Der schwarze Atem Gottes. Michael Siefener
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Название: Der schwarze Atem Gottes

Автор: Michael Siefener

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783864020551

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СКАЧАТЬ er langsam hinzu. »Vielleicht fällt ja dort eine Belohnung für dich ab.« Als er keine Antwort erhielt, sagte er noch: »Ich bin schrecklich müde. Wir haben morgen einen langen, harten Weg vor uns. Ich schlafe jetzt.« Er versuchte, es sich auf dem kalten Steinboden bequem zu machen, aber es gelang ihm nicht. Von den anderen hörte er ebenfalls nur noch Rascheln und schließlich Schnarchen. Es dauerte lange, bis auch Hilarius einschlief.

      »Steht auf. Es ist Zeit.«

      Hilarius streckte den Kopf vor, rieb sich die Augen und öffnete sie. Ein greller Lichtstrahl zwang ihn dazu, sie sofort wieder zu schließen. Er hatte drei Schemen in diesem Strahl ausmachen können.

      Eine andere Stimme sagte: »Kommt, Pater Hilarius. Wir sollten uns beeilen, wenn wir vor Einbruch der Dämmerung in Eberberg sein wollen.« Es war Martins Stimme.

      Hilarius stand auf. Sein ganzer Körper schmerzte; ein solch hartes Lager war er nicht gewöhnt. Er schlug wieder die Augen auf. Jetzt konnte er erkennen, dass das Licht durch den freigelegten Eingang der Höhle hereinströmte. Gerade war Martin dabei, hinaus ins Freie zu klettern. Maria folgte ihm; Federlin schien schon draußen zu sein. Hilarius schickte sich an, seinen unförmigen Körper durch die schmale Öffnung zu zwängen. Diesmal gelang es ihm mit geringeren Schwierigkeiten, und bald stand er in dem sonnendurchfluteten Wald. »Federlin, führ uns nach Eberberg«, sagte er mit einer Stimme, die keine Widerrede duldete.

      Der Gaukler hängte sich seinen Dudelsack um, nickte und ging voran. Hilarius war erstaunt, dass er sich wortlos fügte.

      Der Weg war lang und beschwerlich, auch wenn das Wetter gut und angenehm war. Sie begegneten den Mordgesellen nicht mehr; Federlin schien etliche Schleichwege zu kennen, und nur selten überquerten sie eine Straße, und noch seltener folgten sie einer für eine kurze Zeit.

      Der Wald schien vor Leben zu bersten; Rehe und Wildschweine sah Hilarius in der Ferne; Kaninchen und Hasen hoppelten und hasteten oft vor ihren Füßen dahin, und mehr als einmal beschwerte sich Martin und sagte, dass er großen Hunger habe.

      »In der Abtei wird sicherlich gut für euch gesorgt werden«, gab Federlin jedes Mal zur Antwort. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«

      Hilarius bemerkte, dass Maria sehr oft neben Martin herging. Der Pater hörte, wie sie ihm ihre Lebensgeschichte erzählte. Bei bestimmten unziemlichen Stellen wusste der arme junge Mönch vor Verlegenheit gar nicht, wo er hinschauen sollte. Hilarius hatte diese Schwierigkeiten nicht. Wenn er diese Dirne in ihrem dreckigen, aber teuren Kleide betrachtete, wurden seine Blicke immer wieder von ihrem tiefen Ausschnitt angezogen. Er spürte, wie sich bei ihm Gefühle regten, die er lange überwunden geglaubt hatte. Dieser herrlich weiße Brustansatz, diese aufregende Wölbung, diese schmale, elegante Hüfte … all das verstörte ihn. Sie war wie eine Hexe, die einen mächtigen Liebeszauber gewirkt hatte. Wieder und wieder sah er sie von der Seite an, schaute auf ihren wiegenden Gang, auf die schlanken Fesseln und die hübschen braunen Locken. Es war, als ströme das Böse bei jedem Schritt wie ein schrecklich verführerischer Duft aus ihr heraus.

      Martin war ihrer Gegenwart erlegen. Er gab seinem Bedauern über ihre misslichen Erfahrungen stotternd Ausdruck, und es war deutlich zu sehen, wie die Engel und Dämonen in ihm um die Vorherrschaft kämpften. Die ewige Verführerin … Die Schlange … Schweigend lief Hilarius manchmal neben ihnen und manchmal hinter ihnen her. Nun, da sie schon weit weg vom Schlupfwinkel der Räuber waren, erlaubte Federlin sich bisweilen, ein lustiges Liedchen auf seinem Dudelsack zu pfeifen. Doch auch die munterste Weise geriet ihm eigenartig schwermütig und traurig. Was für ein Gegensatz zu seinem unbekümmerten, kecken Gehabe …

      In der Abenddämmerung ließen sie endlich den Wald hinter sich und kamen an Getreidefelder, auf denen die Halme bereits kniehoch standen. Weit in der blauen Ferne erhoben sich die Dächer und Türmchen einer kleinen Stadt. Hilarius hatte inzwischen vollkommen die Orientierung verloren, doch er glaubte zu wissen, dass auf dem Weg nach Eberberg keine Stadt zu passieren war. Er fragte Federlin danach.

      »Ach, es hat schon seine Richtigkeit«, antwortete dieser leichthin zwischen zwei lang gezogenen, klagenden Tönen. »Ich habe halt einen anderen Weg genommen – einen sichereren.«

      Je näher sie der Stadt kamen, desto zweifelhafter erschien Hilarius die ganze Sache. Inzwischen war das Tor deutlich zu sehen; es war bereits geschlossen. Dahinter erhoben sich die Spitzdächer und Fachwerkgiebel der eng aneinandergedrängt stehenden Häuser, die von der hohen Stadtmauer geschützt, aber auch eingeengt wurden. Federlin marschierte geradewegs auf das Tor zu. Martin wandte sich an den Pater und fragte leise: »Wo sind wir? Ist das noch der richtige Weg?«

      Obwohl Federlin ihn nicht gehört haben konnte, antwortete dieser anstelle des Paters: »Es ist immer der richtige Weg.«

      Nun waren sie bei dem alten hölzernen Tor angekommen, das etliche Einkerbungen trug, die von vergangenen Scharmützeln berichteten. Federlin klopfte heftig gegen das rissige Holz. Eine kleine Klappe öffnete sich darin, und eine fleischige Nase und ein breiter Mund waren dahinter zu sehen. »Wer begehrt Einlass?«, fragte eine barsche Stimme hinter dem Tor.

      Gerade als Hilarius den Gaukler von der Klappe wegdrängen wollte, hörte er weit hinter sich ein donnerndes Geräusch. Die anderen hatten es ebenfalls gehört und drehten sich alle gleichzeitig um.

      Es waren Reiter, die in rasendem Galopp heranpreschten. Es gehörte keine ausschweifende Phantasie dazu, sich vorzustellen, um wen es sich da handelte. Schon aus dieser Entfernung glaubte Hilarius, den Hauptmann der Räuberbande zu erkennen. Er wandte sich an den Torwächter und herrschte ihn an: »Wir sind Gottesmänner. Verdammnis über dich, wenn du uns nicht hereinlässt! Wir werden von Mördern verfolgt, denen wir nur knapp entwischen konnten. Da hinten kommen sie!«

      Die Nase und der Mund hinter der Klappe schoben sich nach unten, und zwei braune Augen erschienen und versuchten, den Wahrheitsgehalt von Hilarius’ Behauptung zu überprüfen. Diese Augen schauten nicht allzu helle drein. »Das macht ihr besser unter euch aus«, sagte der Torwächter schließlich. »Habe keine Lust, solches Gesindel in unsere schöne Stadt hereinzulassen.«

      »Du sollst auch nicht diese da hereinlassen, sondern nur uns, du vollkommener Trottel!«, brauste Hilarius auf.

      »Ihr seid mir ein ähnliches Gesindel. Papisten, wie ich sehe. Sind hier reformiert und hängen dem wahren Glauben an und wollen nichts mit Weihwasseranbetern und Heiligenschwätzern zu schaffen haben. Ich glaube, ich sollte jetzt die Klappe schließen und für Euch beten.«

      »Untersteh dich …!« Hilarius stand kurz vor einem Wutanfall. Er spürte, wie seine Schläfenadern schwollen. Rasch warf er einen Blick zurück. Sie durften keine Zeit mehr verlieren!

      »Du wirst auf ewig in der Hölle schmoren, wenn du uns nicht hereinlässt!«, spie Hilarius aus, doch auch das schien den Torwächter nicht sonderlich zu beeindrucken.

      »Du kannst nur Papisten in die Hölle schicken, Mönchlein«, spottete der Wächter.

      Da drückte Federlin den Pater sacht, aber bestimmt zur Seite, presste das Gesicht so nah wie möglich an die kleine Öffnung und flüsterte dem Wächter etwas zu.

      Sofort schloss sich die Klappe.

      »Was hast du da getan, du Wahnsinniger!«, schrie Hilarius und ballte die Fäuste. In wenigen Sekunden würden die Reiter sie erreicht haben und dann … »Willst du uns alle umbringen!«

      Da öffnete sich das Tor einen Spaltbreit. Federlin lächelte, verbeugte sich spöttisch vor dem Pater und ließ ihm den Vortritt. Sofort schlüpften Hilarius, Martin und Maria hindurch; Federlin folgte, nachdem er einen letzten Blick zurück geworfen hatte. СКАЧАТЬ