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der aufgrund des Dividendenabschlags zwischen dem Kurswert vor und nach der Dividendenzahlung entsteht, zu vermeiden. Ein ausländischer Aktionär verkauft z.B. seine Aktien vor dem Ausschüttungstag nebst Dividendenanspruch an einen Inländer. Dieser vereinnahmt die Dividende und kann bzgl. der abzuführenden Kapitalertragsteuer einen Erstattungsanspruch geltend machen. Danach verkauft er die Aktien an den ausländischen Anteilseigner ohne Dividende zu einem um den Wert der Dividende geminderten Preis zurück. Im Ergebnis erhält der ausländische Aktionär so den Wert der Brutto-Dividende und ist damit steuerlich wie ein inländischer Aktionär gestellt, dem ein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer zusteht. Von der Rspr. des BFH werden solche Gestaltungen teilweise als rechtmäßig anerkannt[274] und teilweise als nach § 42 rechtsmissbräuchlich[275] eingestuft. Eine Variante bilden die Cum-/Ex-Dividende-Geschäfte oder Cum-/Ex-Geschäfte. Gegenstand solcher Geschäfte ist der Handel von Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividende rund um den Dividendenstichtag.[276] Vereinfacht dargestellt werden die Aktien cum Dividende veräußert, geliefert aber – da der Verkäufer die Aktien zum Zeitpunkt des Cum-Tages nicht in seinem Depot hat – ohne Dividende. Statt der Dividende erhält der Käufer eine Kompensationszahlung in Höhe der Dividende. Nach der bis 2012 geltenden Rechtslage konnte es dabei durch Vorlegung von Bescheinigungen über den Einbehalt der Kapitalertragsteuer einerseits durch den früheren Eigentümer sowie andererseits durch den oder die Erwerber[277] zu mehrfacher Anrechnug von Kapitalertragsteuer kommen, obwohl die Kapitalertragsteuer nur einmal erhoben worden war. Flankiert wurden die Aktiengeschäfte regelmäßig durch Derivatgeschäfte wie Swaps, Optionen oder Futures. Die steuerliche Problematik liegt neben der Frage des Vorliegens eines Umgehungsgeschäfts i.S.d. § 42, vorrangig darin, dass der Erwerber aufgrund des Leergeschäfts zum Cum-Tag kein wirtschaftliches Eigentum erlangen konnte und daher bei Auszahlung der Dividende weder rechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien war. Somit wurde bezogen auf seinen Erwerb keine Kapitalertragsteuer abgeführt, so dass er zur Rückforderung der Kapitalertragsteuer auch nicht berechtigt war. Entsprechend hat das FG Köln[278] in einem Urteil vom 19.7.2019 betont, dass der Käufer bei einem außerbörslichem Leerverkauf nicht Eigentümer der ihm später zu liefernden Aktien werde und daher keinen Anspruch auf Anrechnung der hinsichtlich der Dividende einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer habe; die mehrfache Erstattung der nur einmal einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer scheide bereits denknotwendig aus. In strafrechtlicher Hinsicht hat das LG Köln den Antrag auf Erstattung von Kapitalertragsteuer aus ungedeckten Leerverkäufen in einem Beschluss v. 16.7.2015 als unrichtige Angabe über steuerlich erhebliche Tatsachen gewertet.[279] Demnach kommt eine Steuerhinterziehung in Betracht, wenn der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Dies wird in der Praxis angenommen, wenn eine Absprache zwischen Veräußerer und Erwerber nachgewiesen werden kann oder der Erwerber sonst erkannt hat, dass auf die erworbene Dividenden(ausgleichs)zahlung keine Kapitalertragsteuer abgeführt worden ist. Eine erste strafrechtliche Verurteilung von in Cum-Ex-Geschäfte eingebundenen Aktienhändlern ist am 18.3.2020 durch das LG Bonn erfolgt.[280] Weitere Anklagen sind u.a. zum LG Frankfurt zum Az. 24 KLs 17/19 und zum LG Wiesbaden zum Az. 6 KLs, 1111 Js 27125/12 erfolgt. Eine weitere Variante sind sog. Cum-Cum-Dividende-Geschäfte oder Cum-Cum-Geschäfte, bei denen in der Regel ausländische Aktionäre von deutschen Unternehmen, zur Vermeidung der Kapitalertragsteuer, ihre Aktien zum Dividendenstichtag an einen in Deutschland ansässigen Finanzdienstleister verleihen, der bzgl. der Kapitalertragsteuer einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Fiskus hat. Kurz nach dem Dividendenstichtag werden die Aktien an den bisherigen ausländischen Aktionär zurück gegeben. Die Kursrisiken werden über diese Zeit abgesichert. Die Finanzverwaltung betrachtet solche Geschäfte als rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 42, wenn ein wirtschaftlich vernünftiger Grund für das Rechtsgeschäft fehlt und der Fall insgesamt eine steuerinduzierte Gestaltung (Steuerarbitrage) aufweist.[281] Als Indizien in diesem Sinne werden gewertet, der Ausschluss des Stimmrechts des Entleihers/Erwerbers sowie der Ausschluss des Risikos von Kursschwankungen für den Entleiher/Erwerber. Das Hessische FG hat zu einer Gestaltung, bei der dem Erwerber von über den Dividendenstichtag übertragenen Aktien aufgrund der vertraglichen Gestaltung an den Aktien lediglich eine „leere Eigentumshülle“ verschafft worden war, entschieden, dass der veräußernde ausländische Aktieninhaber wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben sei. Ihm seien daher die Dividendenerträge zuzurechnen, die zum Kapitalertragsteuerabzug berechtigten. Darüber hinaus seien die Geschäfte von vornherein darauf angelegt gewesen, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen, mit der Folge, dass auch ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zu bejahen sei.[282]
Nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
aa) Steuerhinterziehung als gesetzlich geregeltes echtes Unterlassungsdelikt
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Mit dem pflichtwidrigen In-Unkenntnis-Lassen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 wird ein Unterlassen unter Strafe gestellt. Bei dem Tatbestand handelt es sich um ein besonders gesetzlich geregeltesechtes Unterlassungsdelikt.[283]
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Das Unterlassen i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 muss pflichtwidrig sein. Die Vorschrift wird daher – anders als § 370 Abs. 1 Nr. 1 – als Sonderdelikt eingeordnet.[284] Der Täter selbst muss zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet sein. Eine Zurechnung fremder Pflichten kommt auch dann nicht in Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen würde.[285] Nach geänderter Rspr. des 1. Senats[286] handelt es sich bei der Pflichtwidrigkeit, um ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 StGB,[287] mit der Folge, dass die Strafe – abgesehen von der Milderung für den Teilnehmer nach §§ 27, 49 Abs. 1 StGB – nochmals nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert wird, sofern nicht allein wegen des Fehlens der Erklärungspflicht Beihilfe und nicht Täterschaft angenommen wird.[288] Der BGH begründet dies zutreffend damit, dass den Verpflichteten – ungeachtet dessen, dass die steuerrechtlichen Erklärungsvorschriften potentiell viele treffen können – im konkreten Fall jedenfalls eine Sonderpflicht trifft, die höchstpersönlicher Art ist. Denn das tatbestandliche Unrecht der verwirklichten Tat ergibt sich im Vergleich zu anderen Straftatbeteiligten aus der im Rahmen von § 370 Abs. 1 Nr. 2 erforderlichen Erklärungspflicht, die die besondere soziale Rolle des Täters in Bezug auf die von der Vorschrift geschützten Rechtsgüter kennzeichnet.
bb) Steuerliche Erklärungspflicht
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Pflichtwidrig unterlassen i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 kann nur, wer zur Aufklärung besonders verpflichtet ist. Die steuerlichen Erklärungspflichten ergeben sich aus den Steuergesetzen,[289] also aus der AO und den Einzelsteuergesetzen.