Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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Vorsatzausschließend ist nach allg. Meinung der Irrtum über das Bestehen eines Steueranspruchs,[120] etwa wegen Unkenntnis des insoweit verkürzten Steueranspruchs oder auch wegen Annahme eines vermeintlich kompensierenden Erstattungsanspruchs.[121]
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Ob auch der Irrtum über den Umfang einer steuerlichen Pflicht den Vorsatz ausschließt, oder ob dieser nur als Verbotsirrtum gem. § 17 StGB (Rn. 88 ff.) zu behandeln ist, ist umstritten.[122]
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Kein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum, sondern nur ein Verbotsirrtum ist der Irrtum über das Bestehen einer steuerrechtlichen Erklärungspflicht (Rn. 86).[123]
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Kein Raum für einen Irrtum besteht nach der Rspr. aber dann, wenn sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass der Täter mit bedingtem Hinterziehungsvorsatz gehandelt hat, indem dieser zwar das Bestehen einer steuerlichen Pflicht für möglich gehalten hat, sich aber gleichwohl mit dem Eintritt des durch ihn bewirkten Steuerverkürzungserfolges abgefunden hat.[124]
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(c) Fahrlässigkeitsstrafbarkeit: Fahrlässige Steuerstraftaten kennt das Steuerstrafrecht nicht, allerdings können die Steuerordnungswidrigkeiten gem. §§ 378–382 fahrlässig begangen werden.[125] Besondere Bedeutung kommt hier insb. der leichtfertigen Steuerhinterziehung gem. § 378 zu (s. dort).[126]
(5) Rechtswidrigkeit; Schuld
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(a) Rechtfertigung: Die Rechtswidrigkeit richtet sich nach allg. Regeln, ist also in der Regel gegeben, wenn der gesetzliche Tatbestand erfüllt ist (Indizwirkung des Tatbestands). Rechtfertigungsgründe spielen üblicherweise keine Rolle im Steuerstrafrecht.[127]
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(aa) Behördliche Äußerungen: Eine der behördlichen Genehmigung aus dem Umweltstrafrecht vergleichbare Regelung, die eventuell das Unrecht ausschließt, kennt das Steuerstrafrecht nicht.[128]
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Nicht endgültige Entscheidungen über den Steueranspruch, wie etwa die Zustimmung zur Erstattung von Umsatzsteuer (§ 168 S. 2), bewirken keinen Ausschluss der Strafbarkeit wegen einer Steuerstraftat. Dies gilt nach der Rspr. selbst dann, wenn die FinB trotz Kenntnis der „für die zutreffende Besteuerung bedeutsamen Tatsachen“ aus „ermittlungstaktischen Erwägungen“ eine materiell unrichtige Zustimmung zur Erstattung von Umsatzsteuer abgeben, um die Ermittlungen „zur Aufdeckung und Zerschlagung eines groß angelegten Umsatzsteuerhinterziehungssystems“ nicht zu gefährden.[129] Das Nichteinschreiten der Behörden soll auch keine strafmildernden Wirkungen auf Strafzumessungsebene haben.[130]
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Die im Besteuerungsverfahren zulässigen Vereinbarungen zwischen StPfl. und FinB über den steuerlichen Sachverhalt (sog. tatsächliche Verständigung)[131] entfalten ebenfalls keine Bindungswirkung für ein eventuell nachfolgendes Steuerstrafverfahren.[132]
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Der nachträgliche Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis aus Billigkeitsgründen (§ 227) bewirkt keinen Ausschluss der Strafbarkeit wegen einer Steuerstraftat, dürfte aber entsprechend den allg. Regeln zur nachträglichen Genehmigung im Vermögensstrafrecht auf Ebene der Strafzumessung Berücksichtigung finden.[133]
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(bb) Wirtschaftliche Notlagen: Die Verhinderung wirtschaftlicher Notlagen, etwa der Schutz der eigenen wirtschaftlichen Existenz oder der Schutz von Arbeitsplätzen, rechtfertigt grundsätzlich keine Steuerstraftat.[134] Eine Rechtfertigung wegen rechtfertigenden Notstands (§ 369 Abs. 2 i.V.m. § 34 StGB) scheitert bereits an der Erforderlichkeit der Notstandshandlung i.S.v. § 34 S. 1 StGB, da die Rechtsordnung besondere Verfahren vorhält, um Notlagen abzumildern.[135] So sind bei drohender finanzieller Leistungsunfähigkeit vorrangig die Möglichkeiten der AO zu nutzen wie z.B. Stundung (§ 222) oder Erlass (§ 227).[136]
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(cc) Geltendmachung von Ermäßigungsgründen: Auch das Bestehen von Ermäßigungsgründen gibt dem StPfl. nicht das Recht, eigenmächtig die Steuerschuld zu saldieren (etwa durch Verrechnung hinterzogener Umsatzsteuer mit Vorsteueransprüchen). Anders als etwa im Vermögensstrafrecht des StGB werden steuermindernde und steuererhöhende Gründe nicht saldiert (sog. Kompensationsverbot, vgl. § 370 Abs. 4 S. 3 sowie Rn. 62 f.).
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(dd) Die Besteuerung sitten- und gesetzwidriger Geschäfte: Eine Besonderheit des Steuerrechts stellt es dar, dass auch sitten- und gesetzwidrige Geschäfte der Steuerpflicht unterliegen (vgl. § 40).[137] Dies hat zur Folge, dass auch Einkünfte aus strafbaren Handlungen der Besteuerung unterfallen und den FinB gegenüber zu erklären sind, soweit sie einen Besteuerungstatbestand erfüllen.[138] So sind bspw. auch Erträge aus dem verbotenem Handel mit Betäubungsmitteln,[139] aus verbotener Prostitution[140] oder auch einer verbotenen Lotterie[141] zu versteuern.[142] Dies stellt nach allg. Meinung keinen Widerspruch zum Gebot der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung dar, da damit gerade eine steuerliche Privilegierung sittenwidrigen oder rechtswidrigen Verhaltens verhindert werden soll[143] (zur Gefahr der Selbstbelastung s. Rn. 86 f.).
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(ee) Gefahr der Selbstbelastung: Soweit der StPfl. in Erfüllung einer steuerlichen Erklärungspflicht[144] Tatsachen offenbart, die die Verfolgung einer Straftat rechtfertigen, die keine Steuerstraftat ist, dürfen diese im Grundsatz nicht zu Lasten des StPfl. „verwendet“ werden (Beweisverwendungs- bzw. -verwertungsverbot, § 393 Abs. 2 S. 1).[145]
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Eine ausnahmsweise Verwendung bzw. Verwertung soll allerdings gem. § 393 Abs. 2 S. 2 möglich sein, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse i.S.v. § 30 Abs. 4 Nr. 5 besteht[146] (Details s. § 393 Rn. 72 ff).
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