Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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Kommt der Steuerpflichtige dem Verlangen zur Empfängerbenennung nicht nach und werden deshalb Ausgaben steuerlich nicht anerkannt, so begründet das den Vorwurf der Steuerhinterziehung nur, wenn überdies nachgewiesen wird, dass die Ausgaben tatsächlich nicht geleistet worden sind oder dass es sich um nicht abzugsfähige Betriebsausgaben (wie etwa verschleierte Korruptionszahlungen i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG) handelt.[253] Legt der Steuerpflichtige Scheinrechnungen vor, um das Zwischenverfahren nach § 160 zu vermeiden, begründet das allein noch nicht den Vorwurf der Steuerhinterziehung, da auch ohne Vorlegung der Scheinrechnungen die Aberkennung der Ausgaben nur erfolgt, sofern das Finanzamt erstens die Ermessensentscheidung trifft, ein Benennungsverlangen zu stellen und zweitens nach unterbleibender Beantwortung die weitere Ermessensentscheidung, Betriebsausgaben abzuerkennen.[254] In Betracht kommt allerdings eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Empfängers.
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(f) Transfer- und Verrechnungspreise: Unrichtige Angaben im Zusammenhang mit Gewinnverlagerungen ins Ausland können tatbestandlich i.S.d. § 370 sein.[255] Auslöser solcher Gewinnverlagerungen ist häufig die Verlagerung bestimmter Aufgaben innerhalb eines Konzerns auf konzernangehörige oder anderweitig verbundene Unternehmen in anderen Ländern (sog. Funktionsverlagerung[256]). Bei den sich daraus ergebenden grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen zwischen den sich nahe stehenden Gesellschaften stellt sich insb. die Problematik der Transfer- oder Verrechnungspreise,[257] da innerhalb solcher Näheverhältnisse der Preis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger regelmäßig nicht wie zwischen fremden Dritten durch gegensätzliche Interessen beeinflusst wird, die dazu führen würden, dass die Marktverhältnisse den Preis bestimmen. Vielmehr kann der Preis anderen Unternehmensinteressen, wie bspw. Anreiz- und Lenkungsfunktionen innerhalb der Unternehmensstruktur dienen oder aber der Steuerminimierung durch die Verlagerung der zu versteuernden Gewinne in bestimmte niedrig besteuernde Länder. Um solche Steueroptimierungen zu verhindern, stellt § 1 AStG auf den international, zumindest in den OECD-Ländern,[258] anerkannten Fremdvergleichsgrundsatz ab. Dieser verpflichtet die Unternehmen, zu steuerlichen Zwecken für grenzüberschreitende innerbetriebliche Leistungen Verrechnungspreise anzusetzen, die unter fremden Dritten vereinbart worden wären. Halten die vereinbarten Verrechnungspreise dem Fremdvergleich nicht stand, sind außerbilanzielle Korrekturen durchzuführen, die eine Nachversteuerung auslösen: Nach § 1 AStG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 OECD-Musterabkommen) können die unter fremden Dritten angemessenen Preise für die Besteuerung zugrunde gelegt werden, wobei über Art. 9 Abs. 2 OECD-Musterabkommen eine Doppelbesteuerung vermieden werden soll. Weitere Korrekturmöglichkeiten bestehen über die Rechtsinstitute der verdeckten Gewinnausschüttung und der verdeckten Einlage (vgl. § 8 Abs. 3 S. 2 und S. 3 KStG).[259]
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Die dem Steuerpflichtigen nahe stehenden Personen regelt § 1 Abs. 2 AStG, die Geschäftsbeziehungen i.S.d. Vorschrift § 1 Abs. 4 AStG.
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Als vorrangige Methoden zur Berechnung des Verrechnungspreises nennt § 1 Abs. 3 S. 1 AStG die Preisvergleichsmethode,[260] die Wiederverkaufspreismethode[261] und die Kostenaufschlagsmethode,[262] die jeweils voraussetzen, dass Vergleichswerte ermittelt werden können, die – nach Vornahme sachgerechter Anpassungen – vergleichbar sind (s. dazu § 1 Abs. 3 S. 1–4 AStG). Fehlen solche Vergleichswerte, ist ein hypothetischer Fremdvergleich[263] auf Grund einer Funktionsanalyse und innerbetrieblicher Planrechnungen vorzunehmen (§ 1 Abs. 3 S. 5 – 12 AStG).
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Die Verrechnungspreisproblematik wird flankiert durch umfangreiche Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten gem. § 90 Abs. 3 für Geschäftsbeziehungen zu nahe stehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG. Nach § 90 Abs. 3 S. 2 umfassen diese Aufzeichnungspflichten die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für die den Grundsatz des Fremdvergleichs beachtende Vereinbarung von Preisen und anderen Geschäftsbedingungen untereinander. Die Gewinnaufzeichnungsverordnung (GAufzV),[264] mehrere BMF-Schreiben, insb. ein Anwendungsschreiben des BMF,[265] sowie die OECD-Verrechnungspreisrichtlinen[266] enthalten genauere Vorgaben zu den Aufzeichnungspflichten. Die Verletzung dieser Pflichten zieht gem. § 162 Abs. 3 steuerlich die widerlegbare Vermutung nach sich, dass die im Inland erzielten Einkünfte höher sind als erklärt und ermöglicht der Finanzbehörde eine Schätzung.
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Eine Steuerhinterziehung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige mit einer verbundenen ausländischen Gesellschaft Verrechnungspreise vereinbart, die dazu führen, dass das in Deutschland zu versteuernde Einkommen gemessen am Fremdvergleichsgrundsatz zu niedrig ausfällt und diesbzgl. gegenüber der Finanzbehörde vorsätzlich falsche oder keine Angaben macht.[267] In der Praxis bereitet die Bestimmung des angemessenen Transferpreises häufig Schwierigkeiten. Das beruht abgesehen von praktischen Problemen bei der Bestimmung der Berechnungsfaktoren auch darauf, dass es nach den unterschiedlichen Berechnungsmethoden mehrere denkbare Verrechnungspreise gibt.[268] Der gewählte Verrechnungspreis muss sich innerhalb des im Einzelfall zu bestimmenden Rahmens halten.[269] Die Vermutungsregel des § 162 Abs. 3 S. 1, wonach, wenn der Steuerpflichtige die Aufzeichnungen i.S.d. § 90 Abs. 3 S. 3 nicht zeitnah erstellt hat, widerlegbar vermutet wird, dass die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte höher als erklärt sind, gilt strafrechtlich nicht. Die Verkürzung muss dem Steuerpflichtigen nachgewiesen werden. Dabei ist auch die Regelung des § 162 Abs. 3 S. 2 und 3, wonach der Rahmen zulasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden darf, nicht anwendbar. Vielmehr ist dieser Rahmen strafrechtlich zugunsten des Steuerpflichtigen auszuschöpfen.[270] Liegt der Verrechnungspreis objektiv außerhalb dieses Rahmens, ist subjektiv kein Vorsatz bzgl. einer Steuerhinterziehung zu unterstellen, wenn der Entscheidungsträger darlegt, dass er diesen in vertretbarer Weise ermittelt hat.[271] Kann die Ermittlung nicht plausibel dargelegt werden, liegt zumindest billigendes In-Kauf-Nehmen der Steuerverkürzung nahe, wobei die Verletzung der Dokumentationspflichten ein Indiz dafür sein kann, dass die inländischen Einkünfte vorsätzlich zu niedrig erklärt worden sind.[272]
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In der Literatur wird zudem darauf hingewiesen, dass allein aus der Verletzung der Dokumentationspflichten nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Bst. f EStG i.V.m. der SteuerHBekV im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG keine strafrechtlichen Konsequenzen zu ziehen sind, obwohl es sich bei diesen steuerlich um eine materiell-rechtliche Voraussetzung des Betriebsausgabenabzugs handele.[273]
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Bei innerstaatlichen Sachverhalten kann die Finanzverwaltung ebenfalls eine Korrektur der angesetzten Verrechnungspreise vornehmen, wodurch im Verhältnis Gesellschafter zu Gesellschaft verdeckte Gewinnausschüttungen oder verdeckte Einlagen zu versteuern sein können.
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(g) Dividendenstripping: Als Dividendenstripping wird die Kombination aus dem Kauf bzw. Verkauf einer Aktie kurz vor dem Dividendenstichtag und dem СКАЧАТЬ