Der Werwolf. Alexis Willibald
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Название: Der Werwolf

Автор: Alexis Willibald

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752933741

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СКАЧАТЬ die Lust der Kauflustigen vermehrt. Um deshalb wies Tezel mit sehr wichtigen Mienen die Heilsbedürftigen, in der Mehrzahl Frauen, zurück, welche, ihre Geldstücke zwischen den Fingern, sich an den Tisch drängten, ohne doch unterlassen zu können, vertraulich, aber doch mit marktschreierischer Stimme ihnen die ungeheure Kraft der Papiere anzurühmen, die sie vor sich sähen. Er mischte sich ins Volk, er fragte diese und jene, was sie drückte; er schien teilnehmend, hier zuckte er die Achseln, dort klopfte er auf die Schultern. Er warf hin, dass die Sünden dieser Welt sich immer vermehrten, dass man nicht genug dem Heiligen Vater in Rom für seine Huld und Gnade danken könne, sich so, wie er tue, der Armen und Gepreßten zu erbarmen; er wischte dann den Schweiß von der Stirn, faltete die Hände vor der Brust und dankte Gott, dass der Heilige Vater, als er seine Heilsbriefe aussandte, da noch nicht gewusst von der Lästerung des Wittenbergers. „Nicht gewusst“, fuhr er fort, „meine teueren Brüder, dass auch in diesem Lande, ja, dass vielleicht auch unter Euch ihrer sind, die auf seine Worte hingehorcht haben. Denkt doch, wenn der Papst das gewusst, wenn er nur eine Ahnung davon gehabt hätte, würde er dann seinen Schatzkasten nicht hastig zugeschlagen, würde er nicht in seinem Zorn gerufen haben: die sind nicht würdig des Heils, die am Heil zweifeln. Möchte ich doch lieber das Übermaß der guten Werke der Heiligen, darüber ich, als Sankt Petri Statthalter, verfüge, ins Meer versenken, da es am tiefsten ist, als dass ich nur einen Tropfen davon an diese ketzerischen Deutschen vergeude! – Oder wird,“ fuhr er, sich hin und her wendend fort, „ein reicher Krämer, der gute Waren hat, sie noch in einer Stadt feilbieten, wenn die Lotterbuben sie verspotten und an allen Ecken ausschreien, was kauft Ihr von dem fremden Krämer, bei unseren Kaufleuten in der Stadt findet Ihr die Ware besser und ums halbe Geld. Der Krämer, sage ich Euch, Ihr aus Frankfurt versteht es, der weiss, was seine Tuche und Teppiche wert sind, die er aus Schmarkand und Persien, und Gott weiß wo herhat, der wird sich ja den Teufel durm scheren, ob Ihr sie gut findet oder nicht. Wird er erst auskramen, damit Eure Lotterbuben sie schlecht machen, die, man weiß sehr wohl, in wessen Solde schreien. Ja, die Tuchmacher am Ort möchten auch ihre Ware absetzen; so schlecht sie ist, sie findet doch Käufer, denken sie, wenn kein besserer kommt. So meinen etliche Pfarrer und Prädikanten mit ihren Beichtstühlen auch. Geht nur hin, ich zwinge niemand, zu mir zu kommen, wenn Ihr da auch den Ablass bekommt, mir ist's lieb, ich finde überall Käufer. Probiert's, ob ihr Ablass so gut ist wie der hier – und der – und der da! – Wer seinen Bruder totschlägt – seine Mutter vergibt – wer einen Stein seinem eigenen Vater an den Kopf warf, fragt doch die Herren in den Beichtstühlen hier, – was sie für gräuliche Gesichter machen, wie sie die Arme über den Kopf zusammenschlagen. Werden sie nicht rufen: Das ist zu arge Sünde, das kann Euch nie vergeben werden! – Ja, die Herren haben recht; sie können's nicht vergeben. Aber der Heilige Vater in Rom macht kein gräuliches Gesicht, er schlägt die Arme nicht über den Kopf zusammen, er macht ein freundliches Gesicht, ihn dauern die Sünder, sie sind ja alle Christen, erkauft durch des Heilandes Blut. Er erschrickt auch nicht über die allergrässlichste Sünde, denn er sieht das ganze Sündenmeer vor sich, wie einen grünen See in den Alpenbergen, und sein Auge dringt bis auf den Grund. Und erschrickt nicht, wie Eure Priester erschräken, wenn sie nur die Hälfte davon sähen. Sein Gefäß, mit Petri Siegel verschlossen, darin der Überschuss der guten Werke der Märtyrer und Heiligen wie ein goldenes Meer schwimmt, ist weit größer als der Alpensee. Nur die Hand braucht er hineinzutauchen und sie auszusprengen über die Welt, und alle die Leben, wären gereinigt. Ihr fragt mich wohl, warum er's nicht tut, wenn er so reich ist? – Soll er etwa seine Gnade auch denen spenden, die sie nicht mögen? Auch den Ketzern, auch dem Augustiner Lästermaul, der seine gute Gabe vor den Leuten schlecht macht? Nein, meine Freunde, man wirft nicht den Braten vor die Hunde, die Perle nicht vor die Säue.

      Und wer sagt uns denn, ob der See der Sünde nicht immer größer wird, denn der Satan setzt seinen Unrat überall hin. Wer verheißt uns denn, dass der See nicht übertritt, dass er Felder, Wälder und Berge, dass er die ganze Welt überschwemmt? Habt Ihr's nicht gehört von der Sündflut, dann will ich's Euch auch nicht sagen denn darum bin ich nicht hier. Ich bin hier für die paar Seelen, die sich retten wollen. Für die sind die Briefe geschrieben, – Morgen, übermorgen kommt wieder, da könnt Ihr kaufen. Heute Abend, in Eurem Kämmerlein, betet alle mit mir, dass der Heilige Vater nichts in Rom von den Gräeueln hört, von dem Wittenberger Geschrei, versteht Ihr mich; denn wenn er's in Erfahrung bringt, ich stehe für nichts, dass es mit dem Ablass aus ist. Wär' ich Papst, ich sag's Euch geradezu als ein ehrlicher Mann, ich zöge meine Hand zurück und schlüge den Kasten zu.“

      Dabei schlug er den Kasten wirklich zu, aus dem er noch eben einige der teuersten Ablassbriefe wie eine Lockspeise vorgezeigt hatte, und ein Stöhnen und Schluchzen ging durch die Versammlung. Sie sprachen nicht, aber ihre Blicke und Seufzer sprachen ihre Angst aus, dass der Papst es machen könne, wie der Dominikaner drohte. Solche Zeichen des Glaubens wirkten indes beschwichtigend auf den Zorn des heftigen Mannes. Er wollte sie nicht ohne Trost von sich lassen. Zu diesem und zu jenem sprach er freundlich, sie sollten ja nur wiederkommen, wenn es Zeit sei, es werde sich schon für jeden etwas finden, und zu einem sprach er vertraulich, aber es hörten es mehrere, und die mehren erzählten es, den anderen wieder: auch wenn der Papst Kunde davon erhielte und sein Gnadenkästlein plötzlich schlösse, so blieben die Briefe, die er da hätte, doch untersiegelt und in voller Kraft, so ihnen erteilt worden. „Und,“ setzte er hinzu, „für meine Frankfurter werden sie schon ausreichen.“

      „Und“, flüsterte ein reicher Handelsherr zu einem Ratsherrn beim Hinausgehen aus der Kirche, „doppelt teuer werden.“

      „Wenn er nicht Dominikaner wäre“, erwiderte lächelnd der andere, „ich nähme den Tezel zu meinem Markthelfer.“

      Nachmittags loderte ein helles Feuer in der Gubener Vorstadt bei Sankt Gertrauds Kirche. Seit den Zeiten, wo der falsche Waldemar Ludwig von Baiern und die getreuen Bürger in der Stadt Frankfurt belagert, sah man nicht so viel Menschen beisammen. Die Studenten sangen als Wächter um den angezündeten Holzhaufen und sangen lateinische Jubel- und Spottlieder. Wem der Spott galt, brauch' ich nicht zu sagen, schwerer ist's zu glauben, wem ihr Jubel galt, wenn sie den Tezel ankommen sahen, an der Spitze seiner Dominikaner; den dickbäuchigen Kerl mit den dünnen Beinen, dem kahlen Kopf und einem Gesicht, auf dem auch keine Spur von Geist war, Feuer nur in der roten Nase, höchstens Pfiffigkeit in den kleinen geschlitzten Katzenaugen, aber der große Mund mit den aufgeworfenen Lippen machte den gemeinen Marktschreier fertig und doch schrieen sie aus Leibeskraft in die Lüfte, und ihre Hieber klirrten und funkelten im Flammenschein. Es war in Deutschland so, man schickte die Jugend auf die Universität, damit sie austoben sollte; wenn sie ausgetobt, dann käme sie nüchtern zurück, als wie man die Menschen im Leben braucht. Das war die alte Weisheit, und mancher wünscht, dass wir noch heute so weise wären. Wenn man aber ein Fass schnell will ausbrausen lassen, wirft man was hinein. Kalk oder Taubenkot, oder was es ist, es kommt nicht drauf an. Was man in einen Strudel wirft, das ergreift der Strudel, und spritzt und schäumt und trägt's und spielt mit ihm, wie der Walfisch mit der Tonne. Einige Gelehrten meinen, das ganze Menschengeschlecht sei als wie die Jugend, wenn's lange still gesessen, und es regt sich in ihm das Blut, alsdann brauche man ihm nur hinzuwerfen ein Spielzeug, was es sei, aber einen Namen muss es haben, einen Namen, der schön klingt, und sie spielten, tanzten und schrieen darum, ja, sie lägen sich in den Haaren und zögen die Schwerter, und, je nachdem, sie zündeten auch Brandfackeln an und gingen dafür in den hellen Tod. –

      Vor dem Schrei, den der Tezel vor dem Holzstoß ausstieß, als er seine langen Arme aus der Kutte reckte und seinen hässlichen Mund aufsperrte, um die Rede zu beginnen, – vor dem Schrei, so entsetzlich war und so hässlich klang er, erschraken die kleinen Kinder auf dem Arm ihrer Mütter. Aber seine Rede selbst war noch weit hässlicher. Niemals auf der Messe in Frankfurt haben sich die Packknechte solche Schimpfworte zugerufen, als die Lippen des Baccalaureus gegen den Doktor in Wittenberg ausspielten. Einige meinten, die Studenten hätten ihm vorher zugetrunken, und das wäre der schlechte Wein, der aus ihm sprach. Die schrieen denn auch, wenn er einen Augenblick Atem schöpfte und wiederholten im Chor noch ärger als er die letzten Worte, und die Kinder und Buben schrieen auch, und die Kettenhunde in der Vorstadt heulten, dass wenige sein mögen, so die Rede in dem Lärm ganz gehört. Zwar sind Studenten gewesen, die in СКАЧАТЬ