Название: Zwischen meinen Inseln
Автор: Ole R. Börgdahl
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783847621041
isbn:
1910
Taiohae, 8. Januar 1910
Heute haben wir ein verspätetes Weihnachtsgeschenk bekommen. Eigentlich hat Vater es bekommen und eigentlich war es kein Weihnachtsgeschenk. Es war ein Paket aus Amerika, von Vaters Schulfreund. Ich war ganz aufgeregt, fast wie ein Kind. Vater und ich haben es gemeinsam geöffnet. Das Paket war größer als die, die wir sonst bekommen. Ich will es kurz machen. Vater hat einen neuen Fotoapparat. Monsieur Chazaud schreibt, dass er sehr modern sei, das neuste Modell. Es ist eine Brownie 2a mit einer ausfahrbaren Linse. Die Klappe an dem Fotoapparat wird geöffnet und die Linse fährt an einem gefalteten Ledersack heraus. Vaters alte Brownie hatte das nicht. Monsieur Chazaud hat natürlich auch noch neue Fotofilme mitgeschickt.
Taiohae, 10. Februar 1910
Ich glaube ich will nicht mehr nach Tahiti und dort Lehrerin werden. Ich brauche das nicht. Ich habe meine Aufgabe gefunden. Ich weiß natürlich, dass ich eine Ausbildung brauche, um zu unterrichten, aber es geht doch auch so. Für die Schüler, die ich habe und die mir folgen, reicht es, auch wenn dies vermessen klingt. Auf Ua Huka bin ich schon bekannt. Ich war bereits zum vierten Male dort, zuletzt sogar allein, auch wenn nur für ein paar Tage, weil die Lehrerin erkrankt war. Ich habe auch schon Erfolge. Ich habe einigen Mädchen und Jungen das Lesen und Schreiben beigebracht. Diese Fertigkeiten scheinen mir am Dringlichsten zu sein. Alles andere erlernt sich dann von allein, wenn jemand erst einmal in der Lage ist, ein Buch zu lesen oder die Bibel, wie es die Lehrerin sofort angeführt hat. Einen Schüler habe ich, der besonders eifrig ist, zumal er auch mein erster Schüler war. Es ist Onoo, der mir sogar weitere seiner Kumpane zugeführt hat. Sie müssen alle schon lange auf dem Feld arbeiten und dennoch, sind sie bemüht, meinen Unterricht am Nachmittag zu besuchen.
Taiohae, 12. Februar 1910
Ich habe heute für Vater gekocht. Onoos Großmutter hat mir die Zubereitung einiger Gerichte gezeigt. Eigentlich war es nicht nett, meine neuen Künste an Vater auszuprobieren, wo es doch sein Geburtstagsgeschenk sein sollte. Aber es hat uns beiden geschmeckt, also habe ich nichts falsch gemacht. Onoos Großmutter sagt, aus der Brotfrucht ließe sich alles kochen. Eine Familie könnte das ganze Jahr über von der Brotfrucht leben und von den vielen verschiedenen Speisen, die sich daraus zubereiten ließen. Ich weiß nicht, das was ich gekocht habe war doch recht einfach, es war gut, aber es war einfach und so möchte ich es nicht jeden Tag essen. Ich bin doch ganz froh, dass wir morgen wieder in die Taverne gehen. Nicht dass mir französisches Essen besser schmeckt, aber ich brauche dort wenigstens nicht zu kochen und hinterher auch nicht abzuwaschen.
Omoa, 18. März 1910
Meinen Geburtstag habe ich nicht zu Hause gefeiert. Vater und ich sind seit gestern auf Fatu Hiva. Es war die weiteste Schiffsfahrt seit Langem. Wir sind an Hiva Oa und an Tahuata vorbeigesegelt. Omoa auf Fatu Hiva ist eine recht große Siedlung, nicht zu vergleichen mit Taiohae, bei Weitem nicht, aber es ist hier trotzdem sehr belebt. Vater wird diesmal nicht nur die Landschaften fotografieren, sondern auch die Dörfer und vor allem Omoa. Wir wollen eine Woche bleiben und es hat gestern schon sehr schön für mich begonnen. Wir haben zu meinem Geburtstag gegrillt, am Strand. Es gab Fisch und Brotfrucht und richtige Kartoffeln und so vieles mehr zu essen, denn es hat nicht lange gedauert und ich hatte viele Gäste. Einige Leute haben sich einfach dafür interessiert, was wir am Strand machen und Vater musste ja unbedingt damit heraus, dass es mein fünfzehnter Geburtstag sei. Mir wurden alle möglichen Glückwünsche überbracht, Gebete, Gedichte, Gesang. Ich habe eine Harpune geschenkt bekommen und einige Schnitzereien. Es wurde mir einfach so gegeben, die Leute wussten ja vorher nicht, dass ich Geburtstag habe. Dann haben wir alle gemeinsam gegrillt und gegessen und dabei sind die vielen verschiedenen Speisen zusammengekommen. Wir hätten natürlich nicht so viel Fisch gehabt, um all die Leute zu bewirten, aber das war eben auch nicht notwendig. Meine Gäste haben ihre Speisen nämlich selbst mitgebracht. Wer von dem Fest gehört hat, ist zurück zu seiner Hütte oder zu seinem Haus gelaufen und hat Essen von dort geholt. Es wurde alles geteilt und ich musste von allem probieren. Mein erster Tag auf Fatu Hiva hatte wirklich einen sehr schönen Ausklang.
Omoa, 2. April 1910
Aus der einen Woche sind doch einige Tage mehr geworden. Vater hat sich sogar noch Filme für seinen Fotoapparat dazukaufen müssen. Es war aber auch Glück dabei, denn ein Handelsschiff hatte Ware für Fatu Hiva geladen und wollte weiter nach Hiva Oa und Nuku Hiva fahren. Die Fotofilme waren eigentlich für den Händler in Taiohae gedacht. Vater hat den Zahlmeister des Schiffes davon überzeugen können, dass er die Filme ja ohnehin bekommen würde, wenn er wieder auf Nuku Hiva sei und dass er sie eben jetzt schon bräuchte. Vater hat nicht alles bekommen, was er haben wollte, aber doch so viel, dass er erst einmal weiter fotografieren konnte. Sein Glück war es auch, dass er den Zahlmeister recht gut kennt. Für mich gab es nach einer Woche nicht mehr viel Neues auf Fatu Hiva zu tun und so habe ich Vater auf seinen Unternehmungen begleitet. Ich bin regelrecht zu seiner Assistentin geworden.
Ua Huka, 15. Mai 1910
Es soll eine Mutprobe sein, die Frucht des Maulbeerstrauches roh zu essen. Eigentlich wird aus der Noni ja ein Saft gepresst, dem weitere Zutaten beigegeben werden, damit er genießbar ist. Ich wollte natürlich erst einmal wissen, ob man sich an der Noni nicht vergiften kann. Dann hat einer der Jungen vorgekostet und so getan, als sei es köstlich. Ich habe mir auch eine Frucht gepflückt und vorsichtig probiert. Ich musste auf den Kern aufpassen, es war eher ein Stein wie bei einem Pfirsich, aber wo der Pfirsich süß und aromatisch schmeckt, ist die Noni einfach nur schrecklich. Sie schmeckt geradezu faulig. Ich hätte das Fruchtfleisch sofort wieder ausgespuckt, wenn nicht alle um mich herumgestanden hätten. Ich habe sogar gejubelt, wie gut es sei und mir noch eine Noni genommen. Immerhin habe ich zwei gegessen, aber es war bestimmt das letzte Mal. Den Saft werde ich wohl vorerst auch nicht wieder anrühren.
Ua Huka, 7. Juni 1910
Meine kleine Schule ist jetzt endgültig aufgelöst worden. Der Monsignore hat es verboten und gleichzeitig eine eigene Schule eingerichtet, die wohl die christlichen Werte deutlicher vermittelt, als mein Unterricht, in dem nur weltliche Dinge Platz finden. Zumindest habe ich etwas angestoßen, das eben nur von anderen weitergeführt wird. Allein mein erster und jetzt einziger Schüler ist mir noch geblieben, Onoo. Er hat mich sogar schon einmal in Taiohae besucht. Er kann recht gut lesen. Im Schreiben fehlt ihm aber noch die Übung. Ich lasse ihn aus dem Robinson Crusoe abschreiben, was ihm nicht gefällt, aber eine gute Übung ist. Onoos Familie ist mir auch schon gut bekannt. Für seine jüngeren Brüder und seine Schwester Vanessa war ich ja bereits die Lehrerin. Nur seine Eltern sträuben sich und sind zu stolz, um von mir, einem kleinen Mädchen, zu lernen. Es gibt auch einige alte Leute in der Familie. Ich weiß noch nicht, wer sie sind. Vielleicht sind es die Großeltern oder sogar die Urgroßeltern. Es können auch Onkeln und Tanten sein, was ich aber eigentlich nicht glaube. Heute Nachmittag holt mich Onoo von der Missionsstation ab und er zeigt mir das Land seiner Familie. Wir werden uns wohl wie immer am Dorfrand treffen, damit die Nonnen und vor allem der Monsignore nichts zu reden bekommen. Ich möchte nicht, dass Vater durch so etwas veranlasst wird, mich zurückzuholen und mir am Ende noch verbietet wieder herzufahren. Bisher toleriert Vater meine Ausflüge, aber er weiß ja auch, wie selbständig ich bin.
Taiohae, 30. Juni 1910
Auf der Fahrt von Ua Huka nach Nuku Hiva habe ich heute viele Haie gesehen. Es waren mehrere Dutzend СКАЧАТЬ