Der Werwolf. Alexis Willibald
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Название: Der Werwolf

Автор: Alexis Willibald

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783752933741

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СКАЧАТЬ gedruckt worden, also weiß man nicht recht, wie sie war. Das aber vergaß ich zu sagen, dass, als Tezel sprach, er durch die Studenten, seine Freunde, unterweilen selbst unterbrochen ward. Denn einmal nieste einer, da riefen alle Prosit; und wenn er sich heiser geschrieen, rief einer: weiter Kapuze! Und mitten unter der Rede haben sie gelacht und geschwatzt. Also mag man wohl glauben, dass sie auch zuvor im Weine sich zu viel getan.

      Als er sich nun ausgeschimpft, trat ein Freiknecht vor; an der Leine einen räudigen Hund, und der hatte einen Korb im Maul, und in dem Korb waren gedruckte Bücher und Schriften. Da ließ sich Tezel Handschuh reichen, zog sie an, und mit einer langen Zange griff er die Schriften heraus; das waren die fünfundneunzig Thesen, die Luther in Wittenberg an die Kirchtür geschlagen, und sein Sermon vom Ablass. Er warf sie in die Flammen mit grässlichen Flüchen, und als er dann die nackten Arme gen Himmel hob und die Hände faltete, betete er, oder schrie vielmehr: Dass der Herr der himmlischen Heerscharen es fügen möge, dass der Verfasser dieser gottlosen Schriften, der Beliassohn, die Ausgeburt der Hölle, schwärzer wie Satan selbst, bald folgen möge, dem verdammten Papier in die verzehrenden Flammen. Er hatte sich ausgeschrieen. Seine Confratres und die Studenten empfingen ihn jubelnd, und einer riss ihn dem anderen aus den Armen; ich weiß nicht, ob's dem Dominikaner sehr lieb war, – die Studenten drückten ihn nicht, wie ein weicher Mädchenarm; und das hat er wohl nicht mehr gehört, als einer zum anderen sagte: „Herr Bruder, eigentlich müssten wir ein Zelttuch holen und unseren dicken Pfaffen in die Luft werfen, das wäre Jucks und Juris!“

      Ein Bürger sagte zum anderen beim Nachhausegehen, beide waren angesehene Leute: „Wo soll ihm die Lunge herkommen morgen zum Disputieren?“

      „Wenn er nicht mehr schreien kann, schreien andere für ihn,“ versetzte der Zweite. „Das ist alles vorher abgemacht.“

      „Aber was wird dann draus?“

      „Was noch! Die Dominikaner haben's davongetragen über die Augustiner; das ist die Sache, weiter ist's nichts.“

      „Viel Spektakel um Quark.“

      „Kommt unseren Karthäusern zustatten; und unserer Stadt gibt's Ruf.“

      Nicht alle hatten sich entfernt. Selbst die zornschnaubende Rede Tezels hatte der Wut der unbändigen Mönche nicht genügt. Sie redeten einzeln zum Volke, wo sie Zuhörer fanden; besonders einer, der lange Barnabas, den wir schon als Zuzügler auf der Landstraße trafen. So unwissend Tezel auch sein mochte, war er doch durch die Schule gegangen, und wenn er sich ungebärdig benommen hatte und unflätig sprach, war doch Art darin. Er wusste, dass man mit A anfängt und mit Z aufhört und einen Berg von unten aufsteigt. Der Bruder Barnabas stand aber schon oben, als er das Maul auftat, und da er nicht weiter steigen konnte, musste er natürlich wieder hinab. Er entwarf eine Schilderung des Fegefeuers, die einem Schmied Ehre machte. Er malte die Freude der zehnmal zehntausend Teufel, wenn sie auf den ruchlosen Ketzer hämmern dürften. Aber was gälte es, dass es eines Nachts in Wittenberg rumpeln und krachen, und man anderen Tags in der Augustinerzelle ihn finden werde mit blauem Gesicht und umgedrehtem Halse. „Die Gelehrten und Medici sagen den Leuten, er ist am Schlagfluss gestorben. Sie räuchern mit Essig, dass man den Schwefelgeruch nicht riecht. Dann wird er selig bestattet mit Grabgesang und Glockengeläut, und das Volk glaubt's, dass er selig verstorben. Nein, der Teufel soll ihn gar nicht holen, wir wollen ihn holen, wir ihm den Hals umdrehen, wir ein Feuer anzünden, darin er schmoren soll, dass es ein Jubilo ist, jedem guten Christenmenschen!“

      Die Zuhörer wollten nicht minder gute Christenmenschen sein, also jubelten sie schon im Voraus. Nur schien es einigen bedenklich, wie man's anzufassen habe, da er von Obrigkeiten und Fürsten geschützt werde. Da erzählte ein anderer ihnen, dass einst der Barfüßer, Obrister dem Papste Clemens gegen die Türken versprochen dreißigtausend Mann, und alle aus dem Barfüßerorden und sollten die Klöster doch gut bestellt bleiben. Aber gegen die Türken könnten die Ritter und Landsknechte kriegen; löblicher wär's für die Militia Gottes, nach dem abscheulichen Neste Wittenberg aufzubrechen.

      Da brach wieder ein unmäßiger Jubel und Lärm aus, und der Barnabas schwang eine Eisenstange, die er aus der nächsten Schmiede sich geholt, und schwur, er wolle der Erste auf der Leiter sein, so man es ihm nur lasse, dass er den Lästerer am Genick fasse: „Du sollst es!“ schrieen die Burschen; aber es ward kein Kreuzzug. Die Bürger waren schon fort; die Weiber hatten keine Lust, in den Krieg zu ziehen.

      Der Wein, den die Studenten dem langen Barnabas zu reichlich eingegossen, verfehlte nicht seine Wirkung. Er verlor den Faden; statt zu brüllen, fing er an zu jammern, und statt den Doktor Luther zu erwürgen, den er schon an der Gurgel hielt, würgte ihn eine Vorstellung. Ob der gottvergessene Mönch denn alle Scham und Schande vergessen, und was er seinem eigenen Stande schuldig sei? Ob sie nicht schon genug runter gekommen wären, die Barfüßerorden durch die Bank? Spotte man ihrer nicht schon, wenn sie mit dem Bettelsack durchs Land zögen? Wo lüde ein reicher Herr sie noch ein und ziehe sie zu seiner Tafel? Wo das Gesinde speist, setze man ihnen den Abhub hin, und in vielen Häusern schlüge man ihnen die Tür vor der Nase zu? Die Bissen würden immer knapper, die Reisen immer weiter, der Glaube immer schlimmer: ob sich denn einer darum noch einkleiden ließe, dass er hungert und sich einen faulen Mönch schelten lässt? Da täte man ja besser, ein Müllerknecht sein; so man auch, wie ein Esel tragen müsse, sei der Sack doch immer voll, und wisse man, wo alle Abend die volle Schüssel raucht, und der Strohsack auf der Bank liegt.

      Der Wein hätte aus dem ehrlichen Brandenburger Mönch wohl noch viel mehr ans Licht gebracht, als ans Licht sollte, und die Studenten stießen sich vor Lachen mit dem Ellenbogen, wäre nicht eine Sternschnuppe vom Himmel geschossen, denn es war mittlerweile dunkel geworden.

      „Da seht Ihr's!“, kreischte ein anderer Mönch, der so klein und dick war, als jener lang, aber er reckte den Arm und den vorgeschobenen Zeigefinger, als wollte er das Ende der Schnuppe berühren. „Wieder ein Zeichen, und wir wollen noch nicht sehen! Habt Ihr denn nicht gehört, dass uns die himmlische Zornrute droht, die nächstens am Himmel hängen wird, ellenlang und armesdick, nicht gehört, dass in den großen Gebirgen die Erde gezittert hat! Gottes Langmut hat schon zu lange gewartet; der Welt Untergang um solcher unermesslichen Sünde willen steht in den Sternen geschrieben. Die Gelahrten lasen es dort schon, die Fürnehmen wissen es. Im Wasser und Feuer wird sie untergehen, und der Tag ist da, ehe Ihr es Euch verseht. Die Gelahrten sagen es Euch nicht, denn die Gelahrten sind klug; ich aber sage es als ein schlichter Mönch zu seinen erbarmungswürdigen Brüdern: Rettet Euch! Ich meine macht, dass Ihr Euch retten sollt wie die Fürnehmen, die Euch in Unwissenheit lassen und es überschlagen, wie sie sich selber salvieren, derweilen Ihr untergeht; rettet Eure Seelen, sage ich Euch, ehe es denn zu spät ist. Wer wollte nun noch den Augenblick verkennen, die ganz absonderliche Gnade des Heiligen Vaters in Rom, der auf höchst eigentümliche Fürbitten der allerheiligsten Jungfrau Maria Euch gerade jetzt seine Ablassbriefe sendet, damit Ihr kaufen sollt, ehe denn all Euer Geld Euch nichts nützt. Darum ist das die grauenhafte, die abscheuliche, eine Sünde, für deren Unermesslichkeit gar keine Worte sind, dass dieser Luther, der so gut wie einer weiß, wie der Tag des Gerichtes vor der Tür steht, dass er gerade jetzt durch seine teuflischen Lehren die Welt verwirrt, die Welt am Rande des Abgrundes. Mit einem Fuße steht Ihr darüber, ein Engel will Euch die Hand reichen, da flüstert er Euch zu: Greift nicht danach. Meine Brüder, kann so ein Mensch sprechen, oder ist's des Satans Stimme? Apage! rufe ich, Kyrie eleyson! kauft, kauft! denn Euer Geld ist nichts wert, Schutt im Schutt, Ihr nehmt es nicht mit hinüber ins Himmelreich!“

      Nach der Rede scholl kein Vivat, kein Jubel, aber sie hatte wieder gut gemacht, was der gemütliche Barnabas verdorben. Sie schlichen still auseinander; doch in der Stadt war es an dem Abend nicht still. Man disputierte, zankte, schrie, in den Kellern und Schenken; die Barfüßer, deren fast ein halbes Tausend zur großen Disputation gekommen, zogen durch die Straßen; Haufen Volkes hinter ihnen; klagende, schluchzende Weiber, die Rates, Trostes bedurften. Viele hatten sich vor der Kirchtür gesammelt und hofften noch immer, bei der dringenden Gefahr werde man in der Nacht СКАЧАТЬ