Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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Bei einer Hinterziehung im Beitreibungsverfahren besteht der Erfolg demgegenüber in der Verletzung, also darin, dass der Täter die Beitreibung von Steuerbeträgen, bspw. durch das Verheimlichen von Einkünften oder Vermögen, vereitelt.
(3) Steuerverkürzung auf Zeit
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Nach § 370 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 genügt für die Vollendung der Steuerverkürzung die nicht rechtzeitige Festsetzung der Steuer, also die Steuerverkürzung auf Zeit. Objektiv betrachtet sind verfolgbare Steuerhinterziehungen immer solche auf Zeit, da die Festsetzungsfrist des § 169 AO regelmäßig nicht vor der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung (nach § 78 Abs. 3 StGB bzw. § 376 AO) abläuft.[424] Wird die zutreffende Steuer nach Tatendeckung festgesetzt und gezahlt, tritt kein endgültiger Schaden ein, die begangene Straftat entfällt dadurch nicht.[425]
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Will der Täter die Steuer subjektiv nur vorübergehend, für eine gewisse Zeit verkürzen, so dass die Festsetzung oder Anmeldung lediglich nicht rechtzeitig erfolgt, liegt der Schaden zwar nur in dem Zinsverlust,[426] der tatbestandliche Verkürzungserfolg bemisst sich hingegen nach aktueller Rspr. nach dem Nominalbetrag der nicht rechtzeitig festgesetzten Steuer.[427] Damit ist die Rspr. überholt, wonach zugunsten des Täters insb. in den Fällen nur eine Steuerhinterziehung auf Zeit angenommen wurde, in denen nach der Tathandlung eine weitere steuerliche Erklärung vom Täter abzugeben ist. Bspw. folgt auf die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 Abs. 1 UStG) eines Jahres nach der Systematik des Gesetzes die Abgabe der Jahreserklärung (§ 18 Abs. 3 UStG). Gab der Täter keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab, beging er nach dieser Auffassung nur eine Hinterziehung auf Zeit.[428] Der Hinterziehungsschaden wurde auf den dem Fiskus entstandenen Zinsverlust beschränkt. Die Hinterziehung auf Dauer wurde erst in der Nichtabgabe der Jahressteuererklärung gesehen.[429] Gleiches galt für Lohnsteueranmeldungen sowie Vorauszahlungen auf die Einkommen-, Körperschaft- oder Kapitalertragsteuer.[430] Wurde eine Steuerhinterziehung auf Zeit bejaht, bemaß sich der Verspätungsschaden nach dem Zinsverlust des Fiskus.[431] Dieser wurde entspr. §§ 235, 238 AO mit 0,5 Prozent pro Monat des nicht rechtzeitig festgesetzten Steuerbetrags angesetzt. Der 1. Senat des BGH hat diese Rspr. im Jahr 2009 aufgegeben und die Unterscheidung der tatbestandlichen Steuerverkürzung in eine solche „auf Dauer“ und eine solche „auf Zeit“ insgesamt abgelehnt.[432] Der BGH begründet dies damit, dass bei einer Verletzung der Pflicht zur Einreichung von zutreffenden Umsatzsteuervoranmeldungen die gem. § 370 strafbewährte Gefährdung des Steueranspruchs unabhängig davon besteht, ob der Steuerschuldner beabsichtigt, die falschen oder unterlassenen Angaben später – insb. in der Jahreserklärung – zu berichtigen oder nachzuholen. Die Steuerhinterziehung sei zwar ein Erfolgsdelikt, jedoch – wie die Vorschrift des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO zeigt – nicht notwendig Verletzungs- sondern konkretes Gefährdungsdelikt. Die geschuldete Steuer sei bereits dann verkürzt, wenn sie nicht rechtzeitig festgesetzt wird. Die spätere Korrektur ändere daher nichts am Erfolgsunrecht. Ziel des Täters, der sich durch eine Steuerhinterziehung auf Zeit nur vorübergehend Liquidität beschaffen wolle, sei eine Schadenswiedergutmachung. Sein Handlungsunrecht sei daher geringer, dies sei lediglich für die Strafzumessung von Bedeutung (s. dazu Rn. 362).[433]
(1) Begriff des Steuervorteils
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Der Begriff des Steuervorteils wird gesetzlich nicht definiert. § 370 Abs. 4 S. 2 stellt lediglich klar, dass Steuervorteile auch Steuervergütungen sind und dass Steuervorteile erlangt sind, wenn sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Nach der sehr weiten Definition des BGH handelt es sich um Vorteile spezifisch steuerlicher Art, die auf dem Tätigwerden der Finanzbehörde beruhen.[434] Ausgehend von der Definition der Steuer in § 3 Abs. 1 S. 1 kann ein Vorteil dann als spezifisch steuerlicher Art angesehen werden, wenn er den Ertrag einer Steuer mindert und dies auf der Anwendung eines Steuergesetzes beruht.[435] So ist bspw. das gem. § 31 S. 1 Alt. 2 EStG i.V.m. Abschn. 10 EStG gewährte Kindergeld ein Steuervorteil in Form einer Steuervergütung,[436] die für bis Ende 2005 angeschaffte Eigenheime gewährte Eigenheimzulage hingegen nicht, da es sich nicht um einen spezifisch steuerrechtlichen Vorteil handelt.[437] Der Steuervorteil muss nicht durch einen Verwaltungsakt gewährt werden. So soll bspw. die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung nach § 258 einen steuerlichen Vorteil bilden.[438]
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Da jede Steuerverkürzung zugleich einen Steuervorteil für den Steuerpflichtigen begründet, wird in der Literatur auf unterschiedliche Weise versucht, eine sinnvolle Abgrenzung des Erlangens eines Steuervorteils von der Steuerverkürzung vorzunehmen. Dies kann in der Weise geschehen, dass als Steuervorteile nur solche Vorteile erfasst werden, die außerhalb des Festsetzungsverfahrens erlangt werden.[439] Eine Steuererstattung ist dann nur in den Fällen ein Steuervorteil, in denen sie nicht auf einer zu niedrigen Festsetzung beruht.[440] Auch in einem vorteilhaften Feststellungsbescheid i.S.d. § 180 Abs. 1 wäre dann kein Steuervorteil zu sehen (s. dazu Rn. 169 ff.). In vielen Fällen beruht es auch außerhalb des Festsetzungsverfahrens allein auf dem Blickwinkel (Steuerpflichtiger oder Fiskus), ob man in dem Tätigwerden der Finanzbehörde einen steuerlichen Vorteil oder eine Steuerverkürzung sieht, wie etwa bei Stundung (§ 222), Zahlungsaufschub (§ 223) oder Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 2 bzw. § 69 FGO).
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Streitig ist, ob rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, wie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 und die Gewährung einer Fristverlängerung nach § 109 einen Steuervorteil darstellen bzw. zu einer Steuerverkürzung führen können.[441] Zuzustimmen ist insoweit dem OLG Hamm, das darauf abstellt, ob durch die verfahrensrechtliche Entscheidung der materielle Steueranspruch des Staates beeinträchtigt wird.[442] Demnach kann in der Erschleichung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann eine Steuerverkürzung –nicht ein steuerlicher Vorteil – gesehen werden, wenn dadurch die Beitreibung eines materiell bestehenden Steueranspruchs erschwert oder vereitelt wird. Das scheidet aus, wenn der Steuerpflichtige die materiell zutreffende steuerliche Festsetzung erstrebt.[443] Ransiek weist überdies darauf hin, dass die Gewährung von Wiedereinsetzung – anders als ggf. die Verlängerung von Fristen – das Steueraufkommen selbst nicht berühre, sondern nur die Möglichkeit zu einer späteren Änderung der Steuerlage schaffe.[444] Entscheidend ist, ob es aufgrund des verfahrensrechtlichen Antrags zu einer verspäteten Steuerfestsetzung oder -beitreibung und damit zu einer Steuerverkürzung kommt. Denkbar ist das unter Umständen, wenn ein verspätet eingelegter Einspruch gegen einen Steuerbescheid mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbunden und Wiedereinsetzung gewährt wird.
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