Der Werwolf. Alexis Willibald
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Название: Der Werwolf

Автор: Alexis Willibald

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752933741

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СКАЧАТЬ Schutt, die Käuzchen hingen unter den Blenden, der Wind fuhr durch die Mauerspalten.

      Er sah die kleine Rübe kaum an, die ihm der Pater Küchenmeister in die Hand gab, als er nach seiner Zelle schritt, und der Pater hatte ihn bis an die Schwelle begleitet: „Domine, Hochwürdigster! 's ist ein Elend, die Rüben werden immer kleiner. Von uns ist nichts versehen, ich lasse die Erde gar hacken, an Dung fehlt es nicht, aber wir bringen's nicht gleich mit dem Teltow.“

      „So lasst es gehen, und kauft im Teltow, es wachsen genug da –“,

      „Domine, Hochwürdigster, für unsere Tafel ja; 's ist nur der Ehre wegen. Haben denn die Teltower besser' Land als wir? Sand da und hier, trocken da und hier, und die Dinger, man muss es ihnen lassen, sie zergehen wie Honig auf der Junge, unsere bleiben faserig wie Stroh. Was könnt' es uns bringen, so wir auch alljährlich ein Fässchen davon nach Rom sendeten. Was dünken sich die Plebanen in Teltow, weil der Papst von ihren Rüben isst!“

      „Den Pater Kellermeister!“, sagte der Abt mit tonloser Stimme, sich in seinen Sorgenstuhl werfend.

      „Nicht einmal mehr für seine Rüben hat der Dominus Sinn! Und war doch selbst bei der Aussaat zugegen gewesen.“

      „Eine Kanne vom neuen Rostocker?“, fragte mit etwas verdrießlicher Stimme der Pater Küchenmeister. Welcher Untere ist nicht verdrießlich, wenn sein Oberer ihn gehen heißt und einen anderen ruft? In den Klöstern ist es nicht anders, als in der Welt. Die Gunst ist eine falsche Sonne; sie strahlt nicht jedem, aber jeder buhlt danach. „Es hat sich noch nicht gesetzt; wenn wir's anzapfen, verdirbt das Fass.“

      Der Abt schien nur die Hälfte der Rede gehört zu haben, so schaute er ihn an: „Es wird mehr verderben! Vom griechischen eine kleine gelbe –“,

      Als der Pater Küchenmeister die enge Treppe nicht zu hastig hinunterwatschelte, brummte er: „Also ein Sorgenbrecher! Alles von dem verfluchten Mönch in Wittenberg!“

      Als der Pater Kellermeister die kleine Gelbe entkorkte und der wunderbare Feuerduft ihm um die Nase spielte, hatte er vermutlich gedacht, der Dominus werde ihn auffordern, noch ein zweites Spitzglas aus dem Schrank zu nehmen, aber der Abt hieß ihn nicht einmal einen Schemel heranrücken, er fragte ihn nur, ob er keine Feuchtigkeit in den Kellern bemerkt, er fragte, wie hoch der Mühlenteich stände, ob der Klostersee guten Abfluss habe, ob der Spring im Gohlitz im Herbst gerauscht. Über das Wasser hatte doch der Abt nie vom Kellermeister Rechenschaft gefordert.

      Ein gutes Halb der kleinen Gelben mochte schon fehlen, und wer da weiß, wie klein das Gemach war, in welchem der Abt von Lehnin, der reiche Herr von hundertdreizehn Dörfern, seiner Zeit gewohnt, – das Häuschen steht noch heut – wird es auch nicht wunderbar finden, dass der kleine Raum vom Geruch des seltenen Weines duftete, um so weniger, wenn wir ihm sagen, dass der Abt, der eingeschlafen war, die Flasche zuzukorken vergessen hatte. In der Kirche drüben spielte ein junger Mönch zu seiner Übung auf der Orgel. Die Töne des

      Dies irae, dies illa,

       Solvet „saeclum in favilla

      dröhnten durch die entblätterten Lindenbäume des Hofes und klangen wieder in den runden Scheiben des Gemaches. Der dies irae brach an. Der Spring aus dem kahlen Berge, der nur wie ein Arm dick sonst aus dem Erdreich sich wühlt, und bald unter Gräsern, Wegeblatt und Ginster verkriecht, bis er in die Gohlitz sickert, schwoll an und barst heraus, mannsdick, wie der Qualm aus einem Feuerschlunde; der Strom schwoll und hob sich, die Fichten an den Bergen stürzten, unterwaschen, krachend nieder, und schäumend brach der Gohlitz durch die Äcker, die ihn von der Niederung des Klosters trennten; da rauschte und hob sich der Mühlteich, das Fließ schwoll auch, das ihn mit dem Klostersee verbindet. Es ward ein großer See, nach rechts, nach links, überall Wasser, das rauschend stieg. Die festen Mauern schwankten, unterwaschen, die Pfeiler, die Türme wankten, die Ziegel von den Dächern stürzten und alles schwamm die Fässer aus dem Keller, die Särge aus den Grüften stiegen auf und fluteten bunt durcheinander, die Särge mit den Gebeinen der alten Fürsten, die in Lehnin schlummern, die Askanier, die Hohenzollern, der entweidete Dammhirsch, die Bierfässer aus Rostock; die Sündflut achtete keinen Stand, keine Abkunft.

      „Ist denn keine Rettung!“ Aber siehe, als wie in einer Arche trieb der Abt in seiner Stube fort; die Fluten drangen nicht ein, sie schaukelten ihn nur angenehm in seinem Lehnstuhl, bis er, die Augen lange reibend, aufsprang. Noch taumelte er etwas, aber er war gerettet. Das Wasser hatte sich gesetzt, die Bäume wurzelten wieder, die verschobenen Mauern ordneten, die Dächer deckten sich wieder.

      „Ein Traum!“ sprach er, und hörte am Fenster dem Orgelspieler zu. „Aber Träume werden uns geschickt, um uns zu warnen. Es etwas, das ist gewiss, aber wenn es kommt, soll der Kluge darauf gefasst und vorbereitet sein. Dazu sind Ahnungen; dazu werden uns Zeichen vom Himmel geschickt. Und denen er sie schickt, die sind, vielleicht seine Lieblinge, seine Erwählten. Er will sie gerettet sehen“. Und wieder verfiel der Abt in ein tiefes Brüten, bis er sich die Stirn rieb und den gesunkenen Mut noch durch ein Glas Chierwein auffrischte. „Er will sie gerettet sehen,“ wiederholte er, „er will nicht, dass alle untergehen, gleichwie auch in der alten Welt. Darum soll ein jeder sehen, wenn alles zusammenstürzt und bricht, wie er sich selbst salviert. Das ist sogar seine Pflicht, denn Gott hat es ihm geboten; es kommt nur darauf an, zu erforschen, woher die Gefahr kommt, alsdann wird der Kluge auch die Mittel finden.“

      Und noch ein Gedanke überkam den Abt von Lehnin, itzo als die Sonne durch das eisige Firmament brach, und die alten ehrwürdigen Dächer, Giebel und Türme, als wären sie neu erbaut, golden anschien. „Wenn nun diese Burgen und Zinnen einmal dem Sturm erliegen, und die Nesseln wuchern auf dem Schutt, kann denn das ewig sein? Muss nicht etwas Neues kommen, und was Neues kann besser sein, als das Alte? Und werden dann die Dächer von Lehnin wieder in der Sonne glänzen?“ Als er das aussprach, war die Sonne wieder verschwunden.

      Derweilen ritt langsam auf seinem mühsamen Wege der Ritter Mathias, in seinen Mantel gehüllt, die Kappe über die Stahlhaube gezogen, dass er schon aussah, mehr wie ein Mönch denn als ein Kriegsmann. Er bog den Leuten aus, die ihm entgegenkamen; seine Gedanken waren ihm heut lieber, als eine Unterhaltung, die doch jeder Reiter auf öden Wegen gern mit denen pflegt, die ihm begegnen:

      „Es kommt etwas – aber was? – Das Tun ist Gottes Sache; lass uns warten, bis es da ist. Das Grübeln führt uns nicht zum Rechten, noch mag ich's glauben, dass uns die Sterne den Weg weisen. Denn so alles, was kommen wird, in den Steinen geschrieben stände, wie hätte es denn Gottes Weisheit gefügt, dass nur so wenige die Schrift verstehen? Und waren diese die Erwählten, oder wär's sein Wille, dass wir alle nur in die Sterne schauen sollten? Wie stände es dann mit der Arbeit? Der Pflug auf dem Felde bliebe ja stehen, der Hammer und die Schere und der Meißel ruhten in den Werkstätten. Gott hat uns auf diese Erde gesetzt, damit wir arbeiten sollen mannigfaltig, jeder nach seinem Ruf und seiner Kraft; sie ist das Patrimonium der gens humana, die Sterne behielt er für sich und seine himmlischen Heerscharen; es ist Fürwitz, in jene Mysterien dringen wollen, es sei denn, wo es uns Not tut.“ Das Letztere setzte er hinzu, als erschräke er, dass er wohl zu viel gesagt. Der Kurfürst hatte ihn ja nicht gehört. „Ja, des Mondes Lauf berechnen, dann als wie er Ebbe und Flut regiert, und die Verrichtungen, so gut vorzunehmen sind, wann er schwindet und wann er wächst, das ist nicht vom Übel. Auch das ist nicht vom Übel. Auch etliche der Sternbilder“ dachte er weiter „da mögen wir wohl bei großen Vornehmungen uns mit den Sternkundigen besprechen und Rates erholen, das ist löbliche Fürsicht, auch mag ich's nicht tadeln, wann ein großer seinem Kinde die Nativität stellen lässt“.

      Aber plötzlich hielt er inne, die Grenzen zwischen dem Erlaubten und Unerlaubten mussten sich ihm wohl verrücken, und er fand sich nicht zurecht. „Die Schrift verbietet's“, rief er, wie aus Träumen sich schüttelnd, „und an der Schrift müssen wir festhalten. Auch an mehr als an der Schrift, denn СКАЧАТЬ