Название: Holzperlenspiel
Автор: Irene Dorfner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Leo Schwartz
isbn: 9783738005257
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„Ich würde sagen, dass das eine Perle ist, wie sie massenweise für die Herstellung von Rosenkränzen verwendet werden. Früher benutzte man dafür Nüsse und Obstkerne, dann ging man über zu Holzperlen, die man zum Glück auch heute noch hauptsächlich verwendet. Aber auch die Rosenkränze gehen mit der Zeit, werden zwischenzeitlich mit den verschiedensten Materialien gefertigt, z.B. Rosenquarz, was ich ja noch verstehen kann, Amethyst, bunte Glasperlen, sogar Gold und Silber – alles, was das Herz begehrt. Aber das gebräuchlichste Material sind diese Holzperlen, die mir persönlich immer noch am besten gefallen. Wir haben in unserem Bruder-Konrad-Kloster alte Rosenkränze ausgestellt, die Sie sich gerne ansehen können.“
„Interessant, das werde ich vielleicht auch tun. Warum glauben Sie, hielt Bruder Benedikt diese Holzperle in der Hand?“
„Das weiß ich nicht, da kann ich Ihnen nicht helfen. Wir haben zumindest keine dieser losen Perlen in unserem Kloster. Früher, als ich noch jung war, haben wir Rosenkränze noch selbst hergestellt, verkauft und verschenkt – aber das ist lange her. Jeder von uns besitzt selbstverständlich einen schlichten Rosenkranz. Vielleicht ist Bruder Benedikts Rosenkranz kaputtgegangen? Haben Sie schon nachgesehen?“
„Aber sicher haben wir das, aber konnten nicht eine einzige Perle finden.“ Viktoria war sich sicher, dass Bruder Siegmund ein Krimifreund war. „Sie wissen doch sicher, wo der Tote während seines Aufenthalts in Altötting gewohnt hat?“
„Selbstverständlich bei uns im Kloster. Glaubensbrüder sind bei uns immer willkommen. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen seine Zelle zeigen.“ Viktoria nickte, natürlich wollte sie das Zimmer sehen. „Dann folgen Sie mir bitte, ich gehe voraus.“
Leo Schwartz machte Anstalten, sie zu begleiten, obwohl ihr Hans Hiebler lieber gewesen wäre. Leo war zwar ein sehr netter und überaus kompetenter Polizist, aber er war gebürtiger Schwabe und sie vermutete starken, bayrischen Dialekt bei den Glaubensbrüdern, bei denen sie hauptsächlich alte Männer erwartete. Außerdem war Leo nicht katholisch und war obendrein durch sein heutiges T-Shirt, auf dem eine Rockband mit einem Totenkopf abgebildet war, in ihren Augen für ein Kloster nicht passend gekleidet. Es folgte eine Diskussion, die von den Umstehenden amüsiert verfolgt wurde: Viktoria brachte ihrem Kollegen und Lebensgefährten Leo Schwartz zuerst schonend und dann immer bestimmter ihre Argumente vor, während Leo dagegenhielt. Ihm waren ihre Einwände egal und er ließ sich nicht abwimmeln. Er fand seine Kleidung sehr, sehr schön und er interessierte sich nicht dafür, ob jemand an seiner Kleidung Anstoß nahm – ihm gefielen die für seine Begriffe veralteten, fast mittelalterlichen Gewänder dieser Kuttenträger ebenfalls nicht und musste sie trotzdem ansehen und hinnehmen. Viktoria Untermaier stöhnte auf, sie kannte Leo und seine Sturheit. Schließlich gab sie klein bei und willigte ein.
„Um welchen Orden handelt es sich eigentlich? Klär mich auf.“
„Das sind Kapuziner. Sie sind schon sehr lange in Altötting, haben ein eigenes Kloster und leisten wertvolle Arbeit in der Seelsorge, aber auch in der Organisation der Gottesdienste und vor allem der vielen Wallfahrer, die täglich in Massen nach Altötting strömen.“
Kapuziner also, davon hatte Leo zwar schon gehört, aber für ihn waren diese Kuttenträger alle gleich und er scherte sie über einen Kamm. War das nicht zu oberflächlich? Egal, ihm waren diese Klöster und deren Anhänger suspekt und er hatte vorher noch nie mit ihnen zu tun – das würde auf jeden Fall interessant werden, einmal hinter die Kulissen eines Klosters zu blicken.
Sie folgten dem kleinen, dicken Bruder Siegmund, der forschen Schrittes voranging.
Vor der Basilika hatte sich eine riesige Menschenmenge gebildet, die diese Kirche besichtigen wollte oder sich aus reiner Neugier hier versammelte. Dass hier ein Toter gefunden wurde, hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Und natürlich zogen auch die vielen Polizei- und Rettungsfahrzeuge die Menschen wie ein Magnet an, daran hatten sich die Beamten längst gewöhnt. Bruder Siegmund grüßte einige Passanten, ließ sich aber nicht aufhalten und ging zügig weiter. Überraschenderweise stoppte er nicht an dem angrenzenden Bruder-Konrad-Kloster, sondern lief daran vorbei. Es ging über den Kapellplatz, an der Gnadenkapelle vorbei, über die Straße – schließlich hielt Bruder Siegmund rechts neben der Magdalenenkirche direkt auf einen Eingang zu – jetzt sahen sie das Schild Kapuzinerkloster. Gab es hier in Altötting etwa zwei Klöster von diesem Orden? Viktoria stutzte einen Moment, denn diese Tatsache war ihr neu. Bruder Siegmund war für sein Alter absolut fit, während Leo und Viktoria schwer atmen mussten, der schnelle Marsch hatte beiden ganz ordentlich zugesetzt – Bruder Siegmund zeigte diesbezüglich keinerlei Anzeichen. Sie standen nun vor einer verschlossenen Tür, neben der sich ein kleines Fenster befand, über dem das Wort Pforte stand.
„Guten Morgen Bruder Andreas. Es ist etwas Schreckliches passiert, Bruder Benedikt wurde ermordet, mitten in der Basilika. Die beiden Herrschaften hier sind von der Kriminalpolizei und möchten seine Zelle sehen. Würdest du bitte öffnen?“
Viktoria war erstaunt, denn Bruder Andreas war bestimmt noch keine 30 Jahre alt – sie hatte sich offenbar in dem Alter der Glaubensbrüder mächtig getäuscht. Leo war genervt, denn es folgte nun ein Dialog zwischen den beiden Kapuzinern und er hatte keine Lust darauf, hier noch länger zu warten.
„Nun machen Sie schon auf,“ rief er deshalb ungeduldig und viel zu laut. Beide Glaubensbrüder erschraken, denn Leo war nicht nur wegen seiner dunklen Kleidung, sondern vor allem wegen seiner stattlichen Körpergröße von 1,90 m sehr beeindruckend und respekteinflößend. Bruder Andreas öffnete hastig die Tür und die Beamten konnten endlich eintreten.
„War das denn nötig?“, flüsterte Viktoria verärgert.
„Auf jeden Fall. Ich möchte gleich von vornherein klarstellen, dass mich dieser ganze katholische Orden überhaupt nicht beeindruckt. Wir ermitteln in einem Mordfall in unserem Zuständigkeitsbereich und mich interessieren die Gepflogenheiten eines Klosters herzlich wenig – ich möchte nur meine Arbeit machen.“
„Reiß dich gefälligst zusammen, die Kapuziner genießen in Altötting großes Ansehen und dir könnte etwas Respekt nicht schaden.“
Leo interessierte sich nicht dafür, ob jemand angesehen war oder nicht, für ihn waren alle Menschen gleich. Er war nun mal kein unterwürfiger Mensch, der sich gerne anpasste oder auf irgendjemanden Rücksicht nahm. Er hatte seinen eigenen Kopf, seine eigene Meinung und das sollte auch hier in dieser für ihn unwirklichen Umgebung so bleiben.
Sie folgten Bruder Siegmund in den Anbau neben der Magdalenenkirche, der sich als riesiges Kloster herausstellte. Sie gingen über den dunklen, sauberen Gang die große Treppe nach oben und befanden sich schließlich in einem Flur, von dem mehrere Zimmer abgingen. Leo fand das alles äußerst interessant, niemals zuvor war er im Inneren eines Klosters gewesen. In seinen Vorstellungen war das viel spektakulärer, als er es nun in der Wirklichkeit vorfand – alles spärlich, ziemlich dunkel und sehr hellhörig – und außerdem roch es überall nach Geschichte und vor allem nach Putz- und Desinfektionsmittel.
„Dort hinten sind die Zellen der Altöttinger Brüder, das sind die Verwaltungs- und Wirtschaftsräume, und dort hinten sind die Besucherzellen,“ erklärte Bruder Siegmund, während er rasch voranging und immer wieder abwechselnd erklärend auf die verschiedenen Türen zeigte. „Bruder Benedikts Zelle ist diese hier.“
Bruder Siegmund blieb stehen. Man konnte auch mit dem spärlichen Licht deutlich das rote, pausbackige Gesicht und die funkelnden Augen sehen – der Mann war sehr aufgeregt und fand das alles spannend.
„Haben Sie einen СКАЧАТЬ