Die Toten am Kleistgrab. Harro Pischon
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Название: Die Toten am Kleistgrab

Автор: Harro Pischon

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783737502290

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      „Frau Kommissarin, ich begrüße Sie und bedaure den Anlass zutiefst. Die Anrede ist korrekt?“

      „Nicht ganz, aber das geht schon in Ordnung“, lenkte Beate ab. „Erzählen Sie mir etwas von Herrn Dehmel. Womit hat er sich beschäftigt, was war seine Rolle hier in der Kleistgesellschaft?“

      „Wie Sie sicher schon herausgefunden haben, Frau äh, Hauptkommissarin? - , war er mein Stellvertreter und gehörte zum engeren Kreis des Vorstands.“

      Beate nahm den Ablenkungsversuch des Herrn von Bramstedt zur Kenntnis und ermahnte sich, nicht darauf einzugehen.

      „Die Tätigkeit in einer Gesellschaft wie der unseren bietet nicht sehr viel Nahrung für Eitelkeit und Konkurrenzgebaren. Wir ernten keine Lorbeeren für unseren Dienst an Kleist. Insofern sind wir alle gleichberechtigte Diener und Beförderer einer Sache.“

      „Und was hat Herr Dehmel befördert?“

      Der Vorsitzende hob die buschigen grauen Augenbrauen.

      „Herr Dehmel hat sich besonders um die Dramen Kleists bemüht, das war sein Forschungsschwerpunkt.“

      „Hat er in der letzten Zeit an etwas Besonderem gearbeitet oder eine bestimmte Publikation vorbereitet?“

      „In der Tat, Frau Kommissarin. Ich weiß nicht, inwieweit Sie über die dramatischen Arbeiten Kleists....“

      „Gehen Sie am besten vom Stand der Unschuld aus“, versuchte Beate zu scherzen.

      „Also noch Jungfrau, was Kleist angeht“, setzte Bramstedt noch eins drauf und fand seinen Witz überaus köstlich. „Dehmel kümmerte sich in letzter Zeit vor allem um eine Tragödie, die nur als Fragment überliefert ist: „Robert Guiskard“.

      „Und wer war das?“

      „Robert Guiskard war der Herzog der Normannen, die ja am Anfang des zweiten Jahrtausends in Sizilien herrschten. Er wollte Konstantinopel erobern und belagerte die Stadt.“

      „Eine Tragödie geht immer schlecht aus...“

      „Ja, ja, am Schluss liegen alle tot auf der Bühne“, lachte der Vorsitzende. „Aber da das Ende nicht erhalten ist, wissen wir nicht, ob er auch an der Pest starb, die im Lager der Normannen grassierte.“

      „Und weshalb blieb der Text Fragment?“

      „Nun, das ist eine komplizierte Geschichte. Kleist selbst hat jedenfalls erklärt, er habe das Manuskript verbrannt und hat später nur einige Szenen in einer Zeitschrift veröffentlicht.“

      „Einen Zusammenhang mit der Inszenierung am Kleistgrab sehen Sie nicht?“

      Von Bramstedt sah Beate verwundert an.

      „Das ist eine ganz andere Geschichte, das Ende mit Henriette Vogel. Nein, ich sehe zu seiner Arbeit keinen Zusammenhang. Und offen gestanden kenne ich auch die Frau nicht, die bei ihm gefunden wurde. Wie hieß sie noch gleich?“

      „Czerny, Katharina Czerny.“

      „Ja, doch, gewiss, die Schauspielerin von gegenüber. Ich habe sie als Käthchen leider nicht gesehen. Tja, es sieht ja alles nach einer Eifersuchtsgeschichte aus, nicht wahr?“

      „Oder es soll so aussehen.“

      „Frau Hauptkommissarin, Sie erstaunen mich. Aber so hinterhältig müssen Kriminalbeamte wohl denken. Sie wollen sich also mit dem Eifersuchtsmotiv nicht zufriedengeben?“

      „Es ist ein nahe liegendes Motiv, aber nicht das einzige oder wichtigste. Deshalb ermitteln wir ja.“

      „Sehr gut, sehr gut, ich bin beeindruckt. Nun, Frau Hauptkommissarin, kann ich Ihnen noch irgendwie behilflich sein?“

      „Ich würde gerne einen Eindruck von den Räumlichkeiten der Kleistgesellschaft gewinnen und vor allem vom Zimmer oder vom Schreibtisch des Herrn Dehmel.“

      „Oh, da muss ich Sie enttäuschen. Dehmel hat zwar eine kleine Präsenzbibliothek bei uns, aber geschrieben hat er nur auf seinem Notebook. Und das hat er immer mit nach Hause genommen. Aber ich zeige Ihnen gern die Bibliothek, vielleicht treffen Sie ja noch einige Mitglieder. Ich glaube, Herr Wolters müsste noch da sein, der kannte Dehmel wohl am besten.“

      Sie gingen eine Etage hinunter, durch einen Saal, in dem etwa sechzig Plätze für kleinere Veranstaltungen waren, in die Bibliothek. Als von Bramstedt die Tür öffnete, schlüpfte ein etwa 40-jähriger Mann hastig in sein Jackett, als hätte er die beiden kommen hören, und signalisierte Aufbruch.

      „Herr Wolters, haben Sie einen Augenblick, hier ist Frau....“

      „Tut mir leid, ich habe einen Termin in der Universität, ich muss jetzt gleich....“

      Beate versuchte zu lächeln: „Herr Wolters, nur zwei Minuten fürs erste. Können Sie mir etwas sagen über die letzten Arbeiten von Herrn Dehmel? Wenn es länger dauert, mache ich gerne einen Termin mit Ihnen.“

      Thorsten Wolters atmete scharf ein und runzelte die Stirn. „Nein, nein, das muss nicht dauern. Ich kann Ihnen gar nichts sagen. Richard hat über „Guiskard“ mit niemandem geredet. Ich weiß, dass er daran gearbeitet hat, mehr auch nicht.“

      „Und privat kannten Sie ihn auch nicht genauer?“, versuchte es Beate.

      „Nein, tut mir leid, wir hatten privat nichts miteinander zu tun. Sie entschuldigen mich jetzt.“ Eilig verließ Wolters den Raum.

      „Tja, weg ist er“, kommentierte von Bramstedt, „ich habe noch einige Telefonate zu erledigen. Vielleicht wollen Sie sich noch umsehen. Da drüben sitzt auch Herr Beauchamps, wenn Sie mit jemand reden möchten.“

      Der Vorsitzende verabschiedete sich und ließ Beate alleine.

      In der Bibliothek standen einige Tische, aber auch bequeme Sessel. In einem saß ein fünfzigjähriger, schlanker Mann mit randloser Brille. Er trug Jeans und ein weißes Baumwollhemd mit hochgekrempelten Armen. Am Hals trug er eine hellbraune Halskrause. Neben ihm lehnten zwei Krücken. Er hatte die Szene beobachtet und lächelte amüsiert. Beate fand ihn sympathisch. Sie ging auf ihn zu.

      „Guten Tag, ich bin Beate Lehndorf.“

      „Von der Mordkommission. Danke.“

      „Wofür danke?“

      „Dass Sie mir Ihren Namen verraten. Sie hätten ja auch amtlich bleiben können: 'Hauptkommissarin Lehndorrf vom Landeskrriminalamt und werrr sind Sie?'“, schnarrte der Mann satirisch.

      „Und wer sind Sie?“, gab Beate zurück und dachte, dass dies heute der erste Mann sei, der Humor hatte.

      „René Beauchamps“, sagte der Mann, „und bevor Sie sich wundern, ich bin kein Franzose, sondern ein Spross Berliner Hugenotten.“

      Beate blickte zu den Krücken und wunderte sich über ihre Direktheit: „Und die hier? Krankheit oder Unfall?“

      „Verkehrsunfall, ein betrunkener Autofahrer hat mich vor zwei Monaten gerammt. Neues Hüftgelenk, Beine gebrochen, Schleudertrauma. СКАЧАТЬ