Centratur I. Horst Neisser
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Название: Centratur I

Автор: Horst Neisser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783741883101

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СКАЧАТЬ frisch aufgeworfene Erde und war schon nach wenigen Schritten schweißnass und außer Atem. Immer wieder rutschte er auf dem staubigen, trockenen Boden aus, taumelte, fing sich wieder und rannte weiter. Seine Angst legte sich bleiern auf seine Glieder und hemmte seinen Lauf.

      Ramram war noch nicht weit gekommen, als er plötzlich zusammenbrach. Fünf schwarze Pfeile hatten seine Brust und seinen Rücken durchbohrt. Das letzte, was er sah, war ein Berg, der sich vor ihm auftürmte. Er lag in einer Furche, die er selbst geschaffen hatte.

      Die schwarzen Gestalten, die ihn getötet hatten, kümmerten sich nicht um den Bauern. Sie ließen ihn dort liegen, wo er zusammengebrochen war, und würdigten ihn keines weiteren Blickes. Irgendein Bauer war gestorben, jemand, nach dem kein Hahn krähen würde. Die Welt würde dadurch nicht verändert werden. Wer würde an so einen unbedeutenden Vorfall einen Gedanken verschwenden! Sie zogen vorüber, schweigend und grausam. Man hatte sie geschickt. Sie waren Teil eines großen Planes. Sie wussten, dass sie die Welt verändern würden, und sie waren stolz darauf.

      Eine kleine Gestalt, tief verborgen im Dickicht des Waldes, hatte das grausame Geschehen aufmerksam verfolgt. Als die wilde Horde weitergezogen war, trat sie aus ihrem Versteck hervor und ging zu dem zusammengebrochenen Bauern. Zart schloss sie ihm die Augen. Ramram bekam ein Grab unter einer großen Buche.

      Nachdenklich sah der Beobachter schließlich auf die tönerne Flasche. Die schwarzen Gestalten hatten sie mit ihren schweren Stiefeln zerbrochen. Dann hatte er einen Entschluss gefasst. Centratur brauchte dringend Hilfe, und er wollte sie holen.

      Im Heimland

      Ein wunderschöner Sommer, dem sich ein kurzer Herbst angeschlossen hatte, war vergangen, und nun stand der Winter vor der Tür. Die Bauern hatten eine reiche Ernte eingefahren. Die schweren Ähren des goldgelben Getreides lagen in den Scheuern und warteten darauf gedroschen zu werden. Abgeerntet waren auch die Äste der Apfel- und Birnbäume, die sich unter der Last der Früchte bis zum Boden gebeugt hatten und gestützt werden mussten. Die Beeren in Wald und Feld waren gezupft und eingemacht, der weiße Kohl in großen Fässern gestampft. Kammern, Keller und Scheuern waren bis zum Bersten gefüllt. Sogar das Bier schmeckte ausgezeichnet.

      Die Zeit des Großen Krieges war seit einem halben Jahrhundert vorbei und die Leute im Heimland mit der Entwicklung zufrieden. Sie nannten sich Erits und waren Menschen von geringer Körpergröße. Die wenigsten der großen Leute hatten je einen Erit getroffen, und man interessierte sich auch nicht für sie. In der Welt galten sie als scheu und feige. Konnte man von kleinen Leuten überhaupt Mut verlangen? Aber wenn vom Großen Krieg erzählt wurde, gab es einige Alte, die behaupteten, den endgültigen Sieg habe man der Beherztheit und dem Einsatz von Erits zu verdanken. Dies konnte natürlich nicht stimmen, und man schmunzelte immer wieder über diese seltsamen Legenden.

      Überhaupt war dieser Große Krieg schon so lange her, dass sich nur noch wenige an ihn erinnerten. Er war inzwischen Geschichte geworden und diente als Quelle für Geschichten. Auch Ormor, den dämonischen Führer, der diese Kriege angezettelt hatten, sah man eher als legendäre Sagengestalt denn als eine reale Figur.

      Die Tage wurden nun im Heimland merklich kürzer, und die Erits bereiteten sich auf die kalte Jahreszeit vor.

      Der alte Mog blickte zufrieden auf den großen Stapel Brennholz, den er unter einem kleinen Dach neben seinem Haus, das er Gutruh nannte, aufgestapelt hatte. Mog war Gärtner und hatte es mit seiner Frau Ev zu bescheidenem Wohlstand gebracht. Sie hatten vier Kinder, von denen inzwischen die Älteste, Almira, einem braven Erit ihre Hand gegeben hatte und nach Weststadt gezogen war. Til, der älteste Sohn, war seit zwei Jahren außer Haus. Man hatte ihn nach Nordhausen verdingt, damit er dort das ehrbare Schmiedehandwerk erlerne. Der junge Erit hatte starke Muskeln, und seine Eltern waren stolz auf ihn. Er liebte die Mutter über alles, deshalb war ihm der Abschied vom Elternhaus sehr schwer gefallen. Aber der Vater hatte auf der Abreise bestanden. Er wollte den Sohn von den Rockschößen der Mutter lösen. Der Wind der weiten Welt sollte ihm ein wenig um die Nase wehen. Außerdem galt der Schmied in Nordhausen als der beste im ganzen Heimland. Es war eine Ehre von Meister Schwarzfuß ausgebildet zu werden. Noch immer schrieb Til regelmäßig jede Woche drei Briefe an die Mutter, die jedoch immer kürzer wurden, seit er ein Mädchen namens Kirschlocke kennen gelernt hatte.

      Marc und Pet wohnten noch daheim. Marc war unstet und streifte oft tagelang durchs Heimland, aber Mog mochte seinen Sohn und ließ ihn gewähren.

      Pet, der Jüngste, war in die Fußstapfen seines Vaters getreten und erlernte die Gärtnerei. Er war ein lustiger Bursche, aber häufig krank.

      Der Sommer und die Ernte waren im Heimland gut gewesen. Das konnte man von den Nachrichten, die von außen ins Land kamen, nicht behaupten. Im fernen Whyten war der König gestorben. Überall in Centratur und an den Grenzen war Aufruhr ausgebrochen. Es hieß, längst vergessene Gestalten, die man bereits ins Reich der Fabel verwiesen hatte, seien wieder aufgetaucht. Sogar von Orokòr war die Rede. Noch war im Heimland wenig davon zu merken, und so behandelte man die Gerüchte als spannende, wenn auch etwas gruselige Abwechslung im gleichförmigen Alltag. Aber die Alten, die sich noch an die schlimmen Zeiten des Großen Krieges erinnerten, hoben mahnend ihre Finger.

      Im ‚Hirsch’, der alten Gaststätte an der Mühlendorfer Straße, wurde wie an jedem Abend heiß debattiert. Da schlugen die Gäste mit den Fäusten auf die Tische, dass das Bier überschwappte, und riefen, die Strolche sollten nur kommen, denen werde man es schon zeigen. Man habe keine Angst vor den großen Leuten. Im Heimland gebe es schließlich noch Männer. Andere beklagten sich, dass sich alles zum Schlechten verändere; früher sei alles viel besser gewesen. Nun sei man im Heimland seines Lebens nicht mehr sicher. Dagegen müsse etwas unternommen werden. An allem trüge, sagten Dritte, nur die Fremden Schuld, die man jetzt aller Orten antreffe. Besonders die Flüchtlinge sollten besser schon an der Grenze abgefangen und zurückgeschickt werden. Die Behörden müssten sofort und härter durchgreifen. Furcht vor irgendwelchen Feinden, darin waren sich alle einig, habe man natürlich nicht. Die Eritmänner hätten in aller Welt einen so abschreckenden Ruf, dass sich Schurken nicht über die Grenzen des Heimlands wagen würden.

      Mog saß nachdenklich in der Ecke neben dem Kamin, trank sein Bier und schüttelte hin und wieder unwillig den Kopf über das wirre Gerede. Ihn störten nicht die Widersprüche und auch nicht die Angebereien, aber er wusste aus eigener Erfahrung um die Gefahren, die jenseits der Grenzen lauerten. Dort gab es Wesen, die so mächtig waren, dass es sich diese Zecher nicht einmal vorstellen konnten.

      Zu allem Unglück war das Heimland in diesen unsicheren Zeiten ohne Schutz. Die beiden vom König eingesetzten Herren waren zu den Beerdigungsfeierlichkeiten ins ferne Whyten gezogen. Sie hatten das Heimland ohne Sorgen verlassen, denn es war abgelegen und schien ihnen deshalb sicher. Im Vertrauen darauf hatten sie Vorsorge für unnötig gehalten und niemanden ausdrücklich mit der Verteidigung des Landes beauftragt. So waren die Grenzen unbewacht. Die zurückgebliebenen Soldaten der Grafen, die besten hatten sie mit auf die Reise nach Whyten genommen, waren ohne Führung kaum zu gebrauchen. Die Bürger des Landes blieben auf sich selbst gestellt.

      Mog war froh, dass er handfeste Söhne hatte, auf die er sich verlassen konnte. Zudem gab es noch den alten Schmalried, der in Blumendorf wohnte. Er war ein Freund und hatte das Herz auf dem rechten Fleck. Hin und wieder besuchte ihn dieser auf Gutruh. Dann saßen die beiden in dem kleinen Zimmer mit dem großen Kamin. Sie schauten durch das Fenster in den Garten, der noch immer der schönste im ganzen Heimland war, und erzählten von alten Zeiten. Wenn die Rede auf seine alten Freunde Til und Aramar kam, traten Mog regelmäßig die Tränen in die Augen. Er sehnte sich nach den Gefährten früherer Jahre. Bei Sonnenuntergang holte Mog in der Regel einen Krug Wein aus dem Keller, den sie genüsslich tranken. Spät in der Nacht setzte sich Schmalried СКАЧАТЬ