Das Vermächtnis von Holnis. Peter Graf
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Название: Das Vermächtnis von Holnis

Автор: Peter Graf

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783741808388

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СКАЧАТЬ Worte in deutscher Sprache, die ihn aus seiner düsteren Stimmung rissen.

      Auf dem Schiff hatte er sich oft mit seinen Mitfahrern über die Ankunft in Amerika unterhalten und er hatte erfahren, dass es am Hafen zahlreiche Werber gab, die sich auf die Neuankömmlinge stürzten. Diese würden gegen ein Entgelt dabei behilflich sein, eine gute Arbeitsstelle zu finden. Aber er war gewarnt worden. Es gab unter den Werbern wohl auch Betrüger, die gut bezahlte Arbeitsstellen versprachen, die aber den hilflosen Neuamerikanern nur das Geld aus der Tasche ziehen wollten. Schlimmer noch: Es gab wohl auch Vermittler, die behaupteten für ihre Dienste nichts zu fordern und die von den Fabrikbesitzern eine Entlohnung erhielten. Dafür mussten die Arbeitsuchenden dann oft über Monate ohne Lohn unter härtesten Bedingungen wie Sklaven arbeiten.

      Christian war also gewarnt und erhoffte sich, von einem Landsmann uneigennützige Unterstützung zu erfahren. Er drängelte zu der Stelle, wo sich die beiden Männer unterhielten.

      Zuerst nahmen sie ihn nicht zur Kenntnis, aber als Christian erklärte, dass er aus Flensburg käme und gerade erst angekommen wäre, wurde er freundlich begrüßt. Er hatte großes Glück. Es war nichts Besonderes, wie er erfuhr, hier in New York auf Deutsche zu treffen. Diese Männer kamen aber beide aus Rendsburg, also ebenfalls aus Südschleswig, wodurch sofort eine Verbundenheit da war. Als er ihnen erklärte, dass er Schmied sei, versprachen sie ihm, bei der Arbeitssuche behilflich zu sein. Sie vereinbarten, sich am nächsten Morgen zu treffen, und ihm wurde eine bezahlbare Unterkunft genannt.

      Am nächsten Tag tauchte zu Christians großer Erleichterung tatsächlich einer der beiden Männer wie verabredet auf.

      „Wir haben einen Platz für dich gefunden. Du wirst drei Tage mit dem Planwagen nach Westen fahren und dort in Mills Creek, einer kleinen Stadt an einem Fluss, zu einer Fabrik gebracht. Der Vater des Fabrikanten ist vor dreißig Jahren aus Bremen nach Amerika gekommen. Wenn du seinem Sohn diesen Brief gibst, dann sollte er dir eine Anstellung geben.“ Bevor Christian noch irgendwelche Fragen stellen oder sich bedanken konnte, machte ein Fuhrmann auf sich aufmerksam, der ungeduldig auf einen Planwagen wies. Mittags lag Philadelphia hinter ihnen. Christian befand sich erneut auf dem Weg in eine für ihn ungewisse Zukunft, aber er war so zuversichtlich wie schon seit Wochen nicht mehr.

      Christian bemerkte eine leichte Ungeduld bei seinen Zuhörern und verzichtete darauf, über seine Eindrücke während der Planwagenfahrt zu berichten. Ihm war klar, dass der Kaufmann und der Gildemeister mehr an seinen Erfahrungen aus der Fabrik interessiert waren. Also fuhr er mit seiner Schilderung fort.

      Die Fabrik, die am Abend des dritten Tages vor ihm auftauchte, war eine imposante Halle, an die zweihundert Fuß lang und aus Ziegeln und mächtigen Brettern erbaut. Aus ihrem Dach ragten insgesamt acht mächtige Schornsteine, bei denen Christian sofort ahnte, dass sie zu Schmiedefeuern gehörten. Obwohl es schon später Abend war, herrschte hier zu seinem Erstaunen noch jede Menge Betrieb. Der Kutscher, der die ganze Fahrt über kein Wort gesprochen hatte, erklärte ihm nun lang und breit, wo die Fabrikantenvilla zu finden wäre und wo er sich vorstellen sollte.

      Christian brauchte nicht lange zu suchen, denn ihm kam ein Mann mit schwarzem Zylinder und Gehrock entgegen, in dem er den Fabrikbesitzer vermutete. Zu Christians großer Erleichterung sprach der Mann deutsch, wenn auch mit einem eigenartigem Akzent.

      Nachdem Christian sich in aller Höflichkeit vorgestellt und dem Mann den Brief gegeben hatte, wurde er unerwartet freundlich begrüßt. Einer Anstellung schien nichts im Wege zu sein. Er wurde von seinem zukünftigen Arbeitgeber persönlich durch die vollkommen verrußte Halle geführt, in der Dutzende von Männern bei der Hitze von drei riesigen Öfen arbeiteten. Die sicherlich 50 Fuß hohe Halle wurde beherrscht durch eine Anlage, die der Fabrikant ihm voller Stolz als Bessemeranlage aus England vorstellte. Dieser Ofen hatte nichts mehr gemein mit dem Schmiedefeuer, an dem Christian noch vor wenigen Wochen gearbeitet hatte. An zwei Seiten standen aus hitzefesten Ziegeln gemauerte, scheunenhohe Hochöfen, zu deren Öffnungen oben Rampen führten. Über diese wurden auf Schienen mit Koks und Holzkohle beladene Loren über ein Seilsystem nach oben gezogen. Zwischen den beiden Hochöfen stand ein drei Mann hohes birnenförmiges Gebilde mit einem schrägen, offenen Hals aus schwarzem genietetem Stahlblech. Dieser Konverter, so teilte ihm der Fabrikbesitzer mit, diente dazu, das flüssige Roheisen direkt aus den Hochöfen aufzunehmen und durch Luftzufuhr in hochwertigen Stahl zu verwandeln. Und Christian erfuhr, wozu der Stahl benötigt wurde: Hier wurden Feuerwaffen auf dem neuesten Stand der Technik gegossen.

      Christian war von den Eindrücken überwältigt: der Lärm, die Hitze, die Geschäftigkeit der Arbeiter. Aber zwei Dinge überzeugten ihn, hier am richtigen Ort zu sein. Hier würde er Kenntnisse erwerben, von denen er in Flensburg nicht einmal eine Ahnung gehabt hatte. Zudem war sein zukünftiger Dienstherr ein Mensch, der sich offensichtlich nicht in seiner Villa einschloss, sondern der sich in der Werkshalle zurechtfand und sogar mit den Arbeitern wie mit Seinesgleichen sprach. Hier würde er ein freier Mensch sein, dessen Fähigkeiten ungeachtet seiner Herkunft und Vorgeschichte gewürdigt werden würden.

      Die nächsten Tage und Wochen vergingen wie im Fluge. Zwar wurden dem jungen Mann aus Flensburg schwere Tätigkeiten aufgebürdet, wie die Bestückung der Hochöfen mit Eisenerz und Holzkohle, aber Christian hatte sich nie vor mühsamer Arbeit gescheut. Es gab ihm Kraft und erfüllte ihn mit Freude, dass er in dieser Gießerei ganz neue Erkenntnisse über Eisen und seine Verarbeitung gewinnen würde. Ihm wurde erst jetzt bewusst, wie klein und unbedeutend seine Lehrstelle gewesen war, wie unzureichend sein Wissen war und welche Chance ihm diese Arbeitsstelle bot.

      Sein Lohn war eher gering. Dafür war ihm zusammen mit drei anderen jungen Männern, darunter einer mit schwarzer Haut, eine gemütliche Unterkunft in einer Holzhütte am Gelände zur freien Verfügung zugewiesen worden. Die Arbeiter wurden mit gutem und nahrhaftem Essen versorgt und Christian war mit einem Satz an Arbeitskleidung aus festem Leder ausgestattet worden. Christian war zufrieden. Sein Heimweh, das er schlimmer als Hunger oder körperliche Schmerzen empfunden hatte, schien durch sein neues Leben geheilt zu sein.

      Nicht nur sein unermüdlicher Arbeitseifer, sondern auch seine Neugierde und Wissbegier lenkten die Aufmerksamkeit des Vorarbeiters auf ihn. Dieser junge Deutsche brauchte nicht angetrieben werden. Seine Aufgaben erledigte er zuverlässig und schnell. Und der Junge machte einen intelligenten Eindruck.

      Im Bessemerofen musste die Eisenschmelze aus dem Hochofen von 1200 auf 1500 Grad durch Sauerstoffzufuhr erhitzt werden, sodass dem Roheisen Kohlenstoff entzogen wurde und hochwertiger Stahl entstand. Dazu waren um den Boden dieses riesigen Eisenkessels ringförmig Luftkanäle angeordnet. Mit Hilfe handgeführter Klappen wurde die Luftmenge sorgsam reguliert, um einen gleichmäßigen Temperaturanstieg zu gewährleisten. An jeder Klappe hatte ein Mann zu stehen, der mehrmals am Tag auf Zuruf gleichzeitig mit den anderen die Luftklappe anzuheben hatte. Schon beim ersten Mal hatte Christian sich gefragt, warum man nicht durch eine einfache Mechanik aus Eisenstangen und Gelenken, die er in ähnlicher Funktion aus Flensburg als Viergelenkkette kannte, die sechs Blechklappen verband und damit fünf Arbeiter von dieser überflüssigen Aufgabe entlastete.

      Er traute sich kaum, seine abends angefertigte Zeichnung dem Vorarbeiter zu zeigen, so banal erschien ihm die Lösung. Jetzt erkannte der Werksleiter, dass ihn sein Eindruck nicht getäuscht hatte: Dieser junge Mann war viel zu schade, um Loren zu füllen oder Kisten zu schleppen.

      Er sollte die Gelegenheit bekommen, seine Fertigkeiten im Umgang mit Metallen unter Beweis zu stellen. Dazu wurde ihm ein neuer Arbeitsplatz in einer zweiten kleineren Halle zugewiesen, wo die in Form gegossenen Stähle weiterverarbeitet wurden. Und nicht nur das: Christian wurde einem Ingenieur namens Gatling an die Seite gestellt, der Deutsch sprach und den jungen Deutschen unterweisen sollte.

      Schon bei seiner Ankunft in Philadelphia hatte Christian zunächst mit Erschrecken, dann mit Verwunderung festgestellt, dass Waffen zum Alltagsbild in Amerika gehörten. Hier СКАЧАТЬ