Erwerb der deutschen Pluralflexion. Gülsüm Günay
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Название: Erwerb der deutschen Pluralflexion

Автор: Gülsüm Günay

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Language Development

isbn: 9783823300243

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СКАЧАТЬ der obigen Darstellung zu entnehmen ist, erfährt das Adjektiv im Akkusativ die Markierung -en, wenn es sich um ein Maskulinum handelt, während Neutra und Feminina eine gesonderte Akkusativmarkierung vornehmen. Im Dativ sind vier Regeln zu formulieren, wobei sich drei auf den Singular beziehen und eine die Flexion im Plural beschreibt. In diesen Regeln ist das Flexionsmuster des Adjektivs entscheidend, ob es schwach oder stark flektiert. Die oben dargestellte erste Dativregel von Wegener (1995a) besagt, dass starke Adjektive bei nachfolgender Maskulina und Neutra mit der Endung -em markiert werden. Wenn jedoch vorangehende Artikelwörter existieren, gilt die zweite Dativregel, dass die Adjektive mit -en markiert werden.

      Wenn keine Artikelwörter vorangestellt sind, erhält das Adjektiv vor Feminina die Endung -er. Nach der vierten Regel markieren, wie oben zu sehen, alle Nomen im Dativ-Plural ihre vorangehenden Adjektive mit der Endung -en. Diese aufgeführten Gesetzmäßigkeiten der Markierungen in der Kategorie Kasus gelten in den beschriebenen Kontexten nahezu ausnahmslos.

      Der Kasus wird im Gegensatz zum Genus eher von äußeren Faktoren bestimmt und es lässt sich zudem feststellen, dass er auch „gegenüber dem Numerus die ‚äußere‘ Kategorisierung bei Substantiv [ist]“ (Eisenberg 2000: 152). Er übernimmt „bestimmte Funktionen im Satz, die jedoch komplexer zu beschreiben sind als die rein semantischen Funktionen der Numeri“ (Wegener 1995b: 120). Diese Funktionen sind unter anderem deshalb so komplex, da viele Synkretismen existieren, das heißt, dass es im Kasussystem des Deutschen viele Fälle gibt, in denen „zwei oder mehr Kasusfunktionen in einer Kasusform zusammengefallen sind“ (ebd.):

Neutr.Mask.Fem.Pl.
Nom.das Buchder Tischdie Taschedie Tische
Akk.das Buchden Tischdie Taschedie Taschen
Dat.dem Buchdem Tischder Tascheden Büchern

      Tabelle 10: Beispiel für Genus-, Kasus- und Numerussynkretismen (nach Wegener 1995: 166)

      Zu anderen „Synkretismusfeldern“ (Thieroff/Vogel 2012: 57) in der Kasusflexion sei an dieser Stelle auf Wegener (1995a: 166ff.) und Thieroff/Vogel (2012: 56ff.) verwiesen.

      Wegener unterscheidet zwischen syntaktischen, semantischen und pragmatischen Funktionen der Kasus im Deutschen (siehe Wegener 1995: 120ff.). Die wichtigste Funktion stellt die syntaktische Funktion dar. Hier nimmt Wegener eine Differenzierung zwischen primären und sekundären Funktionen vor (ebd.). Die durch die Kasusmarkierung umgesetzte Bestimmung der „grammatischen Relation Subjekt (SU), direktes Objekt (DO), indirektes Objekt (IO) und Attribut“ im Satz sei die „primäre Funktion der Kasus“ (Wegener 1995: 120). Im Nominativ wird „zusammen mit der Verbkongruenz“ (ebd.) das Subjekt kodiert. Der Akkusativ kodiert das direkte Objekt und der Dativ das indirekte Objekt. Die sekundären, die Syntax betreffenden Funktionen, wie die Realisierung von Prädikatsnomen, werden hier nicht thematisiert (siehe dazu Wegener 1995b: 121ff.).

      Bei der Erfüllung von semantischen Funktionen der Kasusmarkierungen wird die Annahme vertreten, „daß die semantische Struktur von Verben auf die syntaktische Ebene projiziert wird, und daß es bestimmte Prinzipien gibt, nach denen bestimmte Thetarollen mit bestimmten Kasusmarkierungen und bestimmten Strukturpositionen kombiniert werden“ (Wegener 1995b: 122). Daraus ergibt sich eine Anordnung von semantischen Rollen und grammatischen Relationen, die sich gegenseitig bestimmen und bedingen:

KasusSyntakt. Funktionen/Grammat. RelationenSemantische Rolle
Nom.SubjektAgens
Akk.Direktes ObjektThema
Dat.Indirektes ObjektRezipiens

      Tabelle 11: Zu den semantischen Rollen in der Kasusmarkierung

      Als pragmatische Funktionen der Kasusmarkierungen im Deutschen sind zum einen das Ermöglichen von verschiedenen Sprecherperspektiven (vgl. Marouani 2006: 44), zum anderen auch die Variationsmöglichkeit der Topikalisierung in einem Satz zu nennen. Diese sollen hier im Hinblick auf ihre Irrelevanz für den empirischen Teil der Arbeit nicht erläutert werden (siehe dazu Wegener 1995b: 124ff. und Marouani 2006: 44f.).

      2.4 Zusammenfassung

      In den letzten Kapiteln erfolgte eine skizzenhafte Beschreibung der Merkmalklassen Numerus, Genus und Kasus und ihrer Ausprägungen im Deutschen. Alle drei Kategorien wurden sowohl im Hinblick auf ihre Markierungsvorkommen im Deutschen als auch ihrer Funktionen, die sie in der deutschen Sprache einnehmen und die dabei festzustellenden Gesetzmäßigkeiten betrachtet.

      Im Numerus lassen sich die Merkmale Singular und Plural unterscheiden, während nur die Ausprägung Plural markiert wird. Diese Markierung erfolgt flexivisch und nur am Nomen, indem die Endungen -e, -er, -n, -en und -s suffigiert werden (und/oder zusätzlich das Nomen umgelautet wird), wenn es sich um ein Nomen handelt, das etwas in der Mehrzahl kennzeichnet. Denn der Numerus ist eine „semantische Kategorie, die es ermöglicht, flexivisch zwischen Einzahl und Mehrzahl zu unterscheiden“ (Weber 2001: 11). Dabei ist zu beachten, dass im Deutschen lediglich Nomen, die zählbar sind, in den Plural gesetzt werden können. Das deutsche Pluralsystem ist äußerst komplex und es existieren verschiedene Ansichten darüber, wie dieses System zu beschreiben ist. Diese Ansichten unterscheiden sich zum einen bezüglich ihrer Auffassung, ob sie davon ausgehen, dass die Zuweisung der einzelnen Pluralmarker eher regelgeleitet oder eher beliebig erfolgt, und zum zweiten inwieweit – und bezüglich welcher Kriterien (phonologisch/morphologisch/semantisch) – Regeln und Ausnahmen formuliert werden.

      Bei der Betrachtung des deutschen Numerussystems lässt sich feststellen, dass dieses nicht allein analysiert werden kann. Im Deutschen ist jedem Nomen ein bestimmtes Genus zugewiesen, das fest ist und nicht verändert wird. Somit weist ein Nomen entweder das Merkmal Maskulinum, Neutrum oder Femininum auf. Diese Eigenschaft des Nomens, sein Genus, bleibt in der Syntax beim Zusammentreffen mit anderen Wortarten nicht nur erhalten, sondern beeinflusst die Flexion der anderen Konstituenten, wie z.B. des Artikels oder des Adjektivs. Auch wenn die Funktionen des Genus, wenn es überhaupt eine Funktion erfüllt, einen sehr kontrovers diskutierten Abschnitt des deutschen Genussystems darstellen, so ist festzuhalten, dass das Genus bei der Erzeugung und Markierung von Kongruenz eine wichtige Rolle spielt. Der Kasus „operiert [im Vergleich zu Numerus und Genus vor allem] auf der Satzebene [… und] wird als funktionale Kategorie angesehen, die die Bezüge zwischen den verschiedenen Satzteilen verdeutlicht“ (Weber 2001: 11), wobei erst durch das Mitwirken aller drei Kategorien die Kongruenz hergestellt werden kann.

      Zusammenfassend ist zu betonen, dass Kongruenz unter Einbezug von sowohl syntaktischen als auch semantischen, morphologischen und auch lexikalischen Ebenen betrachtet werden muss und somit die Möglichkeiten der Markierung sich als sehr vielfältig aufweisen (vgl. Corbett 2006). Es fällt auf, dass die Formulierung von Regeln und Funktionen in der Kategorie Kasus viel einheitlicher, ausführlicher und auch in weitaus mehr Publikationen vorgenommen wird, als dies beim Numerus und vor allem beim Genus der Fall ist.

      Zudem kann festgestellt werden, dass „dort, wo Kasus- und Numerusflexion behandelt werden, […] sie beinahe nur als voneinander unabhängige Bereiche des Flexionssystems [erscheinen]“ (Bittner 1994: 65). Die bestehenden Zusammenhänge, Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen Kasus- und Numerusflexion werden bislang oft unzureichend beschrieben.

      

      3 Die Nominalflexion des Türkischen

      „Die deutsche Nominalflexion ähnelt so eher derjenigen des Türkischen als derjenigen des Lateins.“ СКАЧАТЬ