Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
isbn:
c) Auslandstaten, § 370 Abs. 7
257
§ 370 Abs. 7 erweitert die Strafbarkeit des § 370 unabhängig vom Recht des Tatorts auf Straftaten, die außerhalb des Geltungsbereichs der AO begangen werden. Damit ist unerheblich, wo der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat und wo der Erfolg eingetreten ist. Der Anwendungsbereich ist allerdings beschränkt, da eine Inlandstat i.S.d. § 3 StGB nach § 9 Abs. 1 StGB auch dann vorliegt, wenn der Täter im Ausland gehandelt hat, sofern er irgendeine tatbestandsmäßige Handlung oder Unterlassung im Inland begangen hat oder der Erfolg im Inland eingetreten ist oder eintreten sollte. Zur Vermeidung einer unzulässigen Doppelverfolgung oder Doppelbestrafung (Art. 6 EUV i.V.m. Art. 50 der Charta der Grundrechte der EU) sieht das Gesetzt Möglichkeiten vor, von der Verfolgung abzusehen (§ 153c StPO) oder die bereits verhängte Strafe anzurechnen (§ 51 Abs. 3 StGB).
V. Subjektiver Tatbestand / Vorsatz
258
Die Steuerhinterziehung kann, da § 370 keine Strafbarkeit der fahrlässigen Begehung anordnet, nur vorsätzlich begangen werden (15 StGB). Die fahrlässige Steuerverkürzung wird in den Fällen des § 382 sowie in der Form der Leichtfertigkeit nach § 378 und – im Falle der Verbrauchsteuergefährdung – nach § 381 als Ordnungswidrigkeit geahndet (siehe dazu die Kommentierung zu §§ 378, 381 und 382).
1. Begriff des Vorsatzes
259
Als Vorsatz gilt das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung.[659] Dazu muss der Täter die nach Gegenstand, Zeit und Ort bestimmte Handlung in allen wesentlichen Beziehungen, wenn auch nicht in allen Einzelheiten der Ausführung in seine Vorstellung und in seinen Willen aufgenommen haben (s. dazu auch § 369 Rn. 67 ff.).[660]
260
Mögliche Formen des Vorsatzes sind das absichtliche Handeln oder Unterlassen (direkter Vorsatz ersten Grades), das wissentliche Handeln und Unterlassen (direkter Vorsatz zweiten Grades) und das billigende In-Kauf-Nehmen der Tatbestandsverwirklichung (bedingter Vorsatz bzw. dolus eventualis). Handelt der Täter nur bedingt vorsätzlich, so wirkt sich das im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Gunsten aus (§ 46 Abs. 2 StGB).
2. Abgrenzung bedingter Vorsatz zu bewusster Fahrlässigkeit
261
Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung von bedingtem Vorsatz zu der sog. bewussten Fahrlässigkeit sowie auch der lediglich als Ordnungswidrigkeit verfolgbaren Leichtfertigkeit i.S.d. § 378.[661] Nach der Rspr. handelt der Täter bedingt vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges „als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles Willen wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein; bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft – nicht nur vage – darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten“.[662] Für den bedingten Vorsatz ist nicht erforderlich, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde oder der Höhe nach sicher kennt.[663] Es genügt vielmehr, dass er den Steueranspruch für möglich hält und die Finanzbehörde dennoch über die Besteuerungsgrundlagen in Unkenntnis lässt. Das gilt auch in Fällen, in denen die steuerliche Behandlung eines Sachverhaltes streitig ist und höchstrichterliche Rspr. dazu noch nicht ergangen ist. Es genügt dann für den Vorsatz, dass der Täter eine andere rechtliche Beurteilung und damit die Unrichtigkeit seiner Erklärung bzw. unterlassenen Erklärung in Betracht zieht und für diesen Fall billigend in Kauf nimmt [664] (s. dazu auch Rn. 62).
262
Fraglich ist, ob Hinterziehungsvorsatz anzunehmen ist, wenn der Täter über steuererhebliche Tatsachen täuscht, um eine rechtswidrige Steuerfestsetzung – etwa wegen einer falschen Rechtsauffassung oder eines Nichtanwendungserlasses der Finanzverwaltung – zu verhindern.[665] Insoweit gelten jedoch keine Besonderheiten gegenüber der dargestellten Vorsatzdefinition: Hält es der Täter für möglich, dass sich die Rechtsauffassung der Finanzbehörde letztlich durchsetzt und findet sich damit ab, dass möglicherweise eine unzutreffende Besteuerung erfolgt, so handelt er bedingt vorsätzlich. Ist er davon überzeugt, dass letztlich eine Veranlagung in der von ihm für richtig erachteten Weise erfolgen wird, fehlt es am Vorsatz.[666] Er handelt dann möglicherweise leichtfertig, sofern es zu einer Steuerverkürzung kommt. Entsprechend entscheidet, soweit ersichtlich, der BGH.[667] So hat er für den Fall, dass ein Steuerberater, im Rahmen der Betriebsprüfung einen unrichtigen Beleg vorlegt, um dadurch einer nach seiner Auffassung irrigen Rechtsauffassung des Steuerbeamten Rechnung zu tragen und zu verhindern, dass seinem Mandanten eine ungerechtfertigte steuerliche Mehrbelastung entsteht, entschieden, dass er mangels Vorsatzes keine Steuerhinterziehung begeht.[668] Vorsätzlich handelt hingegen, wer es für möglich hält, dass die seiner Auffassung nach unzutreffende Rechtsansicht der Finanzbehörde zu einer entspr. Festsetzung führen kann, die finanzgerichtlich bestätigt wird. Er muss die Besteuerungsgrundlagen gegenüber dem Finanzamt offenbaren, auch wenn er hinsichtlich der Steuerpflicht eine andere Rechtsauffassung vertritt (s. dazu auch Rn. 62).[669]
3. Auswirkung von Fehlvorstellungen über das Bestehen eines Steueranspruchs auf den Vorsatz
СКАЧАТЬ