Erwerb der deutschen Pluralflexion. Gülsüm Günay
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Читать онлайн книгу Erwerb der deutschen Pluralflexion - Gülsüm Günay страница 12

Название: Erwerb der deutschen Pluralflexion

Автор: Gülsüm Günay

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Language Development

isbn: 9783823300243

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(65)bir kız‚ein Mädchen‘

      3.3 Das Kasussystem des Türkischen

      In der Merkmalklasse Kasus sind im Türkischen sechs Merkmale vorzufinden: Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv, Lokativ und Ablativ (siehe Ersen-Rasch 2004: 42ff., Kissling 1960: 22)1. Wie bei der Beschreibung des deutschen Kasussystems sollen in diesem Kapitel die Kasusmarkierung und ihre Funktionen betrachtet werden und die Frage im Hinblick auf existierende Gesetzesmöglichkeiten im Vergleich zum Deutschen beantwortet werden.

      Auch bei der Kasusmarkierung der oben genannten sechs Merkmale spielt die Vokalharmonie eine wichtige Rolle (vgl. Ersen-Rasch 2004: 10). Im Nominativ erhalten die Nomen keinerlei Markierungen (siehe Ketrez 2012: 27), so dass es insgesamt fünf „case suffixes“ (Göksel/Kerslake 2005: 70) gibt. Folgende Markierungen existieren im türkischen Kasussystem:

MarkierungBeispiele
+Vokalendung (VE)-Vokalendung (VE)+VE-VE
a/ıu/oe/iü/öa/ıu/oe/iü/ö
Nom.silgi kalem
Akk.-yı-yu-yi-yü-u-isilgi -yikalem -i
Gen.-nın-nun-nin-nün-ın-un-in-ünsilgi -ninkalem -in
Dat.-ya-ya-ye-ye-a-a-e-esilgi -yekalem -e
Lok.-da/-ta2-da/-ta-de/-te-de/-te-da/-ta-da/-ta-de/-te-de/-tesilgi -dekalem -de
Abl.-dan/-tan-dan/-tan-den/-ten-den/-ten-dan/-tan-dan/-tan-den/-ten-den/-tensilgi -denkalem -den

      Tabelle 13: Kasusmarkierung am Nomen im Türkischen

      Endet das Nomen im Akkusativ, Genitiv oder Dativ auf einem Vokal, wird als Fugenelement im Akkusativ und Dativ zwischen der jeweiligen Endung und dem Nomen ein –y- und im Genitiv ein -n- eingefügt (vgl. Kissling 1960: 20). Die Zuweisung der Suffixe unterliegt, wie bereits erwähnt, den Regeln der Vokalharmonie. Diese Zuweisungsregeln, dargestellt in obiger Tabelle, gelten nahezu ausnahmslos. Es existieren nur wenige Fälle, in denen oft aufgrund phonologischer Gegebenheiten, zugunsten der Ausspracheerleichterung, einige Veränderungen vorgenommen werden, wie z.B. das Wegfallen von Vokalen im Nomen bei „vokalisch anlautenden Suffixen“ (Kissling 1960: 23):

(66)burunburnaburnun
‚Nase-NOM.SGNase-DAT.SGNase-GEN.SG‘

      Eine Übersicht aller Ausnahmen ist in Kissling (1960: 22ff.) und Ersen-Rasch (2004: 10ff.) zu finden. In Anlehnung an die Vorgehensweise bei der Beschreibung des deutschen Kasussystems soll im Folgenden ebenfalls nur auf die Merkmale Nominativ, Akkusativ und Dativ eingegangen werden, da der Genitiv beim kindlichen Spracherwerb nur sehr selten Betrachtungsgegenstand ist.

      Welche Funktionen erfüllen diese Merkmale des Kasussystems in der türkischen Sprache? Bei der Beantwortung dieser Frage sind deutlich mehr Gemeinsamkeiten des türkischen und deutschen Kasussystems festzustellen als im Numerus oder Genus. Denn auch im Türkischen erfüllen die Kasussuffixe die Funktion, des „most productive way to express syntactic functions of noun phrases“ (Kornfilt 2000: 212, zum Deutschen siehe Wegener 1995b: 120ff.). Die Tabelle 11 zu den semantischen Rollen in der deutschen Kasusmarkierung gilt auch für das Türkische (vgl. hierzu Kornfilt 2000: 212).

      Es ist festzuhalten, dass die Kasusmarkierungen im Türkischen „salient und transparent“ (Lemke 2008: 119) sind und das türkische Kasussystem „fast ohne homonyme Formen auskommt“ (ebd.), sowie auch ihre Zuweisung klare Regeln aufweist. Da im Türkischen keine Artikel existieren und das attributive Adjektiv3 im Türkischen nicht flektiert wird, es also keine Markierung dieser Kategorien gibt, können deren Markierungen auch nicht wie im Deutschen dargestellt werden.

      3.4 Zusammenfassung

      In den letzten Kapiteln wurden die Ausprägungen der Merkmalklassen Numerus, Genus und Kasus im Türkischen beschrieben. Dabei lag der Fokus, wie bei der Beschreibung der Ausprägungen dieser Kategorien im Deutschen, auf der Markierung, auf den Funktionen, die diese Markierungen übernehmen und auf den dabei beobachtbaren Gesetzmäßigkeiten. Diese Aspekte wurden, soweit dies möglich war, mit Bezug zum Deutschen erörtert und beschrieben. Der Vergleich des deutschen Numerus-, Genus- und Kasussystems mit dem türkischen System zeigt, dass große Unterschiede auf nahezu allen Ebenen existieren.

      Auch wenn das Türkische wie das Deutsche die zwei Numeri Singular und Plural aufweist, unterscheidet sich das Numerussystems des Türkischen erheblich von dem deutschen Numerussystem, insbesondere im Hinblick auf die Pluralmarkierung, aber auch hinsichtlich der semantischen Konzepte, die im Bereich der Pluralbildung existieren und angewendet werden. Während im Deutschen die Pluralmarkierung in neun verschiedenen Variationen erfolgen kann, gibt es im Türkischen nur das Pluralsuffix -ler/ -lar, das je nach vorangehendem Vokal an das Nomen angepasst und suffigiert wird. Die Markierung ist zudem in vielen Kontexten nicht unbedingt obligatorisch. Die semantischen Konzepte, die eine Markierung bedingen, unterscheiden sich oft maßgebend von dem Markierungsverhalten deutscher Nomen.

      In Kontexten, in denen eine Markierung am Nomen im Deutschen obligatorisch ist, wird im Türkischen keine Markierung vorgenommen, wie zum Beispiel wenn ein Zahlwort vor dem Nomen steht:

(67)Burada üç koyun-Ø var.DEM-LOK drei Schaf-Ø geb‚Hier gibt es drei Schaf-e.‘

      Andererseits sind auch Fälle zu beobachten, in denen Nomen in den Plural gesetzt werden, deren Pluralbildung im Deutschen nicht möglich ist, da sie nicht zählbar sind:

(68)Berlin de hava-lar nasıl?Berlin-LOK Wetter-PL wie‚Wie ist das Wetter in Berlin?‘

      (vgl. Ersen-Rasch 2004: 26)

      Dies ist mit den unterschiedlichen Funktionsübernahmemöglichkeiten des Numerus, den vorhandenen unterschiedlichen semantischen Konzepten in den beiden Sprachen zu erklären.

      Ein Vergleich konnte bezüglich des Genussystems der beiden Sprachen nicht erfolgen, da die türkische Sprache kein Genus hat. Im Türkischen sind lediglich einige Differenzierungen bezüglich des biologischen Geschlechtes vorzufinden, die kurz in Kapitel 3.2 skizziert wurden.

      Im Kasussystem des Türkischen hingegen sind Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Kasussystem, insbesondere im Hinblick auf die Funktionen der Kasus, festzustellen. Im Türkischen gibt es nicht vier sondern sechs bzw. sieben Kasus. Neben Nominativ, Akkusativ, Dativ und Genitiv СКАЧАТЬ