Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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(aa) Verbotsirrtum, § 17 StGB: Ein Schuldausschluss wegen Verbotsirrtums kommt in Betracht, wenn dem Täter bei der Begehung der Tat die Einsicht fehlte, Unrecht zu tun (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 17 S. 1 StGB), was etwa bei einem Irrtum über das Bestehen einer steuerrechtlichen Erklärungspflicht[147] der Fall sein kann.
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Konnte der Täter den Irrtum ausnahmsweise nicht vermeiden, so handelte er ohne Schuld (§ 17 S. 1 StGB); anderenfalls kann die Strafe lediglich nach § 49 Abs. 1 fakultativ gemildert werden (§ 17 S. 2 StGB).
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An die Unvermeidbarkeit eines Irrtums i.S.v. § 17 StGB stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen.[148] Vermeidbar und damit dem Täter vorwerfbar ist der Verbotsirrtum, wenn der Täter trotz einer ihm nach dem Umständen des Einzelfalles und seinem Lebens- und Berufskreis zuzumutenden Gewissensanspannung[149] nicht in der Lage war, das Unrecht der Tat zu erkennen.
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Aufkommenden Zweifeln hat der Täter nachzugehen, ggf. auch mittels Einholung externen sachkundigen Rats.[150] Das Vertrauen auf die Rechtsauskunft eines zuverlässigen, sachkundigen und unbefangenen Experten (etwa des Hausjuristen[151]) oder die Zusicherungen des zuständigen Mitarbeiters einer Behörde[152] kann den Irrtum unvermeidbar machen. Derartiges entbindet allerdings den StPfl. nach der Rspr. nicht völlig von der kritischen Prüfung und einer etwaig notwendigen erneuten Auskunftseinholung.[153]
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Auch verbindlich erteilte Auskünfte der FinB, etwa über die steuerliche Behandlung eines in der Zukunft liegenden Besteuerungstatbestands (§ 89 Abs. 2),[154] wird man zu den vertrauenswürdigen Auskünften zählen können, wenn und soweit keine oder nur unwesentliche Abweichungen des Sachverhalts vorliegen (§ 2 Abs. 1 StAuskV) und der StPfl. darauf vertraut.
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Beim Vertrauen auf die Beständigkeit einer gefestigten Rspr. besteht zwar kein Irrtum im engeren Sinne, insofern der Täter die zum Tatzeitpunkt geltende Rechtslage kennt, doch dürfte jedenfalls dann eine dem unvermeidbaren Verbotsirrtum vergleichbare Situation anzunehmen sein, wenn die Änderung der gefestigten Rspr. mit „Rückwirkungsanspruch“ auftritt.[155]
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(bb) Fehlende oder verminderte Schuldfähigkeit, § 20, 21 StGB: Wie im allgemeinen Strafrecht kann es auch im Zusammenhang mit Steuerdelikten Konstellationen geben, bei denen es zweifelhaft ist, ob der Täter zum Zeitpunkt der Tatbegehung in der Lage war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.[156] Als mögliche Ursachen fehlender oder verminderter Schuldfähigkeit kommen z.B. in Betracht: erhebliche Intelligenzschwäche, Demenz, Spielsucht, Alkoholabhängigkeit.
(6) Konkurrenzen
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Es gelten die allg. Regeln (am Bsp. von § 370 s. § 370 Rn. 432 ff.); insb. zur Wahlfeststellung s. § 370 Rn. 447.
(7) Verjährung
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Die strafrechtliche Verfolgungsverjährung stellt nach allg. Meinung ein Verfahrenshindernis dar, das regelmäßig die Einstellung des Verfahrens zur Folge hat.[157]
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Wie üblich sind Dauer und Beginn der Verjährung für jedes Strafgesetz und damit auch für jedes Steuerstrafgesetz gesondert zu bestimmen.[158] Bei der Steuerhinterziehung gem. § 370 beträgt die (strafrechtliche) Verjährungsfrist fünf Jahre (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).[159] Eine steuerstrafrechtliche Besonderheit stellt dagegen die 10jährige Verjährungsfrist für besonders schwere Fällen der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 3 dar (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 376 Abs. 1, s. auch Rn. 118).
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Komplexe Anwendungsfragen ergeben sich dabei insb. bei der Bestimmung des Zeitpunkts des Beginns des Laufs der Verjährung (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 78a StGB), der sich nach der Beendigung der Tat (Rn. 64 ff.) richtet und für jede Steuerart (Veranlagungssteuern, Anmeldungssteuern) und jede Art der Deliktsbegehung (Tun, Unterlassen) gesondert zu bestimmen ist (Details s. § 376 Rn. 35).[160]
(1) Haupt- und Nebenstrafen
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Im Mittelpunkt der Strafzumessung bei Haupt- und Nebenstrafen steht die individuelle Schuld des Täters (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 46 Abs. 1 S. 1 StGB). Für die gerichtliche Strafzumessung im Steuerstrafrecht gelten die allg. Regeln (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 46 StGB) (s. etwa § 370 Rn. 352 ff.).[161] Besonderheiten ergeben sich zum Teil in der von der Rspr. des BGH geprägten Sanktionspraxis der (Steuer-)Strafgerichte (Rn. 106 ff.).
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(a) Strafzumessungsrelevante Umstände: Bezugspunkt der Strafzumessung ist häufig der Steuerschaden[162], den die höchstrichterliche Rspr. durch Grenzbeträge besser handhabbar zu machen versucht (s. sogleich Rn. 106 ff.).[163] Überschreitungen diese Grenzbeträge können sich strafschärfend auswirken, Unterschreitungen umgekehrt strafmildernd;[164] entscheidend ist aber stets die Gesamtwürdigung aller Umstände.
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Ein wichtiger strafmildernder Umstand i.S.v. § 46 Abs. 2 StGB ist die Wiedergutmachung durch Nachzahlung,[165] wobei unter Umständen auch schon das Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, СКАЧАТЬ