Название: Zwischen meinen Inseln
Автор: Ole R. Börgdahl
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783847621041
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Taiohae, 30. Juni 1911
Im letzten Monat gab es viel zu tun, Erntezeit. Eigentlich ist das ganze Jahr über Erntezeit, doch im Mai und Juni wird das beste Kopra und der gehaltvollste Monoi gemacht. Wir haben Fässer gekauft und sie mit Monoi gefüllt. Ich kann nicht beziffern, welchen Wert alles hat. Aus der Nachbarschaft wurden Pferdekarren geliehen, um die Waren zum Anleger zu bringen. Onoos Vater ist in diesen Tagen ein reicher Mann, aber er hatte auch Auslagen und er ist so vernünftig, einen Teil der Einnahmen für schlechtere Zeiten zurückzulegen. Ich bin vor drei Tagen gleich am Anleger geblieben und habe das Postschiff nach Nuku Hiva genommen. Ich war es meinem Vater schuldig, ihn wieder einmal zu besuchen. Die Welt in Taiohae ist mir beinahe fremd geworden. Taiohae ist wie eine Stadt und ich komme jetzt ja vom Lande, von einem kleinen Gut, wie ich immer zu Onoo sage. Die Elektrizität blendet mich heute Abend, sodass ich wieder bei Kerzenschein in meinem Büchlein schreibe. Ich habe heute lange mit Vater gesprochen. Ich habe ihm von meinen Erlebnissen berichtet und er hat mir seinen Alltag geschildert. Wir haben auch über Tahiti gesprochen. Vater und ich sind jetzt schon so viele Jahre auf den Marquesas. Vater hat mir offen gesagt, dass er etwas verändern will. Er hat es mir so gesagt, als wenn es mich nicht betreffen würde und doch, wenn Vater tatsächlich nach Tahiti geht, so trennt mich mehr von ihm als eine kurze Reise mit dem Postschiff, ein ganzer Ozean liegt dann zwischen uns. Es dauert immerhin gut sechs Tage von Taiohae bis nach Papeete. Aber vielleicht ist es auch von Vorteil, wenn Vater schon auf Tahiti ist, wo ich doch Onoo dazu bewegen möchte dort ebenfalls sein Glück zu versuchen. Vater könnte uns Kontakte verschaffen und wir könnten bei ihm wohnen. Sicherlich sind meine Gedanken verfrüht, Onoo ist noch nicht reif für meine Pläne genauso wenig wie ich selbst. Es ist aber dennoch von Vorteil, Vater auf Tahiti zu wissen, auch wenn es schmerzt.
Ua Huka, 11. Juli 1911
Die Ropaatis hatten Besuch. Ein ganzer Klan hat sich auf unserem Gut eingefunden. Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen und zahlreiche Kinder. Ich habe lange über den Anlass nachgedacht und den wahren Grund noch immer nicht erfahren, selbst Onoo hat mir keine schlüssige Erklärung gegeben. Mir ist nur aufgefallen, dass ich des Öfteren im Mittelpunkt dieser Gesellschaft stand. Ich habe natürlich bei der Bewirtung geholfen, Mutter Ropaati hat mich sogar direkt dazu aufgefordert, was sie sonst nicht tut. Es war mir eine Freude. Am Abend haben sich die Männer zurückgezogen und sich beraten. Ich weiß nicht, worum es ging, denn diese Zusammenkünfte bin ich sonst in der Familie nicht gewohnt. Frauen und Männer sitzen am Abend stets beieinander. Neben der Männerrunde gab es auch eine Frauengesellschaft. Hier hatte ich wieder das Gefühl, im Mittelpunkt zu stehen.
Ua Huka, 28. Juli 1911
Onoo hat mir heute ein Stück Land geschenkt. Ich weiß nicht, ob es ein Spaß von ihm war. Wir sind hinauf zu den Vanille-Feldern gegangen. Er hat das Feld halbiert und mir erklärt, dass der Teil zum Meer hin mir gehören würde. Wir sind mein Feld dann abgeschritten. Onoo sagte mir auch, dass ich bestimmen könne, was in Zukunft hier angebaut werden soll. Ich habe mich dann auf Vanille festgelegt. Es soll alles so bleiben, weil es mir so gut gefällt und weil ich mit Onoo so gerne zwischen den Vanille-Pflanzen liege und den Himmel beobachte. Als wir später wieder auf dem Gutshof waren, wusste Onoos Vater bereits von dem Geschenk. Er nahm mich in den Arm und gratulierte mir. Er sprach davon, dass die Schenkung im Buch der Alten vermerkt sei. Ich habe dieses Buch noch nie gesehen und glaube auch, dass Onoos Vater es eher symbolisch gemeint hat, genauso wie auch dieses Land mir nur symbolisch geschenkt wurde. Es hat mich aber trotzdem sehr stolz gemacht.
Ua Huka, 8. August 1911
Endlich habe ich begriffen. Endlich weiß ich, was vorgeht. Ich bin ganz hin und her gerissen, ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Morgen reise ich erst einmal zu meinem Vater und werde mich ihm anvertrauen. Onoo will mich heiraten, oder besser gesagt, seine Familie will eine Heirat. Für Onoos Vater scheint es ganz selbstverständlich zu sein. Natürlich heiraten wir nicht sofort, wir sollen uns zunächst verloben, wenn das der richtige Ausdruck ist und wenn es auf den Marquesas überhaupt eine Ehe und Eheleute gibt. Auf jeden Fall ist eine Verbindung zwischen mir und Onoo abgemachte Sache. Ich wurde der Verwandtschaft ja bereits vorgestellt und habe wohl einen guten Eindruck hinterlassen. Natürlich ehrt es mich, dass die Ropaatis ihren ältesten Sohn mit einer Französin verheiraten wollen, nur was kommt dann? Ich will eines Tages mit Onoo nach Tahiti gehen oder noch weiter fort. Jetzt denke ich aber, dass der Hoferbe niemals fortgelassen wird, und schon gar nicht, wenn er eine Frau hat. Ich habe mit Vanessa gesprochen. Sie ist zwar noch ein Kind, aber sie war ganz begeistert, sie will mir nacheifern und ist unheimlich stolz, dass ich bald ihre Schwägerin bin. Es ist beschlossene Sache, nur ich weiß nicht, was eine solche Verbindung zwischen Onoo und mir bedeutet.
Taiohae, 10. August 1911
Ich habe mich mit Vater ausgesprochen. Er hat mir erst jetzt die ganze Wahrheit gesagt. Meine Beziehung zu Onoo wird von ihm zwar toleriert und respektiert, aber nicht von den Behörden. Es hat sich herumgesprochen, dass ich mit Onoo zusammen bin. Die Kirche hat sich mehrfach bei Vater gemeldet, er soll die Verbindung lösen, es gehört sich nicht. All dies ist in den letzten Wochen und Monaten an mir vorübergegangen, ohne dass ich eine Ahnung hatte. Vater stärkt mich und sagt, dass er dem Druck standhält und sich für mich gegen die Missgunst stellt. Vater sagt, er will mir diese Liebe lassen, es gehört zum Leben, zum Erwachsen werden. Ich denke noch immer über seine Worte nach. Vater und ich haben dann nicht weiter über die Sache gesprochen. In der Nacht habe ich wach im Bett gelegen und über alles nachgedacht. Ich wünschte, ich wäre einige Jahre älter und reifer und im Leben erfahrener. Ich muss dann mit diesem Gedanken eingeschlafen sein. Ich habe geträumt, wie ich Onoos Frau war, wie ich das Haus versorgt habe und mich um die Alten gekümmert habe. Onoo war der Bauer und ich die Bäuerin. Ich bin im Traum auf den Hof vors Haus gegangen und in Richtung Küste. Ich bin gelaufen, schneller als ich es je vermag. Ich stand schließlich an der Klippe, СКАЧАТЬ