Zwischen meinen Inseln. Ole R. Börgdahl
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Название: Zwischen meinen Inseln

Автор: Ole R. Börgdahl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783847621041

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СКАЧАТЬ sein, kaum ein paar Jahre älter als ich. Sie wissen noch nicht, wer ihn getötet hat, oder ob es nicht doch ein Unfall war. Von den Leuten hier auf der Insel kann es niemand gewesen sein. Die Gendarmen wollen jetzt den Frachtsegler untersuchen und die Mannschaft befragen.

      Taiohae, 22. Oktober 1910

      Der Frachtsegler liegt seit mehr als einer Woche in der Bucht. Die Gendarmen haben blutige Verbände auf dem Schiff gefunden, auch getrocknetes Blut. Sie vermuten jetzt, dass der Matrose nicht hier auf Nuku Hiva erstochen wurde und auch nicht auf seinem Schiff. Der Frachtsegler ist aus Papeete gekommen. Der Matrose wurde wohl bei einer Messerstecherei im Hafen von Papeete verletzt. Weil er sich nicht behandeln ließ ist er schließlich an seinen Wunden verblutet. Für die Gendarmerie auf Nuku Hiva gibt es somit nichts mehr zu tun.

      Ua Huka, 11. November 1910

      Ich habe heute bei der Ernte geholfen. Die Schoten der Johannisbrotbäume können in diesen Wochen gepflückt werden. Onoo hat mich mit aufs Feld genommen. Seine Familie besitzt siebzig Johannisbrotbäume. Es wird natürlich nicht gepflückt, sondern mit Stöcken gegen die tragenden Äste geschlagen. Die Schoten fallen dann herunter und können aufgesammelt werden. Anfangs habe ich auch einen Stock genommen, aber es wird auf die Dauer zu schwer und ich konnte den Stock zuletzt gar nicht mehr in die Höhe heben. Nach einer Pause habe ich dann den Sammlerinnen geholfen. Wir haben eine Menge Schoten zusammenbekommen. Abends hat Onoo mir dann die Früchte noch einmal gezeigt. Die Hülsen werden getrocknet, können aber auch frisch zu Brei verarbeitet werden. Onoo hat auch einige Schoten aufgebrochen und mir den Samen gezeigt, der ebenfalls verkauft werden kann. Ich brauche jetzt ein paar Tage um mich auszuruhen, aber dann möchte ich wieder bei der Ernte helfen, es hat wirklich Freude gemacht.

      Taiohae, 11. Dezember 1910

      Heute habe ich etwas Ekelhaftes mit angesehen. Einige Fischer hatten aus dem Meer eine große Schildkröte gefangen und mit an den Strand gebracht. Sie haben sie erst dort getötet. Sie haben ihr mit einem Knüppel auf den Kopf geschlagen, sie betäubt, sodass sie nicht mehr zuschnappen konnte und sie dann mit einem Messer aufgeschnitten, es war nicht schön, aber ich habe mir alles genau angesehen, weil ich auch wissen wollte, wie eine Schildkröte unter ihrem Panzer aussieht. Der Panzer ist mit dem Tier verwachsen. Die Fischer haben mit langen Messern alles Fleisch herausgetrennt. Das Fleisch wurde verteilt und jeder hat eine ordentliche Portion erhalten, es war eine sehr große Schildkröte. So ganz ohne das Tier in seinem Inneren sah der Panzer dann aber doch recht klein aus, eine leere Hülle. Einer der Männer hat ihn kurz als Trommel benutzt. Dann wurde der Panzer aber zersägt und das Schildpatt wurde abgetrennt. Ich durfte mir ein Stück ansehen. In die Sonne gehalten schimmert es in bunten Farben. Das Schildpatt wurde auch an die Jäger verteilt. An diesem Tag hatten sie wirklich eine reiche Beute. Die Schildkröte tat mir aber trotzdem leid.

      Taiohae, 27. Dezember 1910

      An den ruhigen Tagen habe ich mir ein Spiel für den Unterricht ausgedacht. Ich glaube, es stammt nicht von mir, denn ich erinnere mich, als Kind auf ähnliche Weise die Buchstaben des Alphabets gelernt zu haben. Ich will eine Tafel nehmen und mit Kreide ein Wort darauf schreiben. Dann werde ich mit einem Tuch die Buchstaben wieder auswischen. Ich lasse nur einzelne Striche der Buchstaben stehen. Die Schüler müssen dann herausfinden, welches Wort ich geschrieben habe. Ich werde erst einfach beginnen, mit kurzen Wörtern. Später sollen die Wörter dann länger werden. Bei den längeren Wörtern muss man aber wohl einzelne Buchstaben stehen lassen, damit es nicht ganz so schwierig ist.

      1911

      Ua Huka, 9. Januar 1911

      Ich habe mich danach gesehnt, dass Weihnachten und Neujahr vorübergehen. So gern ich diese Tage auch mit Vater verbringe, so sehr hat es mich doch auch fortgezogen. Onoo und seine Familie feiern das Weihnachtsfest nicht wie wir. Sie folgen zwar den Zeremonien, die die Kirche vorgibt und ich bin auch davon überzeugt, dass sie gute Christen sind. Ich weiß aber auch, dass Onoos Großeltern noch ganz anders erzogen wurden und dass die Familie stets auch den Riten der Alten folgt. Ich liebe Onoos Familie, ich liebe Vanessa, die immer noch Große Schwester zu mir sagt und ich liebe seine Brüder, die ihn um mich bewundern. Vor Onoos Eltern habe ich Respekt, sie behandeln mich wie eine von den Inseln. Onoos Großmutter spricht von den Alten noch am besten Französisch. Ich habe ihr von meiner Geburt erzählt, weil sie es von mir wissen wollte, weil die Geburt eines Menschen das Schicksal bestimmt. Wer auf einer weichen Strohmatte geboren wird, muss zeit seines Lebens um jedes Recht und um alles kämpfen. Wer auf einem Fischerboot zur Welt kommt, den können die Haie und großen Fische im Meer niemals etwas anhaben. Ich wurde in einem Wald geboren, so hat Vater es mir immer erzählt. Er war nicht dabei und konnte es nicht verhindern. Onoos Großmutter hat es aber als gutes Zeichen gesehen. Je schwieriger die Geburt, desto glücklicher wird das Leben eines Menschen. Die Großmutter gab mir den Namen Julie de Bois, damit jeder gleich weiß, zu welcher Sorte Mensch ich gehöre. Es kam überraschend für mich und doch enthält es die Wahrheit. Großmutter hat erklärt, dass es etwas Ehrenvolles, etwas Naturnahes sei, wenn ein Mensch vom Walde kommt oder vom Berg oder vom Meer oder vom Fluss. Ich bilde mir ein, dass sich dieser Name jetzt erfüllt, ich fühle mich stark. Vanessa hat es als Erste aufgegriffen, sie nennt mich ihre Große Schwester Julie de Bois.

      Ua Huka, 13. Januar 1911

      Es ist nicht immer leicht, mit Onoo alleine zu sein, meisten gehen wir hinauf zur Steilküste und sitzen an dem Feld mit den Vanille-Sträuchern. Manchmal ziehen wir uns zwischen die Holzgestelle zurück, in denen die Pflanzen eingehängt sind. Wir liegen dann nebeneinander und sehen in den blauen Himmel, sehen, wie die Wolken vorbeiziehen und Onoo hält meine Hand. Wir erzählen uns Geschichten, die wir uns ausdenken. Onoo erzählt zumeist, dass er als Kapitän die Welt kennenlernen will und dass ich ihm den Weg nach Frankreich zeigen soll. Ich bringe ihm dann bei, welche Städte und Länder er dort besuchen kann. Wir dürfen nicht zu lange fortbleiben. Wir müssen auch immer etwas Vanille geerntet haben oder wir gehen gleich mit Hacken und Rechen zum Feld. Natürlich bleibt uns keine Zeit das Unkraut zu jäten und wenn doch, dann immer nur ein bisschen. So geht es zwar nicht jeden Tag, aber diese Tage sind mir dann die schönsten. Onoo hat sehr viel Fantasie und er ist intelligent. Ich sehe es daran, wie schnell er lernt und mit welcher Begeisterung. Sein Leben scheint vorbestimmt zu sein. Als ältester Sohn wird er einen großen Teil der Plantagen bekommen, die heute noch seinem Vater und Großvater gehören. Er wird eines Tages zum Oberhaupt seiner Familie werden. So kann ich mir Onoo noch gar nicht vorstellen. Ich genieße jetzt die Zeit und ich gestehe mir sogar ein, dass ich Onoo sehr liebe.

      Anmerkungen der Herausgeber

      In diesem Teil der Tagebücher, das heißt in den Originaldokumenten, sind sehr viele unvollendete Beschreibungen zu finden. Madame Jasoline, oder besser Julie, wie wir sie noch nennen wollen, hat in den Aufzeichnungen häufig Sätze durchgestrichen, neu begonnen und zum Teil wieder durchgestrichen. Die Streichungen sind nicht immer lesbar. In diesem Zusammenhang haben wir über die Lebenssituation von Julie nachgedacht und versucht einzuschätzen, welches tatsächliche Verhältnis sie zu Onoo oder der Familie Ropaati hatte. Meine Frau und ich haben die Familie Ropaati selbst kennengelernt. Uns ist sogar Vanessa, die jüngste Schwester von Onoo Ropaati, noch begegnet. Die Ropaatis sind heute einfache Koprabauern. Zu Julies Zeiten bedeutete dies aber hohes Ansehen und eine gewisse gesellschaftliche Stellung innerhalb der Inselwelt der Marquesas. Noch heute ist der Landbesitz der Ropaatis beträchtlich und gehört zum größten Vermögen der Familie. Julie hatte sich also im Jahre 1911 nicht einfach mit einem Bauernsohn liiert. Dennoch haben die kolonialen Verhältnisse in Französisch-Polynesien eine solche Verbindung nicht toleriert. Julie berichtet nur am Rande davon. Sie ist sich aber auch СКАЧАТЬ