Название: Antikorruptions-Compliance
Автор: Simon Schafer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811457294
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Sozialadäquate Zuwendungen sollen die Voraussetzungen einer Strafbarkeit nicht erfüllen.[82] Dies lässt sich mit einer teleologischen Reduktion des Tatbestandes begründen; in der Wettbewerbsvariante kann das Erfordernis fehlender Sozialadäquanz auch in die erforderliche Unlauterkeit hineingelesen werden (siehe Rn. 34). Die Tatbestandsbeschränkung dürfte bei § 299 StGB jedoch eine eher untergeordnete Rolle spielen, weil sozialadäquate Zuwendungen wie Werbegeschenke oder Einladungen zu einem Geschäftsessen in der Praxis kaum als Gegenleistung für eine konkrete Bevorzugung oder Pflichtverletzung gefordert, versprochen oder angenommen werden dürften.[83] Davon einmal abgesehen, ist ein Vorteil sozialadäquat, wenn er so gering ausfällt, dass eine Wettbewerbsgefährdung oder ein drohender Loyalitätskonflikt gegenüber dem Geschäftsherrn sicher ausgeschlossen werden kann.[84] Wo diese Grenze der Sozialadäquanz im Einzelfall verläuft, ist unklar. Mehr oder minder Einigkeit besteht insoweit, dass diese aufgrund der Gepflogenheiten in der Wirtschaft weiter zu stecken ist als bei der Amtsträgerkorruption.[85] Soweit in diesem Zusammenhang fixe Wertgrenzen gesetzt werden, stehen diese unter dem Verdacht der Beliebigkeit und Änderbarkeit. Sie versagen erst recht bei immateriellen Vorteilen. Es bedarf daher für die Bestimmung der Sozialadäquanz einer objektiv-konkreten Abwägung, die das Einkommen und die Stellung des Angestellten oder Beauftragten ebenso berücksichtigt wie dessen Verhältnis zum potentiellen Vorteilsgeber sowie die Höhe, den Anlass, die Streubreite und die sonstigen Begleitumstände der möglichen Vorteilsgewährung.[86] Dabei führt allein die Branchenüblichkeit einer Vorteilsgewährung nicht automatisch zur Sozialadäquanz.[87] Entsprechendes gilt für Taten mit Auslandsbezug. Hier geben nicht örtliche Üblichkeiten und Geschäftssitten das Maß,[88] sondern es ist im Zweifelsfall auf international anerkannte Standards abzustellen.[89] Zur Bestimmung der Pflichtwidrigkeit bei Auslandsbezug in der Geschäftsherrenvariante siehe Rn. 41.
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Erfasst sind – ebenfalls weitgehend im Gleichlauf mit §§ 331 ff. StGB[90] – auch Drittvorteile. Dritter kann jede natürliche oder juristische Person sein. Unklar ist, ob auch das Anstellungs- oder Beauftragungsunternehmen selbst Dritter sein kann. Eine herrschende Auffassung zu dieser Frage ist nur schwer auszumachen.[91] Festzuhalten ist: Der Wortlaut der Vorschrift steht zwar der Einbeziehung des Unternehmens in den Kreis tauglicher Dritter nicht entgegen. Systematik und Telos widerstreiten diesem Ergebnis jedoch. Denn der Unternehmensinhaber als Geschäftsherr ist gerade kein tauglicher Täter und könnte sich daher Vorteile straflos verschaffen. Weshalb die – übliche und sozialadäquate – Einschaltung Dritter an diesem Ergebnis etwas ändern sollte, ist nicht gut begründbar, zumal es gerade zu den Aufgaben und Pflichten der eingesetzten Angestellten oder Beauftragten gehört, Vorteile für ihr Unternehmen auszuhandeln.[92] Diese Ansicht führt jedoch zu Abgrenzungsproblemen: Zweifelhaft soll es erstens sein, welche Rolle vom Unternehmen für besonders vorteilhafte Geschäftsabschlüsse bezahlte Provisionen spielen und unter welchen Umständen im Einzelfall die angekündigte anteilige „Durchreichung“ eines Unternehmensvorteils zu einem strafrechtlich bedeutsamen Eigenvorteil des Angestellten oder Beauftragten wird.[93] Richtigerweise droht hier keine Strafbarkeit; denn es gilt der Grundsatz, dass Unternehmen einen legitim eingestrichenen Vorteil weiterreichen können, ohne dadurch den Anwendungsbereich des § 299 StGB zu berühren (siehe dazu auch Rn. 42 ff.). Schwerer zu beantworten ist allerdings zweitens, ob ein Drittvorteil, der von dem Angestellten oder Beauftragen einer Konzerngesellschaft zugunsten der Mutter- oder einer Schwestergesellschaft ausgehandelt worden ist, tatbestandsmäßig sein kann (Kopplungsgeschäft).[94] Im Ergebnis darf hier nicht der gesellschaftsrechtliche Trennungsgrundsatz Oberhand gewinnen, sondern es sind faktisch-wirtschaftliche Maßstäbe anzulegen.[95] Mithin müssen bei einer Konzernierung jedenfalls solche Drittvorteile für eine andere Konzerngesellschaft aus dem Tatbestand ausgenommen werden, die mit Einwilligung der anstellenden oder beauftragenden Gesellschaft ausgehandelt worden sind.[96]
d) Unrechtsvereinbarung beim Bezug von Waren und Dienstleistungen
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Anders als der weite Vorteilsbegriffs (siehe Rn. 24) ist die (angestrebte) Unrechtsvereinbarung, die im Wortlaut unter anderem im „dafür“ ihren Niederschlag findet, ein stark begrenzendes Tatbestandsmerkmal.[97] Bei § 299 StGB sind gedanklich zwei Ebenen zu unterscheiden: Neben die eigentliche Vereinbarung über den Bezug von Waren und Dienstleistungen (Leistungsvereinbarung) muss eine selbstständige Unrechtsvereinbarung treten.[98] Erst diese Dualität der Vereinbarungen ist es, die in der Wettbewerbsvariante die strafwürdige Gefahr einer strafwürdigen Bevorzugung bzw. in der Geschäftsherrenvariante einer strafwürdigen Pflichtverletzung schafft[99] und damit konstitutiv für das Korruptionsunrecht des § 299 StGB ist.[100]
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Bei der Unrechtsvereinbarung müssen der angebotene Vorteil und die mit ihm erstrebte Entscheidung ausdrücklich oder konkludent[101] synallagmatisch miteinander verknüpft werden („do ut des“).[102] So kann beispielsweise einem Angestellten oder Beauftragen die ihm obliegende Auswahl unter mehreren Anbietern durch Schmiergeldzahlungen „abgekauft“ werden. Im Unterschied zur Amtsträgerkorruption ist die Unrechtsvereinbarung des § 299 StGB nicht (teilweise) gelockert. Demgemäß muss der in Aussicht gestellte Vorteil stets auf eine konkrete unlautere Bevorzugung oder Pflichtverletzung beziehbar sein; eine in ihrem Zielpunkt diffuse „Klimapflege“ genügt nicht.[103] Die erst nachträgliche Honorierung einer bestimmten Handlung ist ebenso wenig tatbestandsmäßig, außer sie bezieht sich nachweisbar auf eine bereits vorher geschlossene Unrechtsvereinbarung und erfüllt nur die dort versprochene Leistung.[104] Daraus ergeben sich erhebliche Abgrenzungsproblematiken bei längerfristigen oder wiederholten Geschäftsbeziehungen. Hier wird nicht in jedem Fall plausibel darzulegen sein, dass eine konkrete Vorteilsgewährung eine bloß „klimapflegende“ Zuwendung oder nachträgliche Honorierung ist. Vielmehr kommt ebenso eine Vorteilsgewährung für einen nächsten, also einen künftigen Geschäftsabschluss in Betracht (vgl. dazu auch Rn. 59).
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Häufig wird das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung nur durch eine Vielzahl äußerer Indizien zu erschließen sein. Dafür ist eine wertende Gesamtschau anzustellen.[105] Einen Hinweis auf die Unrechtsvereinbarung können beispielsweise „private“ Finanz- und Geschäftsbeziehungen eines Angestellten oder Beauftragten zu einem Geschäftspartner des Unternehmens geben (auch sog. „Rückbeauftragungen“[106]) – zumal dann, wenn diese heimlich gehalten und gegebenenfalls in komplexen Firmen- und Finanzierungsnetzwerken verschleiert werden. Indizwirkung können daneben sichtlich parteiische Bewertungen von Angeboten samt der Auswahl eines teuren Anbieters oder auch die erkennbare „Ad-Personam-Ausschreibung“ eines Auftrags haben.[107]
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Die Unrechtsvereinbarung muss im Zusammenhang mit dem Bezug von Waren und Dienstleistungen stehen. Waren sind alle wirtschaftlichen Güter, die Gegenstand des Handels sein können;[108] der Dienstleistungsbegriff umfasst alle geldwerten unkörperlichen Leistungen des gewerblichen oder geschäftlichen Lebens.[109] Der Bezug beschreibt den gesamten auf die Erlangung oder den Absatz der СКАЧАТЬ