Название: Der Werwolf
Автор: Alexis Willibald
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752933741
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„Nein“, fuhr der Stülper fort, „ich muss schwer tragen an meiner Sünde, aber hab' sie im Land' begangen, müssen sie mir also auch im Land' abnehmen. Und das heilige Kreuzdonnerwetter soll drein schlagen, wer zweifelt, dass der Stülper es nicht bezahlen kann. Wenn ich nur wüsst', wo ich den Dominikaner träf', der uns den Ablass aus Rom verkauft. Das ist ein guter Mann; nach Rom geh' ich nicht, aber der bringt's uns ins Land, auf den Markt, das lobe ich mir.“
Da riefen zehn Stimmen zugleich, dass der Ritter auf dem rechten Wege sei und nur mit ihnen zu ziehen brauche nach Frankfurt, wo der berühmte Tezel disputieren werde. Da könne er Ablass kaufen, soviel er wolle, und sie waren so freundlich ihm auszurechnen, wie viel's ihm kosten werde. Ja der Goliath Barnabas, der ehedem ein Schmied gewesen, steckte es ihm zu, dass er ihm nur den Handel überlassen solle, da werde er's schon wohlfeiler einzurichten suchen, denn der Tezel haue gern übers Ohr, zumal die Fremden und Fürnehmen, die selten kämen.
Wer war da nun froher, als Herr Hake und schüttelte sich mit den Brüdern die Hände, und bat sie, wann sie heimkehrten, möchten sie in Stülpe ansprechen; auch ließ er sich's nicht nehmen, dass, wenn sie ihm vergönnten, in ihrer heiligen Gemeinschaft mitzuziehen, der Prior auf sein Pferd steige, er wisse, was ihm gebühre, und ging nebenher und führte das Ross. Aber er begriff nicht, was sie denn in Frankfurt wollten.
„Ihr seid doch schon geistlich, was braucht Ihr also noch Ablass.“
„Ziehen auch nicht um Ablass nach Frankfurt“, sagte der ehemalige Schmied und machte mit dem Arm eine Bewegung, die noch nach dem Amboss schmeckte.
„Ah, Ihr wollt mit ihm disputieren?“
Der Schmied schüttelte den Kopf, er sah den Prior an, ob der's billigte, aber lassen konnte er's nicht, es musste raus: „Wir wollen den Doktor Luther verbrennen.“ Und alle, die es hörten, begleiteten mit schrecklichen Gebärden die Antwort.
„Wer ist der Doktor Luther?“
Da meinten die Barfüßler, dass man es nun recht klar sähe, wie der böse Feind den armen Ritter besitze, dass er nicht einmal wusste, wer der Doktor Luther war, und alle wollten es ihm mit einmal erklären. Da schrieen sie: „Er ist ein Ketzer“.
„Ein Lästermaul“
„Ein Dieb, er will den Papst bestehlen.“
„Ein Ignorant,“ sagte ein gelehrter Mönch, „er leugnet die Kraft des Ablasses.“
„Die wundertätigen Bilder hätten keine Kraft,“ aber der Chor schrie: „Ein Erzjudas, ein Ungläubiger und Heide, der brennen muss.“
Der Prior aber wollt's ihm besser erklären: „Als wie Ihr, Ritter, den falschen Beichtgroschen dem Priester gabt, gibt er falsche Lehre dem Volk für wahre aus.“
„Verbrennt ihn!“, schrie der Hake, als überkäm's ihn, und klatschte in die Fäuste. Da richtete sich sein Pferd baumgerade auf, und der Prior lag, ehe einer ihm beispringen konnte, auf der Erde. Zum Glück fiel er, wo's weich ist, und tat sich keinen Schaden, wollte aber nicht mehr aufs Pferd. Nun stieg, da der Ritter nicht selbst reiten wollte, ein anderer, der Goliath, auf den Klepper. Aber, wie es nun kam, als der Stülpe, ganz wie außer sich war, dass einer sich unterstehen könne, dem Volke falsche Lehre zu predigen, und dafür wäre Verbrennen noch zu wenig, und wie er mit der Faust gegen das Eisenblech auf seiner Brust schlug, da schlug sein Pferd mit beiden Beinen hinten aus und der Kapuziner schlug der Länge lang vorn über. Ein Glück noch, dass er mit der Nase in den Schnee fiel. Nun wollte keiner mehr aufs Pferd; also musste Hake wieder hinauf. Aber jetzt ward das Tier erst wirsch. Und wie auch der Ritter sich gar nicht zur Ruhe gab, dass ein Priester falsche Lehre lehren könne, da war's, als hätt's die Tarantel gestochen und schlug vorn und hinten und links und rechts aus, dass die frommen Brüder nicht weit genug davon bleiben mochten. Es half auch nichts, dass der Ritter sie bat, dass sie die Litanei singen möchten und die Weihkessel um ihn schwenken, je mehr sie sangen und Kreuze schlugen, so wilder kreiste das Pferd, dass sie recht sahen, wie der Teufel Macht darüber hatte, und hielten den armen Ritter für einen verlorenen Mann. Insbesondere, als er den Kopf umwandte und rückwärts sah, als könnte er den Hals drehen, wie eine Scheibe. So ritt er eine Weile und sprach kein Wort, aber seine Augen wurden immer größer und rollten in den Höhlen, und nun sperrte er den Mund auf wie ein Scheunentor und rief: „Gott sei unser aller Seelen gnädig, da kommen sie!“ Und eh' sie sich umsehen konnten, heulten die Wölfe. Der Stülper flog wie der Wind und die Barfüßler hinter ihm. Wer's sah, der hätt's nicht geglaubt, dass man so was sehen könnte. Fünfzig oder sechzig Barfüßler, und in Kutten, und aus dem blanken Schnee rennt sich's schlecht. Mancher lag schon und war liegen geblieben, mit geschundenem Knie, bis sie alle nicht mehr laufen konnten. Da war der Ritter von Stülpe längst aus dem Gesichte und die Wölfe auch, so schnell waren sie gelaufen. Aber sie sprachen nachher nicht gern davon.
Den Ritter haben sie in Frankfurt nicht wiedergesehen. Einige aber meinen, die ganze Geschichte wäre eine Verwechselung mit den Prälaten im Walde, denn die Furcht ist ansteckend, und was einer gesehen hat, das möchte der andere auch gesehen haben. Wie dem nun sei, in der Chronik steht's nicht geschrieben.
Achtes Kapitel
Tezel in Frankfurt
Wer mit gesunden Beinen hätte es versäumt nach Frankfurt an der Oder zu eilen, um den großen Spektakel mit Augen zu sehen.
Alle Glocken hatten geläutet, als er einzog, der hochgelehrte Herr Johann Tezel, Baccalaureus der Heiligen Schrift, Ketzermeister, Predigerordens Subdelegierter des hochgebornen Fürsten und Herrn Albrecht, Erzbischofs von Mainz und Magdeburg, des Heiligen Römischen Reichs durch Germanien Erzkanzler, Kommissarius durch Gnade und Bulle Seiner Heiligkeit des obersten Bischofs zu Rom und Pontifex, Leo X. Kein Prälat war noch mit solcher Pracht in Frankfurt eingezogen. Er ritt auf einem weißen Pferde, so ihm der Magistrat, auf Veranstaltung des Rektor Wimpina, bis ins nächste Dorf entgegengeschickt; Hartschiere schritten neben ihm. Vor ihm, auf einem Samtkissen, trugen Knaben, aus den edelsten Geschlechtern der Stadt, die päpstliche Ablassbulle. Das Volk zog die Mützen, wo das heilige Pergament sich näherte, die Weiber stürzten sich auf die Kniee, einige waren so verwegen und fürwitzig, dass sie herandringen wollten und die Kapsel mit dem Siegel, die herunterhing, küssen; aber die Hartschiere stießen sie zurück. Einige hundert Schritt vorm Tore kam ihnen eine Prozession entgegen, voran die Karthäuser von Frankfurt, die Stadtpfarrer, Deputierte der Universität, des Magistrates und Bürger, andere Ordensgeistliche und Studenten; die Kirchenfahnen wehten, die Rauchfässer wurden von den Akoluthen geschwungen. So unter Rauch, Gesang und Glockengeläut rückte der Zug nach dem Tore, wo er sich drängte und ein Lärmen entstand, dass kaum die Rede des Bürgermeisters von den Nächststehenden gehört ward, der die Stunde pries, wo der Abgesandte den Brief des Heiles in die alte christliche Stadt trage.
Nachher wich alle Ordnung, als der Zug nach der Hauptkirche schwenkte. Die geharnischten Stadtknechte mussten erst mit den Kolben im vollgedrängten Schiffe Platz machen, denn jeder wollte nun zuerst das rote Kreuz mit des Papstes Wappen sehen, das Tezel selbst inmitten der Kirche aufrichtete und mit lauter Stimme schrie: es sei so heilbringend als das Kreuz Christi selber. Dann wurden Tische aufgeschlagen, mit rotem Tuch belegt, und Kasten darauf gestellt; die Ablassbriefe herausgenommen und in verschiedenen Päcken, nach ihrem Preise, aufgelegt, beschwert mit bleiernen Löwen, die übergoldet waren. Zu Füßen des Tisches aber, neben dem Stuhl für den Dominikaner, stand der große Kasten mit dem Mundloch von Blei, in welchen die Opferpfennige, d. i. die Kaufgelder für die Ablassbriefe geworfen wurden, die aber nicht Pfennige waren, sondern Groschen, Gulden, ja zu Dukaten wurden. Dieses Mal musste er noch leer sein, wiewohl er gewiss mehrere Male schon voll gewesen, denn er ward leicht und ohne Klang vom Wagen über den Tisch auf seinen Platz gehoben.
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