Название: Unternehmensnachfolge
Автор: Manzur Esskandari
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811440234
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c) Bestimmung des Unternehmensnachfolgers durch den Vorerben
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Im Bereich der Unternehmensnachfolge von besonderem Interesse ist, inwieweit der Vorerbe den endgültigen Unternehmensnachfolger als Nacherben bestimmen kann. Der Vorerbe darf sicherlich nicht frei entscheiden, wer bzw. zu welcher Quote Nacherbe und damit Unternehmensnachfolger wird. Einer solchen Verfügung steht der Höchstpersönlichkeitsgrundsatz nach § 2065 Abs. 2 BGB entgegen.[190] Folge eines solch unwirksamen Bestimmungsrechts wäre, dass entsprechend § 2104 BGB die gesetzlichen Erben des Erblassers Nacherben würden. Teilweise wird vertreten, dass eine Klausel zulässig sei, wonach diejenigen Personen als Nacherben berufen sind, die der Vorerbe zu seinen eigenen Erben bestimmt hat (sog. „Dieterle Klausel“).[191] Die Zulässigkeit einer solchen Klausel ist allerdings stark umstritten[192] und erfüllt daher nicht das Gebot des sichersten Weges.
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Zulässig ist hingegen eine Klausel, wonach die Nacherben unter der auflösenden Bedingung berufen sind, dass der Vorerbe keine anderweitige eigene letztwillige Verfügung über das der Vorerbschaft unterliegende Vermögen trifft.[193] Der Vorerbe kann also durch einfaches Testament über das der Vorerbschaft unterliegende Vermögen erreichen, dass er mit Rückwirkung zum Zeitpunkt des Erbfalls zum Vollerben wird. Die anderweitige testamentarische Bestimmung kann der Vorerbe allerdings erst nach Ableben des Erblassers treffen. Der Erblasser kann dabei bestimmen, dass der Vorerbe beliebig anderweitig über die der Vorerbschaft unterliegenden Gegenstände testamentarisch verfügen kann oder nur im Kreis der Nacherben. Bis zum Tod des Vorerben ist der Eintritt der auflösenden Bedingung freilich noch unsicher, da erst zu diesem Zeitpunkt das Vorliegen einer wirksamen letztwilligen Verfügung feststeht. Der Nacherbe hat daher gegen den Vorerben die Auskunfts- und Sicherheitsrechte der §§ 2127 ff. BGB, sofern der Vorerbe von diesen nicht befreit ist, § 2136 BGB. Gleichermaßen bleibt bei Grundstücken der Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen.
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Formulierungsbeispiel:
Die Anordnung der Nacherbfolge steht unter der auflösenden Bedingung, dass der Vorerbe über seinen Nachlass und damit auch über meinen Nachlass (ausschließlich zugunsten der Nacherben oder Ersatznacherben) anderweitig von Todes wegen (z.B. auch durch Vermächtnis) verfügt. In diesem Fall soll der Vorerbe rückwirkend zum Zeitpunkt meines Ablebens Vollerbe gewesen sein. Der Vorerbe soll bei seiner Verfügung über den Nachlass den für die Nachfolge in mein derzeit im Handelsregister des Amtsgerichts … unter HRA … vorgetragenes einzelkaufmännisches Unternehmen Bestgeeigneten (unter den (Ersatz)nacherben) nach freiem Ermessen auswählen.
d) Ordnungsgemäße Verwaltung des Unternehmens durch den Vorerben
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Der Vorerbe ist verpflichtet, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten, andernfalls kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Der Vorerbe haftet dem Nacherben gegenüber jedoch nicht für einzelne operative Entscheidungen, sondern lediglich für ein ordnungsgemäßes Gesamtergebnis der Verwaltung.[194] Er muss daher, soweit möglich, den Marktanteil des Unternehmens halten und notwendige Investitionen vornehmen.[195] Geht der Vorerbe Verpflichtungsgeschäfte ein (z.B. einen Kaufvertrag) und entsprechen diese einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung haften dem Gläubiger neben dem Eigenvermögen des Vorerben auch der Nachlass.[196] Gleichermaßen kann der Erbe für das Unternehmen Kredite aufnehmen, vorausgesetzt, dass Zinsen und Tilgung den Nachlass nicht aufzehren.[197] Der BGH verpflichtet den Vorerben allerdings zur Einschaltung eines Treuhänders sowohl bei der Kreditaufnahme als auch bei Kreditaufgabe, um die ordnungsgemäße Nachlassverwaltung sicherzustellen.[198] Anders als ein Nießbraucher kann der Vorerbe ohne Zustimmung des Nacherben das Unternehmen einstellen, verpachten oder liquidieren, ohne dass die Nacherben mitwirken müssen.[199] Fehlt dem Vorerben die Sachkenntnis zur Führung des Unternehmens, kann der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung sogar die Pflicht begründen, das Unternehmen zu verpachten oder zu liquidieren.[200] Möchte der Erblasser dies verhindern, kann er bestimmen, dass die Vorerbschaft auflösend bedingt durch die Einstellung des Unternehmens ist.
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Formulierungsbeispiel:
Der Vorerbe soll mein Unternehmen bis zu seinem Tod oder der Übergabe an einen der Nacherben fortführen, gegebenenfalls als Verpächter. Für den Fall, dass der Vorerbe den Betrieb einstellt oder liquidiert, tritt mit der Löschung im Handelsregister die Nacherbfolge ein.
e) (Nicht) befreiter Vorerbe im Unternehmensbereich
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Der Vorerbe ist durch die §§ 2113 ff. BGB in seinen Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. § 2119 BGB etwa bestimmt, dass Geld mündelsicher anzulegen ist. Die Vorschrift bezieht sich allerdings nur auf Geld, das nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft dauernd anzulegen ist. Laufende Betriebsmittel, die kurzfristig benötigt werden, fallen nicht hierunter. Nach § 2113 Abs. 1 BGB sind Verfügungen über ein Grundstück bei Eintritt des Erbfalls insoweit unwirksam sind, als sie das Recht des Nacherben beeinträchtigen. Dem Vorerben wird es daher unmöglich sein, an einem Betriebsgrundstück etwa eine Grundschuld zu bestellen. Unwirksam sind schließlich unentgeltliche Verfügungen, § 2113 Abs. 2 BGB. Eine unentgeltliche Verfügung liegt bereits dann vor, wenn Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig sind und dies dem Vorerben bewusst ist.[201] In diesen Fällen ist die gesamte Verfügung (und nicht etwa nur der unentgeltliche Teil) unwirksam.
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Zwar sind Verfügungen i. S. d. § 2113 BGB dem Nacherben gegenüber wirksam, wenn dieser zustimmt. Diese Zustimmung wird der Vorerbe aber bei minderjährigen Nacherben oder gar noch unbekannten Nacherben faktisch nicht erlangen. Zumindest in den Fällen, in denen der Vorerbe nicht nach § 2136 BGB befreit ist, ist die Anordnung einer Nacherbentestamentsvollstreckung gemäß § 2222 BGB also geradezu zwingend. In diesem Fall übt ausschließlich der Testamentsvollstrecker die Rechte des Nacherben aus, die Zustimmung etwa des Familiengerichts ist nicht erforderlich. Der alleinige Vorerbe kann allerdings nicht zum alleinigen Testamentsvollstrecker des Nacherben ernannt werden, weil eine Befreiung des Vorerben über die in § 2136 BGB vorgesehenen Möglichkeiten hinaus grundsätzlich nicht möglich ist.[202] Denkbar ist es hingegen, den alleinigen Vorerben als Mittelstamentsvollstrecker einzusetzen, wenn gewährleistet ist, dass der Wegfall des anderen Testamentsvollstreckers nicht zur Alleinvollstreckung des Vorerben führt.[203]
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Formulierungsbeispiel:
Zu Nacherbentestamentsvollstreckern gemäß § 2222 BGB ernenne ich den Vorerben und …, ersatzweise … Sie führen das Amt gemeinschaftlich.
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Der Erblasser kann den Vorerben von den Beschränkungen der §§ 2113 ff. BGB weitestgehend befreien, § 2136 BGB. Dies gilt jedoch nicht für das Verbot, unentgeltliche Verfügungen zu tätigen, § 2113 Abs. 2 BGB.[204] Möchte der Erblasser dem Vorerben ermöglichen, auch unentgeltlich zu verfügen, kann der Erblasser dem Nacherben mittels Vermächtnis auferlegen, nach Eintritt des Nacherbfalls bestimmten unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben zuzustimmen.[205] Eine generelle vermächtnisweise Zustimmungspflicht des Nacherben zu allen unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben ist jedoch nicht statthaft.[206] Denkbar wäre schließlich, dass der СКАЧАТЬ