Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811455566
isbn:
aa) Täterschaft
72
Räuberischer Diebstahl ist kein eigenhändiges Delikt, sodass insbesondere eine mittäterschaftliche Begehung in Betracht kommt.[332] Keine täterschaftliche Begehung liegt nach allgemeinen Regeln wegen des Fehlens eines gemeinsamen Tatentschlusses bei einem Mittäterexzess vor. Gleichwohl kann bei einem Mittäterexzess der sich nicht im Besitz der Sache befindende Täter durch den Einsatz von Nötigungsmitteln zur (vermeintlichen) Besitzerhaltung des räuberischen Diebstahls strafbar machen (Rn. 68). Voraussetzung für eine Qualifikation als Täter ist allerdings, dass der Beteiligte Selbstbesitzerhaltungsabsicht, da diese nicht zugerechnet werden kann (Rn. 68), sowie „verlängerte Zueignungsabsicht“ (Rn. 70 f.) hat.[333]
bb) Teilnahme
73
Anstiftung (§ 26 StGB) oder Beihilfe (§ 27 StGB) ist vor Tatbeginn möglich, wenn die Beteiligten bereits zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich einer Raubmittelanwendung zur Besitzerhaltung dolus eventualis haben.[334] Teilnahme an der Vortat ist nur dann Teilnahme am räuberischen Diebstahl, wenn die Teilnahmehandlung an der Vortat in der Haupttat des § 252 StGB fortwirkt und dies vom Vorsatz des Teilnehmers erfasst ist.[335]
74
Anstiftung zum räuberischen Diebstahl gemäß §§ 252, 26 StGB liegt dann vor, wenn der Tatentschluss zu Diebstahl und anschließender Beuteverteidigung mit Raubmitteln geweckt wird.[336] Im Hinblick auf die einaktige Struktur des räuberischen Diebstahls ist eine Anstiftung zu § 252 StGB auch dann möglich, wenn der Teilnehmer den Täter nicht auch schon zum Diebstahl angestiftet hat.[337] Für eine Beihilfe zu § 252 StGB muss der Gehilfe die (Haupt-)Tat durch Rat oder Tat fördern.[338]
aa) Vollendung
75
Vollendet ist der räuberische Diebstahl als erfolgskupiertes Gefährdungsdelikt bereits mit dem Einsatz der qualifizierten Nötigungsmittel in Besitzerhaltungsabsicht.[339] Die Vollendung hängt nicht davon ab, ob der Täter den Besitz (Gewahrsam) tatsächlich erhalten kann.[340] Da der Tatbestand einen Erfolg i.S.e. erfolgreichen Besitzverteidigung nicht voraussetzt, steht der Verlust der Beute der Vollendung nicht entgegen.[341]
bb) Versuch
76
Der Versuch des Verbrechens des räuberischen Diebstahls ist strafbar (§§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB), liegt aber wegen des Charakters des § 252 StGB als erfolgskupiertes Erfolgsdelikt selten vor. Ein Versuch ist dann gegeben, wenn die Anwendung des Nötigungsmittels im Versuchsstadium stecken bleibt (z.B. weil das Opfer die Drohung nicht versteht).[342] Nach überwiegender Ansicht soll ein Versuch auch dann vorliegen, wenn die Vortat ein (untauglicher) Versuch (etwa bei Wegnahme einer vermeintlich fremden Sache oder bei einer Diebesfalle) war.[343] Dem ist jedoch nur insoweit zuzustimmen, sofern nicht bereits eine Gewahrsamserlangung durch den Täter stattgefunden hat, andernfalls kann bereits ein vollendeter räuberischer Diebstahl vorliegen (Rn. 40).
77
Das unmittelbare Ansetzen beginnt erst mit dem Ansetzen zur qualifizierten Gewalt oder Drohung, nicht bereits mit dem Ansetzen zur Vortat.[344] Dies gilt auch, wenn der Täter bereits bei der Begehung der Vortat (bedingten) Vorsatz hatte, die Beute notfalls mit Raubmitteln zu verteidigen.[345]
78
Rücktritt gemäß § 24 StGB ist nur möglich, solange die Gewalt oder Drohung und damit das erfolgskupierte Gefährdungsdelikt des § 252 StGB nicht vollendet ist. Verzichtet der Täter nach Anwendung der Raubmittel auf die Beute, steht dies einer Bestrafung wegen vollendeten räuberischen Diebstahls nicht entgegen, da § 252 StGB keinen Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue kennt.[346]
c) Rechtsfolgen
79
Nach § 252 StGB ist der Täter „gleich einem Räuber“ zu bestrafen. Dabei handelt es sich nach h.M. um einen Rechtsfolgenverweis,[347] der nicht nur den Grundtatbestand des § 249 StGB einschließlich des minder schweren Falls gemäß § 249 Abs. 2 StGB erfasst, sondern auch die Raubqualifikationen der §§ 250, 251 StGB.[348] Aufgrund des Verweises in den Raubtatbestand handelt es sich auch bei § 252 StGB um ein Verbrechen, das im Grundtatbestand eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht. Allerdings kann auch ein minder schwerer Fall vorliegen (§ 252 StGB i.V.m. §§ 249 Abs. 2, 250 Abs. 3 StGB).
80
Der Begriff des Rechtsfolgenverweises ist jedoch etwas ungenau,[349] da die zusätzlichen tatbestandlichen Voraussetzungen der Qualifikationen selbstverständlich auch vorliegen müssen. Dies hat zur Folge, dass nur dann gemäß § 252 StGB i.V.m. §§ 250, 251 StGB zu bestrafen ist, wenn sich die Qualifikationstatbestände (etwa das Beisichführen oder die Verwendung einer Waffe) auf die Raubmittelanwendung beziehen.[350]Ansonsten bleibt nur Raum für eine Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen qualifizierten Diebstahls (§ 244 StGB).
81
Gegen den Täter kann die Sicherungsverwahrung angeordnet oder deren Anordnung vorbehalten werden (§§ 66 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b, Abs. 2 und 3 S. 1 und 2, 66a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB). Schließlich besteht die Möglichkeit, nach § 256 StGB Führungsaufsicht anzuordnen.
d) Strafverfahrensrecht
82
Die §§ 247 und 248a StGB sind auch auf den räuberischen Diebstahl nicht anwendbar.[351] Hinsichtlich der möglichen Ermittlungsmaßnahmen kann zunächst auf die Ausführungen zu § 249 StGB verwiesen werden (→ BT Bd. 5: Wittig, § 30 Rn. 176), weil die StPO einen Gleichlauf zwischen beiden Delikten vorsieht (vgl. etwa § 100a Abs. 2 Nr. 1 lit. k StPO: Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255 [StGB]). Der Verweis kann sich auch auf die Ausführungen zu den Qualifikationen der §§ 250, 251 StGB erstrecken СКАЧАТЬ