Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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Bei der Anmeldungssteuer erfolgt die Steuerfestsetzung nicht durch behördlichen Bescheid, sondern durch Steueranmeldung (§ 150) des StPfl. selbst (z.B. bei der Umsatzsteuer gem. § 18 Abs. 1 UStG oder der Lohnsteuer gem. §§ 38 ff. EStG). Die Steuerselbstberechnung ersetzt die Steuerfestsetzung (§ 168 S. 1), womit Tatvollendung in der Regel durch die Einreichung der Anmeldung (bzw. ihrer Unterlassung) eintritt oder, soweit dies bei Verringerungen der angemeldeten Steuern erforderlich ist, durch Zustimmung der FinB (§ 168 S. 2).[101]
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Eine steuerrechtliche Besonderheit und eine die Vollendung vorverlagernde Wirkung hat in diesem Zusammenhang die Regelung des § 370 Abs. 4 S. 3 vor, die einen tatbestandlichen Taterfolg auch dann annimmt, wenn die Steuer aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können. Anders als etwa im Vermögensstrafrecht des StGB werden steuermindernde und steuererhöhende Gründe nicht saldiert (sog. Kompensationsverbot) (für Details s. § 370 Rn. 230 ff.).[102] Dies gilt zum Beispiel für den Fall der Saldierung von Vorsteueransprüchen mit hinterzogener Umsatzsteuer.[103] Anerkannt ist aber, dass solche steuermindernde Gründe sich bei der Strafzumessung strafmildernd auswirken können.[104]
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Eine Ausnahme vom Kompensationsverbot anerkennt die Rspr. aber dann, wenn die angeführten Steuerminderungsgründe in einem unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Hinterziehungshandlungen stehen (s. § 370 Rn. 232).[105]
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(b) Beendigung der Tat: Der Zeitpunkt der Beendigung der Tat entscheidet über das Ende der Möglichkeit strafbarer Beihilfe und sukzessiver Mittäterschaft sowie den Beginn des Laufs der Verfolgungsverjährung gem. § 78a StGB.
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Beendet ist eine Tat durch den vollständigen Abschluss des tatbestandsgemäßen Verhaltens und des Vorliegens aller übrigen Voraussetzungen der Strafbarkeit.[106] Wie bei der Vollendung (Rn. 57 ff.) ist dies für jede Steuerstraftat und jede Steuerart gesondert zu bestimmen ist (für § 370 s. § 370 Rn. 184 ff.).[107]
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Zwei Beispiele: Bei der Veranlagungssteuer fallen in der Bekanntgabe des Steuerbescheids regelmäßig Vollendung und Beendigung zusammen.[108] Bei der Anmeldungssteuer können sich Abweichungen ergeben, etwa wenn es ein mehrstufiges Verfahren von vorbereitenden und endgültigen Erklärungen gibt wie bei der Umsatzsteuer. In diesem Fall soll nach der Rspr. die Tat der Voranmeldung erst mit der Abgabe der Jahreserklärung beendet sein.[109]
(4) Vorsatz und Irrtum
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(a) Vorsatz, § 15 StGB: Es gelten die allg. Regeln. Soweit nicht ausdrücklich fahrlässiges Verhalten unter Strafe gestellt ist, ist nur die vorsätzliche Begehung strafbar (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 15 StGB). So ist etwa die Steuerhinterziehung gem. § 370 als Vorsatztat ausgestaltet; sie wird dabei allerdings flankiert durch den bußgeldbewehrten Tatbestand der leichtfertigen, d.h. in erhöhtem Maße fahrlässigen Steuerhinterziehung (§ 378), dem insofern die Rolle als „Auffangtatbestand“ zukommt[110] (Details s. § 378 Rn. 1 ff.).
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§ 370 setzt zumindest bedingten Vorsatz (dolus eventualis) hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Hinterziehungstatbestandes voraus (Details s. § 370 Rn. 259 ff.; s. auch Rn. 76).[111] Dies bedeutet nach der Rspr., dass der StPfl. im konkreten Fall den Steueranspruch nach Grund und Höhe zumindest für möglich hält (intellektuelles Vorsatzmoment) und seine Verkürzung auch billigt (voluntatives Vorsatzmoment).[112] Eine sichere Kenntnis oder eine darüber hinausgehende Hinterziehungsabsicht werden dagegen nicht verlangt.[113]
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Der Steuerhinterziehungsvorsatz ist unter Gesamtwürdigung aller für die innere Tatseite relevanten Umstände gerichtlich festzustellen (§ 385 Abs. 1 i.V.m. § 261 StPO).[114] Maßgebliche Bedeutung erlangen hierbei äußere Umstände, aus denen das Gericht rückschließt.[115] Bei „Kaufleuten“ bspw. sei es nach dem BGH erforderlich, deren „Umgang mit den in ihrem Gewerbe bestehenden Erkundigungspflichten“ in die Würdigung einzubeziehen,[116] wobei eine „mangelnde Erkundigung“ auf „Gleichgültigkeit“ schließen lasse.[117] Dasselbe soll, so der BGH, auch für den „nicht steuerlich sachkundige(n) Steuerpflichtigen“ gelten, wenn dieser „Vertragskonstruktionen oder Geschäftsabläufe“ wähle, die von der „üblichen Geschäftsabwicklung“ abweichen.[118]
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Vereinzelt sehen Steuerstraftaten besondere subjektive Absichten vor: z.B. die Bereicherungsabsicht bei der Steuerhehlerei gem. § 374 Abs. 1 (Details s. § 374 Rn. 38 ff.) oder Vorteilsicherungsabsicht bei § 257 StGB. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob damit Absicht im Sinne eines zielgerichteten Willens zu verlangen ist (dolus directus 1. Grades) oder ob sicheres Wissen (dolus directus 2. Grades) ausreicht.
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(b) Tatbestandsirrtum, § 16 Abs. 1 S. 1 StGB: Wer bei Tatbegehung einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt ohne Vorsatz (vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum, § 369 Abs. 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB, zu Irrtumskonstellationen s. Rn. 73 ff.; zum Verbotsirrtum gem. § 17 StGB s. Rn. 88 ff.).
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