Der schwarze Atem Gottes. Michael Siefener
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Название: Der schwarze Atem Gottes

Автор: Michael Siefener

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783864020551

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СКАЧАТЬ blieb stehen und entfernte etwas am Fuße eines dieser seltsam runden Hügel. »Los!«, zischte er. Maria, die direkt hinter ihm gegangen war, verschwand als Erste. Dann quetschte sich auch Martin in das enge Loch, das sich knapp über dem Boden aufgetan hatte. Nun war die Reihe an Hilarius. Das Loch war sehr eng; er spürte, wie er mit dem Bauch stecken blieb. »Soll ich nachschieben?«, hörte er Federlin mit gehörigem Spott in der Stimme hinter sich sagen. Alles, nur das nicht! Hilarius zwängte sich mit aller Kraft hindurch und kroch auf allen vieren ein Stück weiter, bis er gegen etwas Weiches stieß. »Wer ist das?«, presste er zwischen den Zähnen hindurch. Es war so dunkel hier, dass er nicht das Geringste sehen konnte.

      »Maria«, lautete die leise Antwort. Er spürte, wie etwas von ihm fortraschelte. Dann huschte etwas hinter ihm vorbei, und er hörte die Stimme des Gauklers:

      »Setzt euch. Hier sind wir vollkommen sicher. Es ist zwar etwas kalt, aber das dürfte euch euer Leben wert sein.«

      »Wo sind wir hier?«, fragte Hilarius in die Finsternis hinein. Es gefiel ihm nicht, dass er nichts sehen konnte. So musste es sein, wenn man blind war.

      »In einer Höhle, die sehr weit in die Erde hineinreicht. Aber habt keine Angst; Ihr werdet schon nicht in den Eingeweiden der großen Mutter verloren gehen.«

      Es war eindeutig Federlins Stimme, aber nun kam sie nicht von rechts, wie kurz zuvor, sondern von links. Ging er herum? Aber Hilarius hörte nicht das leiseste Geräusch, das darauf schließen ließ. »Weißt du, wie wir von hier aus auf dem schnellsten Weg zum Kloster Eberberg kommen?«, fragte Hilarius missmutig. Wie viel hätte er darum gegeben, wenn er nun in seinem Bett im Kloster liegen könnte – wenn all das nur ein Albtraum wäre.

      Nun war es nicht Federlin, der antwortete, sondern Martin; der junge Mönch schien irgendwo vor ihm zu hocken. Er sagte leise und voller Zweifel: »Sollten wir wirklich zum Kloster zurückkehren, ehrwürdiger Meister? Ist es nicht unsere Pflicht, das nachzuprüfen, was uns der Zauberer gebeichtet hat, den Ihr … befragt habt?«

      Hilarius spürte, wie Wut in ihm hochstieg. Seit wann gab dieses Lamm eines Bruders Widerworte? Er legte die Hände vorsichtig über den Bauch und sagte in die Finsternis hinein: »Wir werden jemand anderes schicken.«

      »Was hat dieser Zauberer denn gebeichtet?«, hörte Hilarius die Stimme des Gauklers. Jetzt schien sie von oben zu kommen – von direkt über ihm. Er schaute hoch, aber er hätte es nicht einmal sehen können, wenn unmittelbar vor seiner Nase ein Ochse gestanden hätte. War es das Echo in dieser Höhle, das mit der Stimme des Gauklers spielte? Aber Martins Stimme blieb an derselben Stelle, als er antwortete: »Es soll einen Hexer in Burgebrach geben, der das Ende der Welt heraufbeschwört und die Gefahr der Apokalypse über die Welt bringt.«

      »Die Apokalypse …«, ertönte Federlins Stimme – unter Hilarius. Fast wäre er von der Stelle, an der hockte, aufgesprungen, doch er beherrschte sich. Bei allen Heiligen, wer war dieser Mensch? Wie hatte er allein die Mordgesellen besiegen können? Hier ging es doch nicht mit rechten Dingen zu! »Schweig, Martin!«, schnitt Hilarius dem Gaukler das Wort ab. Er spürte, wie ihm das Herz in der Brust raste.

      »Habt Ihr Angst, ehrwürdiger Pater?«, mischte sich Federlin wieder ein. Nun kam seine Stimme von dort, wo Hilarius sie zum ersten Mal gehört hatte – von irgendwo rechts aus der Dunkelheit. »Warum seid Ihr eigentlich entführt worden? Seid Ihr so wertvoll?« Die Stimme kicherte unterdrückt.

      »Ich habe keine Ahnung«, antwortete Hilarius barsch. Sein Herz wollte sich nicht beruhigen. Er sagte die Wahrheit – und gleichzeitig log er.

      Jetzt drang Marias Stimme durch das bodenlose Nichts zu ihm. Er erschrak, als er bemerkte, wie nahe sie ihm war. Er spürte ihren Atem in seinem Nacken. »Die Mörder haben etwas von einem Grafen gesagt, der morgen den Pater sehen wollte. Seinen Namen kenne ich aber nicht.«

      »Oh, ein Graf!« Federlins Stimme schien keinen Körper mehr zu besitzen, sondern frei im Raum zu schweben. Plötzlich hatte Hilarius den Eindruck, als ströme von irgendwo ein schwaches Licht herbei – ein Glimmen, das in der vollkommenen Finsternis wie ein Strahl aus Sternenglanz wirkte. Und in diesem Strahl sah der Pater den Gaukler, dessen Umrisse sich aufzulösen schienen. Schattenarme wuchsen aus ihm hervor, spiralten sich in die Finsternis, tasteten sich durch das seltsame Licht – und dann war wie auf ein geheimes Kommando alles wieder verschwunden. Hatte Hilarius geträumt, oder hatte er das Licht wirklich gesehen?

      »Ein Graf?«, echote es von den Wänden – in einer anderen Klangfarbe. Jetzt war es Martins Stimme, die sprach. »Aber wir sind doch einem Grafen begegnet – in Volkach!«

      »Schweig, du Zunge des Satans!«, fuhr Hilarius ihn an. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte seinem jungen, unerfahrenen Mitbruder den Hals umgedreht.

      Die Stimme Federlins lenkte ihn ab: »Ich habe auf meinen Wanderungen von der Apokalypse reden hören. Die Gerüchte verdichten sich, dass sich gewisse Teile der Welt auf die Ankunft des Bösen vorbereiten. Wenn Ihr einen Hinweis darauf habt, ehrwürdiger Pater, dann sollten wir ihm nachgehen.«

      »Gar nichts sollten wir!«, giftete Hilarius. »Du hast keine Ahnung von Gott und der Welt. Bist du überhaupt von dieser Welt?«

      Federlin lachte leise, aber es klang nicht belustigt. »Ich bin genauso von dieser Welt wie von jeder anderen«, lautete seine rätselhafte Antwort. »Glaubt mir, ich kenne die Welt.«

      »Aber du scheinst Gott nicht zu kennen. Was ist, wenn Er in Seiner unendlichen Weisheit den Untergang der Welt beschlossen hat, weil Er sieht, dass Seine Schafe sich von ihm abgewandt haben und der Sünde verfallen sind?«

      »Seid Ihr sicher, dass Ihr Gott nicht mit dem Teufel verwechselt?«, gab Federlin zur Antwort. Seine Stimme hallte leise wider, als sei die Höhle, an deren Anfang sie sich befanden, unendlich groß. Was mochte sich in ihr verbergen?

      »Ich bin ein Mann Gottes. Wieso sollte ich mir nicht sicher sein?«

      »Habt Ihr nicht bemerkt, dass sich in unserer Welt vieles verändert hat? Der Glaube wankt und zersplittert, Krieg und Rohheit überziehen das Antlitz der Welt wie Mehltau, der Hexen werden immer mehr – das müsstet doch gerade Ihr bemerkt haben –, und die Welt füllt sich mit Teufeln und Dämonen. Ist das alles nicht wie ein Vorspiel zu dem großen Drama vom Ende der Welt? Aber es könnte auch etwas ganz anderes sein, etwas, das nur wenige ahnen – nämlich der gewaltige Beginn von etwas vollkommen und vielleicht erschreckend Neuem. Es ist doch kaum mehr als eine Binsenweisheit, dass jedes Ende einen neuen Anfang gebiert. Aber – ist dieser Anfang gut oder böse? Er kann beides sein; das wisst Ihr.« Federlin hatte ruhig und beherrscht gesprochen, doch Hilarius spürte das Feuer hinter diesen Worten. Es drohte den Pater zu verbrennen. Oh, das alles hatte er natürlich bemerkt, er wusste es, aber er wollte es nicht wissen. Er wollte sich in die Sicherheit seines Klosters zurückziehen und die Welt sich selbst überlassen. Was ging sie ihn an? Nun hatte er Bauchschmerzen. Er antwortete:

      »Gott spricht nicht durch einen Gaukler.«

      »Hat er nicht sogar durch ein Kind in der Wiege gesprochen?«

      »Nein, er hat nicht durch das Kind gesprochen; er war das Kind, denn das Kind ist Teil des dreieinigen Gottes.«

      Federlin gab nicht auf. »Wenn Gott Euch ruft, versperrt Ihr dann Eure Ohren mit Wachs?« Seine körperlose Stimme schien wieder von überall her zu kommen; sie war wie eine Schlange, die sich in das Gehirn des Paters fraß.

      »Warum willst du unbedingt an dieses Gerede vom Ende der Welt glauben? Und warum glaubst du, dass in Burgebrach der Schlüssel dazu liegt? Das ist doch nur ein unbedeutendes Städtchen СКАЧАТЬ