Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811455566
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3. Geschützte Rechtsgüter
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Aus der Rechtsgutsbestimmung ergeben sich im Rahmen einer an der systemimmanenten Bedeutung des Rechtsgutsbegriffs orientierten teleologischen Auslegung Konsequenzen im Hinblick auf die aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene restriktive Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale.[413] Geschützte Rechtsgüter sind nach unumstrittener Ansicht zunächst Individualrechtsgüter des Opfers, nämlich Eigentum sowie das Vermögen auf der einen Seite und das Leben, die körperliche Unversehrtheit sowie die Willensentschließungsfreiheit auf der anderen Seite.[414]
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Streitig ist, ob auch die Kollektivrechtsgüter Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer bzw. genauer die Funktionsfähigkeit des Straßenverkehrs geschützt sind.[415] Die h.M. bejaht dies zu Recht.[416] Dafür spricht die systematische Stellung bei den gemeingefährlichen Straftaten des 28. Abschnitts sowie der Wortlaut der Norm („die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt“).[417] Außerdem sind die (sich auch in der systematischen Stellung des § 316a StGB niederschlagenden) Vorstellungen des historischen Gesetzgebers zu berücksichtigen, wonach § 316a StGB „auf der Nahtstelle zwischen den Vermögens- und den Verkehrsdelikten“ liege.[418] Zudem lässt sich die im Vergleich zu Vermögensdelikten sehr hohe Mindeststrafe bei gleichzeitiger Vorverlagerung der Strafbarkeit nur bei der – auch vom Gesetzgeber gewollten – Einbeziehung der Kollektivrechtsgüter legitimieren.[419] Eine Ansicht in der Literatur vertritt demgegenüber, dass ausschließlich der Schutz des Eigentums und des Vermögens intendiert sei.[420] Der Kraftverkehr werde lediglich reflexartig geschützt. Dafür spreche der Umstand, dass eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs nicht notwendig sei. Allerdings zeigt das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 316 StGB, dass es auf eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs nicht ankommen kann. Diese auf Vermögens- und Eigentumsschutz beschränkte Ansicht führt zu einer Strafbarkeitsausweitung, etwa im Hinblick auf Angriffe gegenüber Personen, die sich im Fahrzeuginnern befinden, ohne dass sie ihr Fahrzeug bereits in Bewegung gesetzt haben.[421] Die besseren Gründe sprechen also dafür, mit der h.M. den Schutz des Straßenverkehrs als „tragenden Teil der Unrechtskonzeption“[422] anzusehen.
a) Überblick
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Der objektive Tatbestand des § 316a StGB setzt voraus, dass der Täter einen Angriff auf Leib, Leben oder (Willens-)Entschlussfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt. Subjektiv muss neben Vorsatz die Absicht i.S.e. überschießenden Innentendenz vorliegen, einen (qualifizierten) Raub, (qualifizierten) räuberischen Diebstahl oder eine (qualifizierte) räuberische Erpressung (§§ 249, 250, 252, 255 StGB) zu begehen.
b) Täter
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Täter des § 316a StGB kann jedermann („wer“) sein, sowohl ein Außenstehender als auch der Fahrer gegenüber dem Mitfahrer oder umgekehrt.[423] Wenn der Fahrer der Täter ist, ist aber besonders sorgfältig zu prüfen, ob er die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt.
aa) Angriff
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Angriff[424] ist jede gegen Leib, Leben oder Entschlussfreiheit des Opfers gerichtete feindselige Handlung.[425] Damit genügt die schlichte intentionale Angriffstätigkeit; es ist nicht erforderlich, dass ein Verletzungserfolg eintritt.[426] Maßgeblich ist somit die Finalität des Angriffshandelns.
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Strittig ist aber, ob darüber hinaus eine Einwirkung auf das Opfer erforderlich ist. Die Rspr. fordert beispielsweise bei Angriffen gegen die Entschlussfreiheit eine Einwirkung auf diese,[427] mit der Konsequenz, dass der nötigende Charakter einer gegen die Entschlussfreiheit gerichteten Handlung vom Opfer wahrgenommen werden muss.[428] Eine Einwirkung wird auch von einem Teil der Literatur vorausgesetzt.[429] Die hiermit angestrebte Einschränkung, insbesondere bei Angriffen auf die Entschlussfreiheit, lässt sich sachgerecht auch über das Merkmal des „Verübens“ (Rn. 108) bzw. „Ausnutzens“ erreichen. Nach einer a.A. soll entscheidend sein, ob das Verhalten objektiv geeignet ist, Leib, Leben oder Entschlussfreiheit zu beeinträchtigen.[430] Damit werden – den Tatbestand einschränkend – untaugliche, also von vornherein objektiv ungefährliche Angriffsformen nicht erfasst.[431] Zudem wird dem Täter die Rücktrittsoption möglichst lange offen gehalten. Dagegen wird zu Recht argumentiert, dass der Begriff des Angriffs tätigkeitsbezogen ist und vom Wortlaut auch objektiv ungefährliche Verhaltensweisen einbezogen sind.[432] Eine Restriktion lässt sich aber wiederum über die Merkmale „Verüben“ und „Ausnutzen“ erreichen.[433]
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Der Angriff muss sich nach dem Wortlaut nicht bereits gegen das Eigentum oder Vermögen richten.[434] Er muss deshalb nicht mit der geplanten Raubtat zusammenfallen.[435] Nach zutreffender Ansicht muss der Angriff nicht abgeschlossen sein.[436]
bb) Verüben
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Bei § 316a StGB handelt es sich um kein Erfolgs-, sondern um ein Tätigkeitsdelikt, bei dem die Tatbestandsvollendung mit dem letzten Handlungsakt, dem Verüben eines Angriffs auf die genannten Schutzgüter, zusammenfällt (Rn. 98). Anders als nach § 316a StGB a.F. muss der Angriff nicht „unternommen“, sondern „verübt“ worden sein. Verüben ist das Ausführen des Angriffs, nicht aber das unmittelbare Ansetzen hierzu.[437]
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Die entscheidende Frage ist, zu welchem Zeitpunkt ein Angriff (als intentionaler Handlungsakt) bereits so weit fortgeschritten ist, dass er „verübt“ ist.[438] Nach einer weitgehenden Ansicht reicht jeder Versuch einer Rechtsgutsverletzung bereits für eine Vollendungsstrafbarkeit aus.[439] Nach a.A. liegt das „Verüben“ eines Angriffs nur vor, wenn dieser aus der ex ante-Sicht eines Dritten in der Situation des Täters zu einer Beeinträchtigung von Leben, Leib und Entschlussfreiheit führen kann; von vornherein ungefährliche Verhaltensweisen sollen an dieser Stelle ausscheiden.[440] Damit wird die Verübung auf einen „beendeten tauglichen Versuch“ der geplanten Rechtsgutsverletzung beschränkt und das vorausgehende Angriffsstadium bzw. der untaugliche Versuch dem Versuchsbereich zugeordnet. Diese Ansicht führt zwar zu der an sich wünschenswerten Restriktion, findet aber keine hinreichende Stütze im Wortlaut. Nach der wohl h.L. muss die Tat jedenfalls das Stadium des „beendeten materiellen Versuchs“ erreicht haben, was bedeutet, dass der Kernbereich der Opfersphäre berührt sein muss.[441] Das bedeutet zunächst, dass nach der Vorstellung des Täters keine weiteren СКАЧАТЬ