Название: Handbuch des Aktienrechts
Автор: Hans-Peter Schwintowski
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811443150
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1.3.2 Bestellung des ersten Vorstands
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Die Bestellung des ersten Vorstands erfolgt durch Beschluss des Aufsichtsrats (§ 30 Abs. 4 AktG). Gemäß § 108 Abs. 2 AktG ist der Aufsichtsrat mangels anderweitiger Satzungsbestimmung nur beschlussfähig, wenn die Hälfte seiner Mitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt, mindestens jedoch drei. Die Bestellung unterliegt keiner besonderen Form. Über die Sitzung des Aufsichtsrat ist jedoch – wie über jeden anderen Aufsichtsratsbeschluss – als Beweisurkunde eine Niederschrift zu fertigen, die vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichnet werden muss (§ 107 Abs. 2 AktG). In der Regel enthält diese Niederschrift auch den Hinweis, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats ihre Wahl und die Mitglieder des Vorstands ihre Bestellung angenommen haben. Anders als für den Aufsichtsrat gilt für den ersten Vorstand keine kurze Amtszeit. Jedoch finden die Regelungen über die Bestellungshöchstdauer von 5 Jahren auch bei Gründung Anwendung (§ 84 Abs. 1 S. 1 AktG), gerechnet ab Aufnahme der Amtstätigkeit.[74]
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Wie dem ersten Aufsichtsrat, so obliegen auch dem ersten Vorstand besondere Aufgaben im Zusammenhang mit dem Gründungsvorgang, nämlich die Gründungsprüfung gem. § 33 AktG, die Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister gem. § 36 Abs. 1 AktG, die Bekanntmachung der Aufsichtsratszusammensetzung gem. § 30 Abs. 3 S. 2 AktG und ggf. gem. § 31 Abs. 3 S. 1 AktG. Daneben ist der Vorstand auch schon im Stadium der Vor-AG zur Führung der Geschäfte und zur Außenvertretung als gesetzliches Vertretungsorgan berufen.
3. Kapitel Gründung › II. Gründungsakt/-dokumente › 2. Berichte und Prüfungen
2.1 Gründungsbericht
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Die Gründer (nicht der Vorstand) haben nach § 32 AktG über den Gründungshergang einen sog. Gründungsbericht zu erstatten. Der hiermit verbundene Zwang zur Offenlegung aller für den Gründungshergang wesentlichen Vorgänge bezweckt einen zusätzlichen Schutz gegen unsolide Gründungen und dient gleichzeitig als Grundlage für die nachfolgende Gründungsprüfung (§§ 33–35 AktG) durch die Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat sowie (im Falle des § 33 Abs. 2 AktG) durch die externen Gründungsprüfer.[75] Darüber hinaus soll der Bericht dem Registergericht die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Errichtung erleichtern.[76]
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Der Gründungsbericht muss alle für die Entstehung der Gesellschaft wesentlichen Umstände enthalten (z.B. die Höhe des Grundkapitals und der jeweiligen Einlagen, das Datum der Feststellung der Satzung, die Verteilung der Ämter etc.). Im Kern handelt es sich bei dem allgemeinen Teil des Gründungsberichts (§ 32 Abs. 1 AktG) um eine prägnante Zusammenfassung der wesentlichen Angaben des Gründungsprotokolls. Für qualifizierte Gründungen, insbesondere für Sachgründungen, verlangt § 32 Abs. 2 AktG z.T. umfangreiche Zusatzangaben (vgl. hierzu unten Rn. 62). Darüber hinaus ist nach § 32 Abs. 3 AktG bei sämtlichen Gründungen im Gründungsbericht – es ggf. durch Fehlanzeige – anzugeben, ob und in welchem Umfang ein Gründer für Rechnung eines Verwaltungsmitglieds Aktien übernommen hat („Strohmann“) und ob und in welcher Weise sich ein Verwaltungsmitglied einen besonderen Vorteil oder für die Gründung der Gesellschaft oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung (auch solche von dritten Personen) ausbedungen hat. Dieses Erfordernis bezweckt, Interessenkollisionen im Rahmen der Gründungsprüfung aufzudecken und zu beurteilen, ob und inwieweit die Gesellschaft von Organmitgliedern beherrscht wird.[77] Eventuell über die Amtsführung hinausgehende Interessen der Verwaltungsmitglieder an der Gründung der Gesellschaft sollen auf diese Weise offengelegt und die Notwendigkeit einer Prüfung durch besondere Gründungsprüfer nach § 33 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 3 AktG erkennbar gemacht werden.[78] Nach der überwiegenden Auffassung sind sowohl im Fall des § 32 Abs. 2 AktG als auch in demjenigen des Abs. 3 die Namen der betroffenen Verwaltungsmitglieder aufzudecken.[79]
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Im Hinblick auf die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit muss der Gründungsbericht von allen Gründern persönlich (ohne die Möglichkeit der rechtsgeschäftlichen Vertretung) unterschrieben werden. Da das Gesetz einen „schriftlichen“ Bericht verlangt, ist die Einhaltung der Schriftform i.S.d. § 126 BGB erforderlich.[80] Jeder Gründer ist seinen Mitgründern gegenüber zur Mitwirkung verpflichtet, da die Gesellschaft bei fehlendem oder offensichtlich fehlerhaftem Gründungsbericht nicht eingetragen werden kann.[81]
2.2 Gründungsprüfung
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Der Gründungsbericht ist die Grundlage für die anschließende Gründungsprüfung. Die Pflicht zur Prüfung der Gründung obliegt gem. § 33 Abs. 1 AktG grundsätzlich den Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats. Unter besonderen Voraussetzungen ist zusätzlich eine Prüfung der Gründung durch externe Gründungsprüfer zu veranlassen. Dies ist dann der Fall, wenn aus gesetzlich vermuteten Gründen die Objektivität der „internen“ Prüfung zweifelhaft ist (§ 33 Abs. 2 AktG).
2.2.1 Interne Prüfung
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Die interne Prüfung des Hergangs der Gründung durch die Mitglieder der Verwaltung ist in jedem Falle erforderlich. Die gesetzliche Zielsetzung ist dieselbe wie beim Gründungsbericht. Es soll die Gründung von Gesellschaften verhindert werden, die nicht die im Interesse der künftigen Gläubiger und der Aktionäre notwendigen Sicherungen erfüllen.[82] Der gebotene Umfang der Gründungsprüfung wird durch § 34 Abs. 1 AktG konkretisiert. Allerdings stellen die dort genannten besonderen Prüfungsgegenstände keine abschließende Regelung dar, sondern nur eine gesonderte Hervorhebung besonderer und in jedem Falle ausdrücklich zu behandelnder Prüfungsgegenstände („namentlich“).[83] Prüfungsrelevant sind daher alle Umstände, die für die gegenwärtigen und künftigen Aktionäre und Gläubiger der Gesellschaft erheblich sein können, sowie alle Vorgänge, auf die sich die registergerichtliche Prüfung nach § 38 AktG erstreckt.[84] Nicht hingegen hat sich die Prüfung auf unternehmerische Fragen zu beziehen, wie zum Beispiel die Zweckmäßigkeit der gewählten Unternehmensform, die Qualifikation der Verwaltungsmitglieder der Gesellschaft, das Vorhandensein einer ausreichenden Kapitaldeckung sowie die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten.[85]
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Ausgangspunkt und zentrale Grundlage für die Prüfung ist der Gründungsbericht. Daneben sind der Prüfung aber auch alle sonstigen prüfungsrelevanten Informationen und Unterlagen zugrunde zu legen und ggf. von den Gründern anzufordern. Dies gilt vor allem für die Gründungsurkunde, die Niederschrift über die konstituierende Sitzung des Aufsichtsrats und die Bankbestätigung gem. § 37 Abs. 1 AktG über die geleisteten Einlagen.[86] Die von § 34 Abs. 1 AktG besonders hervorgehobenen Prüfungsgegenstände betreffen Aspekte, die für künftige Gläubiger und Aktionäre von besonderem Interesse sind, nämlich die Kapitalgrundlagen der Gesellschaft und typische Gefahrenlagen, insbesondere bei qualifizierten Gründungen.[87]
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