDICINE - Die letzte Grenze
Автор: Tim Curran
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783958350298
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»Ich kann dir gar nicht sagen, wie lange ich darüber nachgedacht habe, was ich mit dir anstellen würde, wenn ich dich endlich erwische.«
»Der Krieg ist vorbei«, sagte Dirker. »Nimm es wie ein Mann und schließe damit ab. Das ist es, was du tun musst. Der Süden hat den Willen und die Stärke des Nordens unterschätzt. Mit solchen Vorannahmen verliert man Kriege. Jeder hat getan, was er glaubte, tun zu müssen. Jetzt ist es vorbei. Wir sind wieder vereinigt, und das seit vielen Jahren. Wir müssen in die Zukunft blicken und aus der Vergangenheit lernen.«
Cabe biss die Zähne zusammen. »Na klar doch, na klar doch. Ich würde gerne diese ganze jämmerliche Sauerei vergessen … aber jedes Mal, wenn ich in den verdammten Spiegel schaue, Dirker, erinnere ich mich. Die Narben lassen mich nicht vergessen.« Cabe beruhigte sich etwas. Dirker blieb beherrscht, wie immer. Cabe nahm sich vor, diesen Mann den Streit nicht gewinnen zu lassen und nicht als hitzköpfiger, dummer Südstaatler dazustehen. Dieses Mal nicht. »Wir haben verloren, Dirker. Wenn du verlierst, ist es nicht so einfach, zu vergeben und zu vergessen. Du denkst darüber nach, wie es hätte anders laufen können. Das ist hart.«
Dirker zog erneut diese Augenbraue hoch. »Manchmal ist es auch für den Sieger schwierig. Du denkst daran, was geschehen ist und was du hättest tun müssen, um deine Gegner zivilisierter zu behandeln, und dass du ihnen ihre Verfehlungen hättest verzeihen können.«
Gottverdammt. Der Hurensohn verhielt sich jetzt wie ein Dichter, Prediger und Staatsmann. Versuchte, Cabe glauben zu machen, dass doch irgendeine Art Herz in dieser leeren Brust schlug. Aber Cabe glaubte es nicht. »Pea Ridge. Du erinnerst dich? Ich schon. Unsere Ärsche sind dort in kleine Stücke gehackt worden. Ihr Blaubäuche habt uns in alle Winde verweht. Meine Jungs und ich … wir wussten nicht einmal mehr, wo wir waren. Keine Schuhe. Nichts zu essen. Keine Munition. Ihr habt uns gefangen genommen, Dirker. Von deinen Leuten hat dieser Bastard von einem Sergeant den kleinen Willy Gibson niedergeschossen! Dann hast du den Rest von uns mit deiner Peitsche bearbeitet. Als ich dich angefleht habe … dich angefleht habe aufzuhören, hast du das hier mit meinem Gesicht gemacht. Ich lag schon auf dem Boden, doch du hast immer weiter zugeschlagen …«
Dirkers Lippen hatten sich jetzt zu einem Strich geformt, schmal wie ein Säbelhieb. »Ihr Jungs … ja, ich erinnere mich an euch Jungs. Ich erinnere mich daran, was ihr diesen Soldaten angetan habt. Ihre Leichen waren verstümmelt, Cabe. Es war abscheulich. Ich hätte dich und den Rest von euch feigem Südstaatenabschaum an Ort und Stelle töten sollen. Aber das habe ich nicht getan.«
Cabe war aufgesprungen. »Du Bastard! Du gottverdammter verfickter Yankee-Bastard! Ich hab’s dir damals gesagt und ich sag’s dir jetzt, wir haben diese Blaubäuche nicht angerührt! Als wir sie gefunden haben, waren sie schon so … die Gedärme hingen raus, die Gesichter waren abgehackt … wir wollten nur ihre Waffen, ihre Verpflegung! Wir waren am Verhungern, Herrgott noch mal!«
Dirker hörte sich Cabes Theater an und glaubte kein Wort davon. »Wir können darüber reden, bis wir im Gesicht blau anlaufen, Cabe. Aber das bringt nichts. Ich glaube dir nicht. Habe es nie getan.« Er faltete seine Hände auf dem Schreibtisch. »So, bist du nun hergekommen, um über den Krieg zu streiten, oder geht es noch um etwas anderes?«
Cabe sank auf seinen Stuhl zurück, schrumpfte darauf zusammen, und der Revolver an seiner Hüfte fühlte sich plötzlich sehr schwer an. Aber sobald ein Mann sich entschieden hatte, war das nicht mehr zu ändern. Man musste die Sache ruhen lassen, ob einem das nun gefiel oder nicht. »In Ordnung, Dirker. In Ordnung. Ich bin hinter einem Kerl her. Habe ihn durch Nevada verfolgt, und nun hat er Anker geworfen, irgendwo hier in der Gegend, denke ich. Den Namen von dem Schweinehund habe ich nicht und auch nur eine ungenaue Beschreibung. Aber ich weiß, was er getan hat …«
»Du bist Kopfgeldjäger?«
»Ein Mann muss von etwas leben.«
»Ich habe nicht über dich geurteilt, nur die Tatsachen geklärt. Sprich weiter.«
Cabe fand, es war einfacher, wenn er Dirker nicht direkt ansah. Also blickte er zur Wand und gab vor, dass er das Geräusch dieser Peitsche nicht hören konnte. »Die Zeitungen nennen diesen Kerl den Sin City Strangler. Er zieht von einer Minenstadt zur nächsten, macht sich unsichtbar im Zustrom der Fremden.«
Dirker nickte. »Von dem hab ich gehört.«
»Wäre auch schwer, das nicht mitzubekommen. Der Mistkerl vergnügt sich gern mit Prostituierten, Dirker. Man könnte sagen, er hat eine ganz besondere Vorliebe für sie«, sagte Cabe grimmig. »Er mag sie ganz für sich, an Orten, an denen sie allein sind und er ein Tuch um ihre Kehlen schlingen kann, weißt du? Er fickt sie gerne, während sie sterben. Und dann nimmt er sein großes Messer – ein Jagdmesser vielleicht – und schneidet sie auf. Und dann verteilt er überall ihre Innereien.«
Dirker blieb ungerührt. »Ekelhaft«, sagte er, aber es blieb unklar, ob er das wirklich so meinte.
Darin stimmte Cabe mit ihm überein. Es war ekelhaft. Der Sin City Strangler hatte in den vergangenen fünf Monaten sechs Prostituierte umgebracht. Die Erste starb im Barbary-Hotel in San Francisco, gefolgt von zwei weiteren in schäbigen Minencamps im Churchill County, Nevada. Dann Eureka, Osceola und schließlich Pinoche – alles wuchernde Minenstädte, alles feinste Sündenpfuhle, wie die Prediger sagten. Denn wenn einmal Geld aus der Erde zu holen war, zog das die Parasiten und Dreckfresser an wie ein Kadaver die Schmeißfliegen.
Ein stinksaurer Minenarbeiter war der Erste gewesen, der ein Kopfgeld auf den Strangler ausgesetzt hatte.
Tausend Dollar … obwohl den Mann niemand tatsächlich gesehen oder auch nur eine Idee hatte, wie er aussah. Die Zeugenbeschreibungen reichten von groß und blond bis klein und dunkelhäutig. Einige meinten, der Strangler sei ein Mexikaner, der aus irgendeinem Irrenhaus ausgebrochen sei, andere wiederum waren sich sicher, dass es ein europäischer Einwanderer sein musste. Abgestoßen vom Ausmaß der Verbrechen – und es brauchte einiges, um die Leute in einer Minenstadt zu schockieren – wurde trotzdem mehr Geld in den Topf geworfen. Das Kopfgeld betrug nun fast fünftausend Dollar. Der Gouverneur des Utah-Territoriums hatte zusätzlich tausend Dollar draufgepackt, für Informationen zu Identität oder Aufenthaltsort des Sin City Stranglers.
»Seit Eureka bin ich hinter dem Bastard her«, sagte Cabe. »Dort habe ich nach ihm zu suchen begonnen. In Osceola konnte ich einen prima Blick auf sein Handwerk werfen … es war übel, Dirker. Du und ich … wir haben beide viel im Krieg gesehen … aber so etwas wie das, bei Jesus, habe ich noch nicht erlebt.«
»Und du denkst, dieses Tier ist hier?«, fragte Dirker.
»Ich denke, er ist in Beaver County. Whisper Lake ist genau die Art Stadt, die er sucht, um zu jagen … ich brauche bloß die Füße stillzuhalten und die Augen aufzumachen. Früher oder später fällt er mir in den Schoß.«
Dirker seufzte und schüttelte den Kopf. »Cabe, vor zehn Jahren war Whisper Lake ein Goldgräbercamp mit einem Laden, einem Saloon und ein paar verstreuten Hütten. Dann sind sie auf eine große Silberader gestoßen, und kurz darauf hatten wir die Minengesellschaften hier, die die ganzen Minen aufgekauft haben – Arcadian, Southview, Horn Silver. Wir haben fast fünftausend Menschen in der Stadt und Umgebung, dazu achttausend drüben in Frisco. Der Punkt ist, hier kommen jeden Monat Hunderte Menschen durch … einen Mann in dem Schmelztiegel hier zu finden, wird ein Höllenjob.«
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