Gesammelte Schulhumoresken. Eckstein Ernst
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Название: Gesammelte Schulhumoresken

Автор: Eckstein Ernst

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ sagte er mit heiserer Stimme, »so möchte auch ich hier auf meinem Platze bleiben. Ich habe jetzt schon acht Senfpflaster verbraucht, um meinen Luftröhrenkatarrh los zu werden, und bin immer noch nicht damit zustande gekommen.«

      »Gut,« sagte Doktor Perner jetzt stirnrunzelnd, »so bleiben Sie, wo Sie sind. Wenn es dem Hutzler zieht, so mag er seinen Paletot umhängen.«

      »Wenn ich meinen Paletot umhänge, so wird mir's zu warm, und dann erkälte ich mich erst recht.«

      »Meinetwegen erkälten Sie sich sechsmal.«

      »Nun, Sie werden ja sehen, was Sie anrichten, Herr Doktor«, sagte Hutzler gekränkt. – »Ich merke jetzt schon einen eigentümlichen Kitzel im Halse, und so fängt es bei mir jedesmal an.«

      Mit diesen Worten begann er zu hüsteln.

      Ich muß nun an dieser Stelle bemerken, daß Hutzler einer unserer gesundesten Schüler ist. Wie oft hat der Direktor Samuel Heinzerling ihm die vernichtenden Worte zugerufen: »Schwächläch! Sä, schwächläch? Non, hären Sä änmal, Hutzler, äch wollte, jäder Mänsch onter der Sonne wäre so schwächläch wä Sä! Faul sänd Sä, aber nächt schwächläch!« Es handelt sich bei der ganzen Opposition Hutzlers lediglich um das, was man eine parlamentarische Unterbrechung nennt. Er will in die Monotonie der Lehrstunden eine gewisse Frische und Abwechslung bringen. Aus diesem Gesichtspunkte wird uns auch die Weigerung der beiden erwähnten Mitschüler begreiflich.

      Der Lehrer begann nun den Unterricht, und Hutzler, das Haupt trotzig in die Hand gestützt, bereitete sich zur Fortsetzung seiner planvoll erwogenen Störung vor.

      Als es ein Viertel schlug, hustete er dreimal tief auf und stöhnte dann, als ob sich ihm die Luftröhre krampfhaft zusammenschnüre. Fünf Minuten später hatte sein Husten einen so dröhnenden Charakter angenommen, daß es Herrn Doktor Perner unmöglich war, den Unterricht fortzusetzen.

      Er hielt einen Augenblick inne.

      »Sind Sie nun bald fertig?« rief er, die Augen rollend, während er das Buch heftig wider die Platte des Katheders stieß.

      Hutzler hustete noch lauter, und so natürlich, daß ich noch heute nicht begreife, wie er diese gewaltigen Erschütterungen seines Kehlkopfes zuwege bringen konnte, ohne ernstlich Schaden zu nehmen.

      »Hutzler!« schrie Doktor Perner außer sich.

      Jetzt trat in dem trefflich erkünstelten Anfalle eine Pause ein. Hutzler erhob sich.

      »Herr Doktor, darf ich nun vielleicht das Fenster da zumachen?«

      »Das Fenster bleibt auf! Sie sollten sich schämen, auf so pöbelhafte Weise etwas erzwingen zu wollen, was ich Ihnen grundsätzlich verweigern muß.«

      Kaum hatten diese Worte Hutzlers Trommelfell erreicht, als er sofort wieder zu husten begann, und zwar so krachend und klirrend, daß ich jeden Augenblick meinte, die Brust müsse ihm zerspringen.

      »Ich lasse Sie sofort nach dem Karzer führen!« rief Doktor Perner, außer sich vor Zorn. »Wenn Sie so empfindlich sind gegen jede erbärmliche Kleinigkeit, so wickeln Sie sich in Watte! Ich meinesteils dulde nicht, daß man in meinen Lehrstunden solche Komödien aufführt.«

      »Komödien?« hustete Hutzler. »Wenn ich erkältet bin, werde ich doch wohl noch husten dürfen? … Hätten Sie beizeiten das Fenster geschlossen …«

      »Sie sind einer der frechsten Gesellen, die mir noch jemals vorgekommen. Gehen Sie nach Hause und ziehen Sie sich wärmer an! Ich bin es müde, mich fortwährend mit Ihnen herumzuzanken!«

      »Recht gern«, hustete Hutzler. »Hätte ich gewußt, daß es hier so ziehen würde, so wäre ich von Anfang an in einem wärmeren Kostüm erschienen.«

      Hutzler wohnt nur drei Schritte vom Gymnasium entfernt. Er ging, und Doktor Perner setzte seinen Vortrag fort. Es dauerte ungefähr zehn Minuten. Dann erschien der treffliche Leopold wieder in der Tür, und mit einem Male herrschte in Sekunda ein Leben, dessen reizende, überschwängliche Ausgelassenheit sich nicht in Worte kleiden läßt. Zuerst erscholl ein dreisalviges Gelächter; dann ein dumpfes Geheul, wie es die Rothäute bei ihren Angriffen auf die Weißen auszustoßen pflegen; dann ein Klatschen, Pfeifen, Scharren, Trappeln und Rütteln, daß mir selbst, der ich doch an das Schlimmste gewöhnt bin, fast Hören und Sehen verging. Hanau und ich hoben in der allgemeinen Verwirrung unseren Tisch ungefähr drei Zoll hoch über den Boden und ließen ihn dann mit aller Wucht aufdonnern, so daß der Staub wie Opferrauch nach der Decke stieg.

      Es war dies nur eine verdiente Huldigung an die Adresse unseres liebenswürdigen Kameraden Hutzler.

      Ahnst Du, o Genius meines Tagebuches, wie Hutzler im Schulzimmer erschien? Hinten auf den Rücken und vorn vor den Bauch hatte er sich vermittelst roter Schnüre zwei Federkissen gebunden. An den Füßen trug er die großen Reisepelzstiefel seines Vaters; zwei Müffe, die seinen beiden Schwestern angehörten, dienten ihm als Pulswärmer, und um den Hals trug er in unzähligen Windungen einen halbzölligen Hanfstrick, wie ihn die Packer beim Aufwinden der Warenballen benutzen.

      Doktor Perner stand wie versteinert, während Hutzler sich ganz gelassen anschickte, seinen Platz einzunehmen.

      »Halt!« schrie der Professor. »Keinen Schritt weiter! Denken Sie etwa, Sie befinden sich hier in einer Bierkneipe?«

      »Gewiß nicht, Herr Doktor!« entgegnete Hutzler ehrerbietig. »So viel ich weiß, befinde ich mich in Sekunda.«

      »Schweigen Sie! Ihr Zynismus übersteigt alle Begriffe. Sofort entledigen Sie sich dieses Unrats und verfügen sich nach dem Karzer!«

      »Welchen Unrates, Herr Professor?«

      Doktor Perner war außer sich, er trat auf den Schüler zu und faßte ihn an dem Strick, der um seinen Hals lag.

      »Hier, dieses nichtswürdigen Tandes!« schrie er, daß uns allen die Ohren gellten.

      »Ach so,« sagte Hutzler, »es ist ja wahr, da wollte ich Sie noch ganz ergebenst um Entschuldigung bitten. Meine beiden wollenen Halstücher sind in der Wäsche, und Mutter wollte mir das ihrige nicht hergeben. Da meinte der Vater, so ein Strick sei auch nicht zu verachten, und es käme ja nicht darauf an, wie es aussehe, wenn es nur warm hielte. Aber wenn Sie meinen, es wäre unziemlich, so bin ich gern bereit, ihn wieder abzulegen.«

      Mit diesen Worten begann er, das halbzöllige Seil von seinem Halse loszuwickeln.

      In immer größeren Kreisen fegte der hanfgeflochtene Radius um Hutzlers Kopf, und jetzt fehlte nicht viel, und die Spitze hätte den Professor ernstlich in seiner Integrität verletzt. Ich gebrauche hier Integrität als Euphemismus, da es mir nicht wohl ansteht, diejenigen Teile des Doktor Perner namhaft zu machen, die von dem wuchtigen Strick Hutzlers zunächst bedroht wurden.

      »Mensch!« rief Doktor Perner wutschnaubend, indem er das Ende des Strickes ergriff und daran zerrte. »Das sollen Sie mir büßen!«

      Hutzler bemühte sich, die Augen zu verdrehen und zwischen den Lippen die Zunge sichtbar werden zu lassen.

      »Herr Doktor!« stöhnte er mit verlöschender Stimme, nach rechts und links mit den Armen in die Luft greifend. »Ich ersticke! Ich ersticke!«

      Doktor Perner ließ los. Hutzler reckte seinen Hals und begann, ihn vollends auszuwickeln.

      »Nun, was zögern Sie noch?« rief der Lehrer, indem er mit der rechten Hand nach der Tür deutete. »Losgeschnallt! sage СКАЧАТЬ