Der Werwolf. Alexis Willibald
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Название: Der Werwolf

Автор: Alexis Willibald

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752933741

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СКАЧАТЬ Auch nicht mit den Ratten, so flimmerte es mir drauf. Aber nachher sah ich lauter Füchse über den Schnee streichen, und da wollte ich noch vorhin drauf schwören, so war's; und da ließ ich meinem Tiere die Zügel, denn ich bin ein verzweifelter Fuchsjäger.“

      Nun war's an den Mönchen laut zu lachen, dass ein so blinder ungeschickter Mann ein Fuchsjäger sein wollte. Aber der Goliath unter den Kapuzinern sprach: „Er soll schon die Augen aufsperren, wenn er uns das Schmerzensgeld zahlt.“

      „Was Ihr lieben Herren und frommen Brüder verlangt,“ entgegnete demütig, ja fast kläglich der Ritter. „Da sei Gott für, dass ich einem Diener der Kirche, und sei's, der niedrigste Messner, entziehe, was ihm zukommt: Ich hab's zu schwer gebüßt.“ Als der Ritter dabei seinen ledernen Geldsäckel, den er um den Leib geschnallt trug, klingen ließ, sahen sie, dass er ein guter Mann war, der ihnen nichts Böses wollte. Sie bedauerten ihn und rieten ihm, er solle sich besprechen lassen, aber er schüttelte traurig den Kopf.

      „Da hilft nichts, denn wenn's mit den Augen wieder gut ist, fährt's in einen anderen Sinn, und das Schlimmste ist, dass ich's selber nicht merke, wie es in mir herumzieht aus einer Kammer in die andere, und ich mache tolles Zeug, bis ich wie jetzt drauf gestoßen werde, dass der böse Feind mit mir sein Spiel hat, und alles – um einen falschen Beichtgroschen!“

      Der Ritter musste sein Unglück erzählen, wie er auch gar nicht Lust zu haben schien.

      „Das ist das Erschreckliche, meine Brüder, dass alles von einem verfluchten Juden kommt. Dem verkauft' ich einen alten Wolfspelz und freute mich, dass es Abend war, und er war kurzsichtig, dass er's nicht merkte, wie der von den Motten zerfressen war. Denn das ist doch nichts Schlechtes, dass ein guter Christ einen Juden anführt.“ Ihr Schweigen schien keine verneinende Antwort. „Nun aber am Morgen sah ich, dass mich der Jude betrogen hatte, und er war über alle Berge. Hatte mir der Heidenhund einen falschen Groschen gegeben. Kein Christenmensch wollte ihn nehmen, nicht bei Abend, nicht bei Nacht. Der Wirt warf ihn mir bei der Zeche zurück, der Krämer ließ ihn auf dem Ladentisch klingen und lachte mich an. Mich verdross der Groschen und war's auch nur darum, dass ich mir sagen musste, es hätt' mich ein Jud' übers Ohr gehauen. Also los werden musst' ich ihn. Und da gab ich ihn einem Priester bei der Beichte; 's ist dunkel in der Kirche, und ein Priester ist ja kein Wechsler, dachte ich. Und dann, meine Herren, dacht' ich auch: Was die Kirche hat, weiß sie zu nutzen, und in ihrer heiligen Hand wird unrecht Gut zum Rechten; warum denn nicht ein falscher Groschen zu einem guten Groschen? Nun seht, vom Augenblick an, wo der Priester den Groschen in die Tasche steckte und ihn nicht ansah, riss es mich in den Gliedern, jetzt im Ohr, jetzt im Aug', jetzt in der Nase. Ich war kaum zu Haus, so fiel mir meine ganze Sündenlast zu Gemüte, ich lief zum Priester, wollte den Groschen einwechseln. Ja, der war fort, wie über alle Berge. War ein fremder Priester gewesen – das wusst' ich auch, sonst hätt' ich mich wohl gehütet – niemand wusste, wo er hingekommen. In meiner Himmelhöllenangst bin ich ihm nachgereist; er blieb verschwunden. Mir brannte es in der Seele, den Groschen musste ich wieder haben. Ich ging in Magdeburg, in Halle, an alle Wechseltische, ob ich den Groschen nicht fände? Ja, wenn ich einen falschen Groschen forderte, schrieen sie mich an; es fehlte nicht viel, so hätten sie mich durch die Schergen hinauswerfen lassen. So wagte ich zuletzt gar nicht mehr zu fragen.“

      Die Geschichte schien auf die Zuhörer einen ernsten Eindruck zu machen. Begreiflichermaßen wünschten sie auch die Wirkungen der Sünde zu erfahren.

      „Auch das lässt sich kaum beschreiben. Ich bin seitdem ein anderer Mensch worden, überall hapert's, überall stockt's. Kann mich wohl rühmen, bin ein Reiter wie einer und mein Ross ist lammfromm; aber ehe ich mich versehe, schmeißt's mich in den Graben. Kann keinem meiner Sinne mehr trauen. Wenn ich unter guten Freunden bin, plötzlich schwirrt's mir um die Augen, ich glaube mich unter Räubern, Tagedieben, Lotterbuben, und schlage um mich, rechts, links, hast du nicht gesehen, siehst du nicht.“

      „Das ist der böse Feind“, murmelten sie, und wenn sie sich vorher um ihn drängten, so ward jetzt der Raum zwischen ihnen allmählich luftiger. Hake, der es merkte, sagte:

      „Ach, unter so heiligen Männern wird er doch nicht! – Zwar, ich kann's niemand verdenken. Neulich will ich einen Pfarrer nach Haus führen, wir waren zu Kindelbier gewesen, es war nachtschlafende Zeit, und ich weiß noch nicht wie's kam, bis zur Pfarre waren nur tausend Schritt, und hatte den Weg tausendmal gemacht, aber mit einem Mal staken wir im Sumpf bis an den Bauch. Ja keiner hörte uns. Da sprach der Pfaff: Ihr seid dünn, ich bin dick, Ihr kommt durch, versucht's und holt mir Hilfe. Da er mich so sehr bat, musste ich wohl, ich kam auch durch und schlug Lärm, und mit Leitern und Stricken und Fackeln liefen wir zurück, aber mögt Ihr's glauben, der Hahn krähte zum dritten Mal, ehe ich den Pfaff gefunden, und er hatte sich doch den Hals ausgeschrieen, und ich war nicht zwanzig Schritt von ihm wie toll hin und her gelaufen. Wir zogen ihn 'raus, aber da war auch keine Spur von Wein an ihm. – Ach und so Ihr wüsstet, was ich vor den Wölfen Angst auszustehen habe; wo ich gehe und reite, höre ich sie hinter mir, als wären sie mein Schatten. Darum mag ich immer allein ausreiten, dass ich meine Freunde nicht in Ungemach und Schreck bringe.“

      „Das sind die sogenannten Furien des Gewissens, lieber Ritter, wie die Alten sagen,“ sprach der Abt. „Diese lassen Euch keine Ruh'. Wenn Ihr an heiliger Stätte seid, die ich Euch anriete, so oft Ihr könnt, heimzusuchen, werdet Ihr vor diesen Wölfen sicher sein.“

      Der Stülper schüttelte den Kopf: „Ach, Herr Prior, vorgestern im Kloster, da war's doch, als die Mönche im Chor sangen, hörte ich lauter Esel schreien.“

      Da waren alle der Meinung, dass der Ritter etwas Ernstliches tun müsse.

      „Meint Ihr, dass ich's für Kinderspiel hielt, dass ich nicht schon Ernstliches getan hab'? Ließ mich hinschicken von Pontius zu Pilatus: zum Wunderblut von Wilsnack, zur Madonna in Göritz, zur heiligen Anna in Grüßow, zum heiligen Blut in Beelitz, nach Bismark in der Altmark zum Kreuz, das vom Himmel gefallen, zum gebenedeiten Wunderbild der Mutter Gottes in Reichenfelde in der Neumark, ach zu allen, in Tangermünde, in Ziesar, in Lenzen und Angermünde. Die Partikel vom Arm der heiligen Barbara in Wilsnack habe ich mir an alle Teile des Leibes gehalten, und geopfert habe ich, aber auch nicht mal die Mutter Gottes von Nykamer hat mit dem Kopf genickt, hat's doch zu so manchem Lumpen getan, und ich ließ einen Goldgülden springen. Hol's der Geier, wozu hat man denn Heilige!“

      Die Fürnehmsten unter den Mönchen schüttelten den Kopf und meinten, da hilft vielleicht nur eine Pilgerschaft nach Loretto.

      „Nein, Ihr Herren,“ sprach der Stülper entschieden, „das tu' ich nicht. Von den draußen halt' ich nichts. Wozu haben wir wundertätige Bilder, wenn sie keine Wunder tun wollen! Wenn wir so viel Geld geben, und sie in Gold- und Silberfranzen kleiden, und Altäre errichten und Kerzen brennen lassen, das müsste ja mit dem Teufel zugehen, wenn sie keine Wunder tun wollten. Für wen denn, wenn sie's nicht für 'nen ehrlichen Brandenburger tun wollen! Wozu haben wir denn Bischöfe und reiche Stifter und Domherren, die dafür sorgen können? Die brauchen freilich keine Wunder, die sitzen im vollen. Aber was habt Ihr davon, was haben wir arme Ritter davon? Ihre Altaristen schlucken die Einnahme, für wen? Für die reichen Bäuche. Ihr müsst barfuß gehen, in härenen Kutten, im Winter, müsst Euer Brot im Quersack betteln und predigen. Und warum? Dass sie ihr Fett und Geld den anderen zutragen. Nein, ich bin ein braver Brandenburger, das sind wir alle, meine Brüder, die schlaraffen und saufen, wir sind arm und ehrlich, aber haben ein Herz im Leibe: Bleib' im Lande und nähr' dich redlich, das ist mein Spruch!“

      So widersinnig das war, klang es doch nicht so. So sehr die Rede auch dem widersprach, oder besser, wie die Faust aufs Auge zu dem passte, womit er angefangen, war es doch in einem so herzlichen Tone vorgebracht, dass es unter den ehrlichen Mönchen eine Art zustimmender Bewegung hervorbrachte. Und wenn man diese recht ins Auge fasste, erschien es auch nicht wunderbar; denn die Mehrzahl waren derbe Leute aus dem Volke, deren Händen man noch die Schwielen vom Pfluge oder vom СКАЧАТЬ