Die Faehlings - eine Lübecker Familie. Eckhard Lange
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Название: Die Faehlings - eine Lübecker Familie

Автор: Eckhard Lange

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783738082043

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СКАЧАТЬ hatte die Worte des Vaters fast schon wieder vergessen, als sich die Tage dahinzogen, ohne dass Liubice eine Gefahr drohte. Dafür lief er nun so oft wie möglich zum Hafen hinunter. Dem Vater sagte er, er wolle dort auf Neuigkeiten achten, ob man mit einem Angriff rechnen müsste, in Wahrheit aber traf er sich mit Duscha. Endlich hatte er ihren Namen erfahren, und wenn der Vater nicht hinsah, berührte er das Mädchen hier und da am Arm, und jedes Mal wurde ihm heiß. Sie ließ es geschehen, ja es schien ihr zu gefallen.

      Sie trug nun ein langes Kleid, das ein Gürtel unter der Brust zusammenraffte, dazu hatte sie ihr Haar hochgesteckt, damit der gestickte Stirnriemen gut zur Geltung kam, und an der rechten Seite hingen zwei große silberne Schläfenringe, die klingend aneinanderschlugen, wenn sie den Kopf zur Seite neigte. Es waren immer nur wenige Augenblicke, die sie miteinander reden konnten, aber es waren die schönsten des ganzen Tages, und einmal, als der Vater zum Boot hinunterging, hauchte Duscha ihm plötzlich einen Kuß auf die Wange, nur ganz flüchtig, nur ganz kurz, und dann lief sie rasch dem Fischer hinterher, ohne sich noch einmal umzusehen.

      *

      Graf Adolf hatte sich an die Palisadenwand der Siegesburg gelehnt und blickte den drei Reitern nach, die in schnellem Trab den Weg nach Osten einschlugen. Es war ihm schwergefallen, sie mit dieser Antwort ziehen zu lassen, aber ihm blieb keine Wahl. Vor zwei Tagen waren die Sendboten von Fürst Niklot auf der Siegesburg erschienen, und er hatte sie mit allen Ehren empfangen, wie es sich für Verbündete gehört. Doch ihre Botschaft brachte ihn in Gewissensnöte. Sicher, es gab einen Pakt mit dem Obotriten, und der versprach, dem jeweils Angegriffenen mit Waffen zu Hilfe zu eilen. Als der Schauenburger ihn unterzeichnete, da hatte er an die Ranen oder die Luitizen gedacht, die Niklot von Osten her bedrohen konnten. Doch nun stand der Feind des Slawenfürsten im Westen, war sein eigener Lehnsherr, der junge Herzog Heinrich von Sachsen, der ihm die Grafschaft anvertraut und dem er Vasallentreue geschworen hatte. Ein ritterlicher Eid, abgelegt auf die Reliquien des heiligen Blasius im Dom zu Brunswik. Wie könnte er diesen Eid brechen!

      So musste er die Gesandten Niklots abschlägig bescheiden, die feierlich versprochene Hilfe verweigern, und es war ihm bewusst, dass er sich damit den Slawen zum Feind machte. Späher hatten berichtet, dass der Fürst bereits in aller Eile seine Burgen ausbaute und seine Krieger sammelte, denn die Nachricht vom Kreuzzug gegen die Wendenstämme jenseits der Elbe war auch dort längst angekommen. Adolf schätzte den Slawenfürsten, der stets ein gutes Verhältnis mit den Deutschen anstrebte, aber ihn band der Eid. Ihm blieb nur die Hoffnung, Niklot würde sich auf die Verteidigung seiner Burgen beschränken, doch ebenso könnte er versuchen, dem Herzog zuvorzukommen und den Krieg auf dessen Boden zu tragen.

      Der Schauenburger wandte sich mit einem Seufzer um und ging in die Halle zurück, in der er eben die Obotriten verabschiedet hatte. Es war bitter, nichts tun zu können, abwarten zu müssen und dabei das Unheil zu erahnen. Dies war einer jener Augenblicke, wo er mit großem Ernst in die kleine Burgkapelle ging, um göttlichen Beistand zu erflehen.

      *

      Der fünfundzwanzigste Tag des Juni war herbeigekommen, die Bewohner von Liubice hatten sich auf dem Markt versammelt und lauschten den Meßgesängen des Priesters, beugten andächtig das Knie während der Wandlung zum wahren Leib und Blut des Herrn und lauschten dem Martyrologium der beiden zu verehrenden Heiligen. Danach blieb man noch zusammen, lud sich gegenseitig ein, das Fest auch festlich zu begehen, und in den Häusern begann ein fröhliches Schmausen, während die hölzernen Becher immer wieder neu aus den Tonkrügen mit Bier gefüllt wurden. Gelächter wurde laut, man redete durcheinander, hier und da wurde gestritten, an anderen Orten erscholl Gesang aus den geöffneten Fensterläden, und immer wieder stürzten Männer auf die Straße, um sich zu erleichtern und Platz für neues Bier zu schaffen. Die Hitze des Junitages tat das ihrige hinzu, und als sich Nacht über Liubice senkte, schliefen die meisten nicht auf dem eigenen Strohlager, sondern dort, wo der letzte Trunk sie hingestreckt hatte.

      Vogt Reginald war schon bald nach dem Ende der Messe in die Burg zurückgekehrt und hatte dafür gesorgt, dass an die Besatzung auch an diesem Festtag nur das übliche Maß an Bier ausgeteilt wurde. Seine Sorge um die Sicherheit von Burg und Civitas war keineswegs geringer geworden, auch wenn er aus dem Obotritenland keine gefahrverheißenden Nachrichten erhielt. So teilte er wie jeden Abend einige Männer zur nächtlichen Wache hinter der Brustwehr auf den Wällen ein, während die anderen ihre Schlafplätze aufsuchten.

      Es war eine wolkenlose, mondhelle Nacht, auch nach Sonnenuntergang war es nicht merklich kühler geworden, und die Gebete zu den Heiligen hatten bislang nichts bewirkt, der Regen war auch an diesem Tag ausgeblieben. Vorsorglich umrundete der Vogt noch einmal den Wehrgang, aber alle Posten waren wach und am angewiesenen Platz. Da begab auch Reginald sich zur Ruhe.

      Im Osten dämmerte es bereits, die ersten Vögel hatten zaghaften Gesang angestimmt, sonst lag Stille über dem Werder, über den weiten Schilfflächen und dem Fluß, der unterhalb des Walles dem Meer zustrebte. Plötzlich schreckte der Wächter, der dort müde seinen Dienst versah, auf: War da nicht ein Geräusch zu hören? Er lauschte. Es klang, als würden Ruderblätter vorsichtig ins Wasser getaucht. Er spähte über die Brüstung hinweg in die Richtung, wo der Fluß mit leichter Krümmung hinter dem gegenüberliegenden Waldrand verschwand. Und dann sah er das Schiff, das sich langsam flussaufwärts bewegte, er sah die Gewappneten, die zwischen den Ruderknechten zuhauf standen, und er sah, wie dahinter ein Steven nach dem anderen auftauchte. Da rief er laut das Alarmsignal in die Burg und stürzte zum Palas des Vogtes, um Bericht zu erstatten. Die Schlafenden fuhren auf und griffen sich ihre Waffen, um eilig den umlaufenden Wehrgang zu besetzen.

      Reginald hatte das lederne Wams übergestreift, das ihn gegen feindliche Pfeile schützen sollte, schon im Laufen griff er den Helm und stülpte ihn über den Schädel. Er warf nur einen kurzen Blick über die Palisade, dann befahl er zwei Männern, die Pferde zu satteln und in gestrecktem Galopp zur Civitas zu reiten, um mit dem Horn die Bürger zu wecken. Sie sollten bewaffnet zum Hafen eilen, um möglichst eine Landung der feindlichen Truppen zu verhindern, denn nur dort konnten sie nahe genug ans Ufer rudern. Die Männer liefen zu den Ställen, das Burgtor wurde geöffnet, und die Berittenen verließen den schützenden Wall. Einen Augenblick überlegte der Vogt, mit seiner ganzen Mannschaft ebenfalls zum Hafen zu ziehen, doch sie würden wohl zu spät dort eintreffen, und er durfte die gräfliche Burg nicht schutzlos zurücklassen. Die Ritter und Knechte, die hier seinem Befehl unterstanden, reichten im übrigen kaum aus, um den Wall ringsum wirksam zu verteidigen. Die Männer in der Civitas mussten schon selbst sehen, wie sie den Angriff abwehren konnten, und Reginald vertraute auf die Umsicht der Ältermänner, die dort die Führung übernehmen würden.

      Als das Horn ertönte und die lauten Rufe der Boten erklangen, weckte Dietmar Frau und Sohn. Noch ehe er aus dem Haus trat, um Näheres zu erfahren, befahl er Alf, mit Madalene über den Markt hinweg in Richtung Wald zu laufen, der Weg zur Burg schien ihm zu unsicher, wenn die Mannschaft dort bereits die Feinde gesichtet hatte. Alf wäre gern geblieben, doch er gehorchte dem Vater und führte Magdalene über die weite Fläche des Marktes in Richtung Süden. Die junge Frau hatte bereits den schwerfälligen Gang, der sich nach einigen Monaten der Schwangerschaft einstellte, so dass Alf sie am Arm packte, um sie zu stützen. Die beiden eilten durch den Wald, der schon recht gelichtet war und wenig Schutz bot, bis sie an den Rand oberhalb des Kietzes kamen, wo Sträucher und junge Buchen die Sicht hinderten.

      Alf wollte schon trockenes Laub zusammenkehren, damit Magdalene sich dort niederlassen könnte, als sein Blick auf die Hütten dort drüben fiel. Die Männer bereiteten ihr Boote vor, die Frauen holten Wasser vom Fluß, und etliche Kinder hüpften nackt am Ufer herum. Der Klang der Hörner hatte nicht ausgereicht, um auch die Fischersiedlung zu warnen. Und irgendwo da unten war auch Duscha – seine Duscha. Gut, sie waren Wenden wie auch die Angreifer, aber würden die Krieger einen Unterschied machen, wenn der Blutrausch über sie kam? Und gab es nicht stets auch Feindschaft zwischen den slawischen Stämmen? Mit raschem Entschluß packte er Magdalene am Arm: „Dort hinunter, wir müssen sie warnen!“

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