Название: Unternehmensnachfolge
Автор: Manzur Esskandari
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811440234
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b) Fortführung der Firma
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Gemäß § 22 HGB kann der Erbe die Firma des Einzelunternehmens fortführen, wenn der bisherige Geschäftsinhaber in die Fortführung der Firma ausdrücklich einwilligt. Ob der Erbe die Firma auch ohne ausdrückliche Einwilligung des Erblassers fortführen darf, ist umstritten.[13] Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, eine ausdrückliche Einwilligungserklärung des Erblassers in sein Testament aufzunehmen. Bei Zuwendung des Handelsgeschäfts mittels Vermächtnis wird teilweise die Ansicht vertreten, dass neben der Zustimmung des Erblassers auch die der Erben notwendig sei.[14] Diese Auffassung lässt sich jedoch nicht mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 22 Abs. 1 HGB vereinbaren („… der bisherige Geschäftsinhaber oder dessen Erben in die Fortführung der Firma ausdrücklich einwilligen) und ist daher abzulehnen.
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Formulierungsbeispiel:
Hiermit setze ich meinen Sohn … zu meinem alleinigen Erben ein.
Ich willige in die Fortführung der Firma meines in Neu-Ulm unter der Firma … e.K. betriebenen einzelkaufmännischen Unternehmens durch den Erben, mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes, ausdrücklich ein.
c) Haftung für Verbindlichkeiten
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Was die Haftung des Erben für Verbindlichkeiten des Einzelunternehmers betrifft, muss unterschieden werden zwischen Alt- und Neuverbindlichkeiten auf der einen Seite sowie zwischen der bürgerlich-rechtlichen und der handelsrechtlichen Haftung auf der anderen Seite.
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Für die im Geschäft vor dem Erbfall begründeten Altverbindlichkeiten haftet der Erbe bürgerlich-rechtlich persönlich unbeschränkt, §§ 1967 Abs. 2, 2058 ff. BGB. Diese Haftung kann der Erbe jedoch grds. auf das ererbte Vermögen durch Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 1975 ff. BGB) oder Erschöpfungs- und Dürftigkeitseinrede (§§ 1900 f. BGB) beschränken.
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Neben der bürgerlich-rechtlichen Haftung für Verbindlichkeiten eines kaufmännischen Einzelunternehmens besteht als lex specialis die handelsrechtliche Haftung des Erben nach § 27 HGB. Danach haftet der Erbe für Altverbindlichkeiten voll und unbeschränkt, sofern er ein zum Nachlass gehörendes Handelsunternehmen unter der bisherigen Firma[15] mit oder ohne Beifügung eines Nachfolgezusatzes fortführt (oder ein besonderer Verpflichtungsgrund nach §§ 27, 25 Abs. 3 BGB besteht). Der Erbe kann seine handelsrechtliche Haftung durch drei Maßnahmen beschränken:
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Er stellt das zunächst fortgeführte Unternehmen innerhalb von drei Monaten seit Kenntnis vom Anfall der Erbschaft ein, § 27 Abs. 2 HGB. Umstritten ist, welche Maßnahmen der Erbe ergreifen muss, um das Unternehmen einzustellen. Nach der überzeugenden, vordringenden Auffassung ist entscheidend, dass der Erbe die Unternehmensträgerschaft aufgibt, d.h. der Erbe selbst das Unternehmen nicht mehr fortführt.[16] Nach dieser Ansicht könnte der Erbe das ererbte Unternehmen also etwa dadurch einstellen, dass er es an einen Dritten veräußert, verpachtet oder in eine von ihm gegründete Handelsgesellschaft, z. B. KG, einbringt. Die wohl noch herrschende Meinung hingegen verlangte, dass das Geschäft selbst eingestellt werden muss, um die Haftungsbeschränkung nach § 27 Abs. 2 HGB zu erreichen.[17] Nicht ausreichend ist nach beiden Ansichten, dass das Unternehmen durch einen Bevollmächtigten fortgeführt wird, wie etwa einen Prokuristen oder einen Testamentsvollstrecker bei der Vollmachtslösung (vgl. Rn. 222).[18] Ausreichend für eine Einstellung ist nach beiden Ansichten hingegen die Herausgabe des Unternehmens an den Nachlassinsolvenzverwalter innerhalb der Frist des § 27 Abs. 2 HGB, den Nachlassverwalter, an den Testamentsvollstrecker im Fall der Treuhandlösung (vgl. Rn. 228) oder an einen Vermächtnisnehmer.[19] Nach der Einstellung darf der Erbe keine neuen Geschäfte abschließen oder Verbindlichkeiten begründen. Unberührt bleiben die Abwicklung der vor der Einstellung begründeten Geschäfte, insbesondere die Erfüllung von Verbindlichkeiten und die Einziehung von Forderungen.
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Der Erbe führt das ererbte Unternehmen mit neu gebildeter Firma fort, §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1, 3 HGB.[20] Dabei muss aber der Firmenkern und nicht nur der Firmenzusatz neu gebildet werden.[21]
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Nach umstrittener Auffassung kann der Erbe schließlich einen Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten im Handelsregister eintragen lassen, §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 2 HGB.[22] Selbst wenn man eine solche Haftungsbeschränkung des Erben zulässt, wird dieser Weg oftmals nicht zu dem gewünschten Ziel führen. Der Erbe muss den Haftungsausschluss nämlich unverzüglich nach Geschäftsübernahme anmelden und bekanntmachen.[23] Sechs bis zehn Wochen nach der Übernahme gelten nach der Rechtsprechung nicht mehr als unverzüglich.[24] In vielen Fällen wird der Erbe jedoch die notwendigen erbrechtlichen Nachweise hinsichtlich der Erbenstellung (Erbschein, Eröffnungsniederschrift, § 12 HGB) nicht so zeitnah beibringen können.
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Formulierungsbeispiel:[25]
… beantragt in das Handelsregister einzutragen, dass der Übergang der im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten bei dem Erwerb des Geschäfts kraft Erbfolge durch … ausgeschlossen ist.
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Für alle nach dem Erbfall neu begründeten Verbindlichkeiten haftet der Erbe des Einzelunternehmers persönlich mit seinem gesamten Vermögen (mehreren Erben analog § 128 HGB).[26] Für den Fall, dass der Erbe seine Haftung handelsrechtlich gemäß § 27 HGB beschränkt, werden davon allerdings auch solche Neuverbindlichkeiten erfasst, die der Erbe bei ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses neu begründet hat (Nachlasserbenschulden gemäß § 1967 Abs. 2 BGB).[27] Voraussetzung dafür ist, dass dem Geschäftspartner die Absicht bekannt oder erkennbar war, dass der Erbe nur mit Wirkung für den Nachlass handeln wollte.[28] Dazu wird im Regelfall genügen, dass der Vertragsabschluss im Namen der bisherigen Firma erfolgt, wenn diese sich vom Namen des Erben unterscheidet.[29]
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Betrieb der Erblasser nach Maßgabe der §§ 1 und 2 HGB ein nichtkaufmännisches Unternehmen, besteht keine handelsrechtliche persönliche Haftung des Unternehmensnachfolgers. Allenfalls können die Erben nach Rechtsscheinsgrundsätzen für Altverbindlichkeiten haften, sofern der Nachfolger das Unternehmen unter gleicher Bezeichnung fortführt.
d) Nachlassverwaltung
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Der Unternehmensnachfolger kann seine bürgerlich-rechtliche Haftung für Verbindlichkeiten des Erblassers durch Nachlassverwaltung auf den Nachlass beschränken, §§ 1975 ff. BGB. Die Nachlassverwaltung kann der Erbe ohne Angabe eines Grundes beantragen, wohingegen ein Gläubiger darlegen muss, dass die Befriedigung seiner Forderung СКАЧАТЬ