Название: Unternehmensnachfolge
Автор: Manzur Esskandari
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811440234
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k) Beseitigung der Vor- und Nacherbfolge
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Hat der Erblasser eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet, stellt sich oft die Frage, ob der Unternehmensnachfolger diese im Zusammenwirken mit dem Nacherben nachträglich noch beseitigen kann:
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Mit Eintritt des Erbfalls erlangt der Nacherbe ein Nacherbenanwartschaftsrecht. Dieses ist grds. abtretbar und vererblich ist.[229] Die Übertragung des Anwartschaftsrechts muss in analoger Anwendung des § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB notariell beurkundet werden.[230] Der Nacherbe kann sein Anwartschaftsrecht dabei auch auf den Vorerben übertragen. Mit Übertragung geht das Anwartschaftsrecht durch Konfusion unter und der Vorerbe wird unbeschränkter Vollerbe. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass auch alle (ausdrücklich oder stillschweigend, § 2069 BGB) bestimmten Ersatznacherben zustimmen.[231] Für noch nicht vorhandene Ersatznacherben müsste hierzu ein Pfleger bestellt, § 1913 BGB, und die Genehmigung des Betreuungsgerichts eingeholt werden[232] – ein in der Praxis kaum gangbarer Weg. Der Erblasser kann dieses meist nicht gewünschte Ergebnis vermeiden, indem er anordnet, dass eine etwa angeordnete Ersatznacherbfolge dadurch auflösend bedingt ist, dass der Nacherbe seine Anwartschaft auf den Vorerben überträgt.
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Formulierungsbeispiel:
Die Nacherbenanwartschaftsrechte sind nur an den Vorerben veräußerlich, im Übrigen jedoch unvererblich und unveräußerlich. Eine ausdrücklich oder stillschweigend angeordnete Ersatznacherbfolge ist für den Fall auflösend bedingt, dass die Nacherbenanwartschaftsrechte auf den Vorerben übertragen werden.
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Eine an sich nach § 2113 BGB unzulässige Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand (z.B. das ererbte Unternehmen) an einen Dritten ist wirksam, wenn alle Nacherben zustimmen. Die Zustimmung der Ersatznacherben ist nicht erforderlich, auch nicht bei unentgeltlichen Verfügungen.[233] Wenn aber schon die Verfügung an einen Dritten ohne Mitwirkung der Ersatznacherben wirksam erfolgen kann, muss dies sinnigerweise erst Recht für eine Übertragung an den Vorerben selbst gelten.[234] Die Zustimmung muss die für die Übertragung des jeweiligen Wirtschaftsguts notwendige Form einhalten. Bei Betriebsgrundstücken etwa muss der Nacherbe das Grundstück auf den Vorerben (in notariell beurkundeter Form) auflassen, obwohl der Vorerbe bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.[235] Der BGH und das BayObLG halten auch eine Erbauseinandersetzung zwischen Vor- und Nacherben für wirksam, ohne dass es einer Zustimmung der Ersatznacherben bedürfte.[236] Dogmatisch sauberer erscheint es, dem Nacherben eine echte Freigabemöglichkeit entsprechend § 2217 BGB zuzusprechen.[237] Die Freigabe ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vorerben, die sachenrechtliche als Verfügung zu qualifizieren ist.
a) Bedeutung der Teilungsanordnung für die Unternehmensnachfolge
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Der Erblasser kann gemäß § 2048 BGB Anordnungen für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft treffen (Teilungsanordnungen) und bestimmte Nachlassgegenstände einzelnen Miterben zuweisen. Die Teilungsanordnung wirkt nicht dinglich. Vielmehr sind die Miterben lediglich schuldrechtlich verpflichtet, sich nach Maßgabe der Teilungsanordnung auseinanderzusetzen. Wegen dieser nur schuldrechtlichen Wirkung können sich die Erben einverständlich über eine Teilungsanordnung hinwegsetzen. Wenn sich die Miterben entsprechend der Teilungsanordnung auseinandersetzen, werden die zugewiesenen Gegenstände den jeweiligen Miterben wertmäßig auf ihren Erbteil angerechnet. Dies führt dazu, dass ein mittels Teilungsanordnung zugewiesenes Unternehmen bewertet werden muss, um den auf die Erbquote anzurechnenden Betrag zu ermitteln. Miterben, die eine überquotale Zuweisung von Nachlassgegenständen erhalten, müssen diesen Mehrwert ausgleichen, sofern der Erblasser nicht hinsichtlich des Mehrwerts ein Vorausvermächtnis angeordnet hat, § 2150 BGB.
b) Teilung durch einen Dritten
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Gemäß § 2048 S. 2 BGB kann der Erblasser abweichend von § 2065 Abs. 2 BGB bestimmen, dass ein Dritter die Teilung des Nachlasses nach billigem Ermessen vornehmen soll. Dritter kann jede Person, etwa ein Miterbe oder Testamentsvollstrecker sein. Der Dritte kann allerdings nur einen (nicht dinglich wirkenden) Teilungsplan aufstellen, über den sich die Miterben einverständlich hinwegsetzen können. Ist der Dritte hingegen zugleich Testamentsvollstrecker, so kann er den Teilungsplan selbst dinglich vollziehen.[238] Der Testamentsvollstrecker kann sich in Einverständnis mit den Erben über Anordnungen des Erblassers hinwegsetzen und eine andere Teilung vornehmen. Möchte der Erblasser eine bestimmte Aufteilung des Nachlasses sicherstellen, kann er die jeweilige Erbeinsetzung unter die auflösende Bedingung des Nichtvollzugs der Teilungsanordnung stellen und für diesen Fall einen Ersatzerben bestimmen.[239] Dies führt allerdings zu einer konstruktiven Vor- und Nacherbfolge (vgl. Rn. 70).
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Formulierungsbeispiel:
Ich setze meine Tochter … und meinen Sohn … zu gleichen Teilen nach Stämmen gemäß gesetzlicher Erbfolge zu meinen Erben ein. Betreffend die Auseinandersetzung meines Nachlasses ordne ich mittels Teilungsanordnung folgendes an: Das von mir betriebene einzelkaufmännische Unternehmen … mit dem Sitz in …, vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts …, soll mit allen Aktiva und Passiva im Zeitpunkt meines Ablebens entweder mein Sohn … oder meine Tochter … bzw. ersatzweise einer meiner Abkömmlinge erhalten. Für den übrigen Nachlass gelten die gesetzlichen Regelungen. Klargestellt wird, dass, soweit ein Erbe durch Erfüllung vorstehender Anordnungen mehr erhält, als seinem Erbteil entspricht, ein Ausgleich zu erfolgen hat (Alt.: Sollte ein Erbe durch Erfüllung vorstehender Anordnungen mehr erhalten, als seinem Erbteil entspricht, so ist ihm der übersteigende Teil als Vorausvermächtnis zugewandt). Die Erfüllung der Teilungsanordnung erfolgt durch den Testamentsvollstrecker. Der Testamentsvollstrecker soll nach billigem Ermessen das Kind/den Abkömmling auswählen, das ihm für die Unternehmensfortführung am geeignetsten erscheint.
c) Frankfurter Testament
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Mit dem Tod des Unternehmens-Erblassers entsteht bei mehreren Erben kraft Gesetzes eine Mitunternehmerschaft in Bezug auf das Betriebsvermögen, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Jede Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen stellt folglich eine mitunternehmerische Auseinandersetzung dar (vgl. hierzu ausführlich Rn. 1072 ff.). Dies gilt auch dann, wenn der Erblasser sein Betriebsvermögen mittels Teilungsanordnung einem bestimmten Miterben zugewiesen hat.[240] Eine unmittelbare wirtschaftliche Zuordnung des Unternehmens an den Unternehmensnachfolger ohne Entstehen einer Mitunternehmerschaft findet auch bei einer Teilungsanordnung nicht statt.[241] Damit drohen einkommensteuerliche Risiken: Erhält der Erbe, dem das Unternehmen kraft Teilungsanordnung zugewiesen wird, mehr als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und leistet er hierfür einen Ausgleich (sog. „Realteilung mit Spitzenausgleich“), so führt die Ausgleichszahlung beim Unternehmensnachfolger zu Anschaffungskosten und beim Empfänger zu einem Veräußerungserlös. СКАЧАТЬ