Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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(a) Pflicht zur Anzeige und Berichtigung nach § 153: Der Steuerpflichtige kann eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 dadurch begehen, dass er die unverzügliche Abgabe einer Berichtigungserklärung nach § 153 AO unterlässt, zu der er verpflichtet ist.[350] Die Verpflichtung zur Berichtigung besteht für den Steuerpflichtigen insb. dann, wenn er nachträglich, vor Ablauf der Festsetzungsfrist, erkennt, dass eine für ihn abgegebene Erklärung unrichtig ist und es dadurch zu einer Steuerverkürzung kommen kann oder gekommen ist (§ 153 Abs. 1 S. 1 Nr. 1). Das gilt ebenso, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, -ermäßigung oder sonstige -vergünstigung nachträglich ganz oder teilweise wegfallen (§ 153 Abs. 2).
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Hat der Steuerpflichtige von Anfang an vorsätzlich falsche Angaben gemacht, besteht die Berichtigungspflicht demnach nicht, da er die Unrichtigkeit nicht erst nachträglich erkennt.[351] Seine Berichtigungserklärung ist dann ggf. als Selbstanzeige zu werten (s. dazu Kommentierung bei § 371 Rn. 10 f.). Hat er allerdings zunächst leichtfertig oder bedingt vorsätzlich falsche Angaben gemacht, soll ihn nach Auffassung des 1. Senats des BGH die Berichtigungspflicht treffen, solange kein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden ist.[352] Die Argumentation stützt sich darauf, dass auch „derjenige, der zunächst mit der Unrichtigkeit der Angaben nur gerechnet, sie aber nicht sicher gekannt hat, die Unrichtigkeit „nachträglich erkennt“, wenn er später positiv erfährt, dass seine Angaben tatsächlich unrichtig waren“.[353] Da ein solches „nachträgliches Erkennen“ i.S.d. Rspr. des BGH aber voraussetzt, dass der bedingt vorsätzlich handelnde Steuerpflichtige die Unrichtigkeit noch nicht erkannt hat, ergibt sich als Umkehrschluss, dass ein bedingt vorsätzlicher Verstoß gegen § 153 mangels positiver Kenntnis der Unrichtigkeit – und damit mangels Pflicht zur Abgabe einer Berichtigungserklärung – nicht möglich und somit nicht nach § 370 strafbar ist.[354]
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Kritisiert wird im Hinblick auf den Nemo-tenetur-Grundsatz die Ansicht der Rechtsprechung, wonach die Berichtigungspflicht auch bei zunächst bedingt vorsätzlich falsch gemachten Angaben besteht, deren Unrichtigkeit im Nachhinein positiv bekannt wird.[355] Weil sich der Steuerpflichtige auch bei bedingt vorsätzlichem Handeln bereits einer Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat, zwinge ihn die Berichtigungspflicht zur Selbstbelastung.[356] Die Rspr. sieht darin jedoch keinen Verstoß gegen den nemo-tenetur-Grundsatz, da die Berichtigung in der Regel als Selbstanzeige zu werten sei und damit zur Straffreiheit führe.[357] Sofern eine Selbstanzeige wegen eines Sperrgrundes i.S.d. § 371 Abs. 2 nicht in Betracht komme, bestehe für erzwungene Angaben die zu einer mittelbaren Selbstbelastung führen können, ein strafrechtliches Verwendungsverbot.[358] Diese Rechtsauffassung wurde mit Schreiben des BMF vom 23.5.2016[359] zur Abgrenzung der Berichtigung nach § 153 von einer strafbefreienden Selbstanzeige zugrunde gelegt.[360]
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Nach § 153 Abs. 1 S. 2 trifft die Berichtigungspflicht auch den Gesamtrechtsnachfolger[361] und die nach §§ 34 und 35 für den Steuerpflichtigen handelnden Personen.
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Gibt eine GmbH als Steuerpflichtige i.S.d. § 153 Abs. 1 S. 1 durch einen Geschäftsführer eine unrichtige Erklärung ab, trifft den erst später bestellten Geschäftsführer die Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 34 Abs. 1 S. 1, wenn er nachträglich die Unrichtigkeit der Erklärung erkennt.[362] Das gilt auch dann, wenn der frühere Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung Kenntnis von der Unrichtigkeit hatte. Zwar fehlt es dann aus Sicht der GmbH an einem nachträglichen Erkennen, da ihr das Wissen des Geschäftsführers zugerechnet wird. Allerdings kommt es für die Frage der anfänglichen Kenntnis nur auf den jeweils (potentiell) Berichtigungspflichtigen an, so dass der erst später bestellte Geschäftsführer die Berichtigungserklärung abzugeben hat.[363]
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Teilweise wird vertreten, für die nach § 153 Abs. 1 S. 2 Verpflichteten sei, anders als für den Steuerpflichtigen selbst, nicht Voraussetzung, dass sie die Unrichtigkeit nachträglich erkennen, sofern sie nicht mittäterschaftlich gehandelt haben.[364] Für diese Differenzierung ergibt sich aber aus dem Wortlaut der Vorschrift nichts. Mit „die Verpflichtung“ bezieht sich § 153 Abs. 1 S. 2 auf die in Satz 1 geregelte Pflicht, ohne diese einzuschränken oder zu erweitern. Der nach Satz 2 Verpflichtete tritt insoweit mit seiner eigenen Kenntnis an die Stelle des Steuerpflichtigen. Dementsprechend trifft ihn umgekehrt die Anzeigepflicht unstreitig auch dann, wenn der Steuerpflichtige selbst von Anfang an erkannt hat, dass die abgegebene Erklärung unrichtig ist.[365] Warum die Erklärungspflicht des Dritten weiter gehen soll, als die nach Satz 1, ist nicht ersichtlich. Insbesondere liefe der Dritte bei anfänglicher Kenntnis von der Unrichtigkeit der Erklärung, auch wenn er nicht mittäterschaftlich gehandelt hat, Gefahr, als Gehilfe strafrechtlich verfolgt zu werden.
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Bemerkt der Erbe, dass der Erblasser Steuern hinterzogen hat, so hat er die Steuerhinterziehung des Erblassers unverzüglich anzuzeigen, sofern die steuerliche Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 153 Abs. 1 S. 1, S. 2). Unterlässt er die Berichtigung, begeht er nach in Literatur und Rspr. vorherrschender Meinung eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen.[366] Problematisch ist in solchen Fällen, dass eine Hinterziehung des Erben auf eine bzgl. derselben Steuer bereits begangene Hinterziehung des Erblasseres folgt, während in den üblichen Konstellationen des § 153 die erstmalige Hinterziehung durch Nichtabgabe der Erklärung erfolgt.[367] Es wird somit eine bereits hinterzogene Steuer erneut hinterzogen, was Probleme bzgl. der Berechnung von steuerlicher Festsetzungs- und strafrechtlicher Verjährungsfrist sowie der Bestimmung des Ausmaßes der Steuerhinterziehung des Erben nach sich zieht.
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So ist umstritten, wie die Festsetzungsfrist zu berechnen ist. Nach § 169 Abs. 2 S. 2 beträgt die Festsetzungsfrist aufgrund der vom Erblasser begangenen Steuerhinterziehung zehn Jahre. Die Frist bestimmt sich danach, ob objektiv Steuern hinterzogen worden sind,[368] mit der Folge, dass sie auch für den an der Hinterziehung nicht beteiligten Erben gilt. Unterlässt der Erbe die Abgabe der Erklärung nach § 153 und begeht dadurch selbst eine Steuerhinterziehung, stellt sich die Frage, ob das erneut die 10-jähige Frist des § 169 Abs. 2 S. 2 auslösen kann.[369] Da die Festsetzungsfrist gem. § 170 aber an die Entstehung der Steuer anknüpft, während sich die Erklärung nach § 153 auf eine bereits entstandene und nur nicht veranlagte Steuer bezieht, kommt die Anwendung des § 169 Abs. 2 S. 2 nach der hier vertretenen Ansicht nicht in Betracht.[370]
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Zudem wird vertreten, die Festsetzungsverjährung sei gem. § 171 Abs. 7 solange gehemmt, bis die Unterlassungstat des Erben durch Unterlassen der Anzeige nach § 153 strafrechtlich verjährt ist.[371] Dem ist entgegen zu halten, dass sich § 171 Abs. 7 auf die Steuerstraftat des § 169 Abs. 2 bezieht („In den Fällen des § 169 Abs. 2 S. 2 endet die Festsetzung nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat [. . .] verjährt ist.“), d.h. auf die vom Erblasser begangene Tat und nicht eine sich daran anschließende weitere Tat des Erben, für den § 169 Abs. 2 S. 2, wie oben ausgeführt, nicht greift.[372]
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