Название: Antikorruptions-Compliance
Автор: Simon Schafer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811457294
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2. „Geberseite“: Bestechung im geschäftlichen Verkehr (Abs. 2)
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Die Voraussetzungen einer Strafbarkeit der Geberseite (Abs. 2) entsprechen spiegelbildlich denen der Nehmerseite. Die Ausführungen gelten daher weitgehend entsprechend.
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Die Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist als (beschränktes) Allgemeindelikt ausgestaltet (siehe dazu Rn. 7). Als Tathandlungen kommen in Entsprechung zu den Tathandlungen des Abs. 1 das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils in Betracht. Das Anbieten einer gegenwärtigen Leistung und das Versprechen einer zukünftigen Leistung sind einseitige, auf Abschluss einer Unrechtsvereinbarung gerichtete Erklärungen des Vorteilsgebers, die dem anderen Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden müssen.[159] Das Gewähren verlangt demgegenüber eine tatsächliche Vorteilserlangung. Nötigt der Nehmer dem Geber einen Vorteil ab, ist für letztgenannten eine Strafbarkeit wegen Vorteilsgewährung nicht gegeben. Spiegelt der Geber die Bereitschaft zu einer Vorteilsgewährung nur vor, scheidet eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 2 StGB aus; allerdings kann in diesem Fall eine Betrugsstrafbarkeit zu bejahen sein (§ 263 Abs. 1 StGB).
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Beim Vorsatz ergeben sich keine dogmatischen, wohl aber einige praktische Unterschiede zwischen der Nehmer- und der Geberseite. So dürften die Grenzen eines vorsatzrelevanten Irrtums bei Abs. 2 insbesondere in der Geschäftsherrenvariante schneller erreicht sein als bei Abs. 1, weil für einen außenstehenden Vorteilsgeber die genaue Pflichtenlage des Angestellten oder Beauftragten nicht ohne weiteres erkennbar ist. Gleiches gilt bezüglich des Vorliegens und der Reichweite einer durch das Unternehmen erklärten Einwilligung – und zwar richtigerweise in beiden Tatbestandsvarianten des § 299 StGB (siehe Rn. 47). Gegenseitige Compliance-Richtlinien in Geschäftsbeziehungen können hier für allseitige Klarheit sorgen. Gibt es solche nicht, darf ein Vorteilsgeber grundsätzlich erst einmal davon ausgehen, dass ein Angestellter oder Beauftragter seines Geschäftspartners rechtmäßig, also im Zweifel mit Einwilligung seines Unternehmens handelt. Wer sich allerdings trotz klarer Hinweise auf eine schlichte Zusicherung der Gegenseite verlässt, dass eine Vorteilsgewährung ausnahmsweise doch pflichtenkonform oder von einer Einwilligung gedeckt sei, dürfte sich regelmäßig nicht darauf berufen können, vorsatzlos gehandelt zu haben. Umgekehrt kann es auf der Geberseite auch vorkommen, dass das Unternehmen zwar eine tatbestandsausschließende Einwilligung gegenüber seinem Angestellten oder Beauftragten wirksam erklärt hat, der Vorteilsgeber als Außenstehender von dieser aber nicht weiß. Hier scheidet eine Strafbarkeit richtigerweise aus.[160] Denn in diesem Fall verwirklicht der Täter zwar möglicherweise vorsatzgetragenes Handlungsunrecht, aber kein Erfolgsunrecht. Wertungsmäßig entspricht dies einem Versuch, der bei § 299 StGB nicht strafbar ist.
3. Praxisrelevante Strafbarkeitsrisiken und problematische Fallkonstellationen
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Die Rechtspraxis ist bei § 299 StGB von erheblichen Unsicherheiten geprägt. Diese resultieren unter anderem daraus, dass die Rechtsprechung – zumal die höchstrichterliche – kaum mit der Vorschrift befasst ist (zu den Fallzahlen siehe Rn. 1 f.). Die rechtliche Einschätzung ist insbesondere in folgenden Konstellationen zweifelhaft:
– | In Konzernzusammenhängen können Kopplungsverträge ein Strafbarkeitsrisiko darstellen.[161] Wird beispielsweise ein Geschäftsabschluss davon abhängig gemacht, dass auch mit der Mutter- oder Tochtergesellschaft ein Vertrag geschlossen oder dieser eine sonstige Zuwendung gemacht wird (etwa Sponsoring einer unternehmenseigenen Sportmannschaft), kann dies den Tatbestand der Wettbewerbsvariante erfüllen. Zweifelhaft ist hier jedoch schon, ob Konzerngesellschaften überhaupt taugliche Dritte sind (vgl. Rn. 26). |
– | Gerade in längerfristigen und fortlaufenden Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen sind wechselseitige Gefälligkeiten und Aufmerksamkeiten üblich. Hier kann es mit Blick auf die Unrechtsvereinbarung (siehe dazu Rn. 28) im Einzelfall schwer zu sagen sein, ob es sich bei einer Vorteilsgewährung um eine straflose „Klimapflege“ bzw. nachträgliche Honorierung handelt oder ob bereits ein ausreichender Bezug zu einem künftigen Geschäftsabschluss herzustellen ist. Insofern bergen bei diesen Geschäftsbeziehungen Zuwendungen an Angestellte oder Beauftragte ein erhöhtes Strafbarkeitsrisiko. Vorteile sollten sich daher stets in einem sozialadäquaten Bereich halten. |
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Eine vieldiskutierte Problematik ist der „Kick-Back“ aus Kundenbindungs- und Bonusprogrammen etwa von Fluggesellschaften („Miles & More“), der Bahn („BahnBonus“) aber auch branchenübergreifender Art („PAYBACK“), deren strafrechtliche Relevanz im Schrifttum kontrovers eingeschätzt wird. Eine Strafbarkeit lässt sich mit unterschiedlichen Begründungsansätzen in Zweifel ziehen. Zunächst einmal ist bei (faktischen) Monopolisten eine Vorteilsgewährung im Rahmen der Wettbewerbsvariante unschädlich (siehe Rn. 33). Zum faktischen Monopolisten kann beispielsweise die Bahn auf bestimmten Strecken (Regionalverkehr) oder auch dann werden, wenn unternehmensinterne Reiserichtlinien deren Nutzung vorschreiben. Ob hingegen wegen Geringfügigkeit der über diese Programme erhaltenen Leistung eine nur sozialadäquate und daher nicht tatbestandsmäßige Vorteilsgewährung angenommen werden kann (siehe dazu Rn. 25), scheint fraglich, weil sich über die Zeit die gewährten Vorteile aufsummieren können. Die Überlegung, Kundenbindungsprogramme honorierten nur bereits getroffene Entscheidungen und seien deswegen von Vornherein nicht tatbestandsmäßig,[162] verfängt ebenso wenig. Denn der gewährte Vorteil wird bereits mit der Anmeldung am Kundenbindungs- und Bonusprogramm versprochen, also vor dem Waren- oder Dienstleistungsbezug; dass versprochene Vergünstigungen erst nachträglich gutgeschrieben werden, ändert nichts an deren Tatbestandsmäßigkeit. Wenig überzeugend ist auch die Annahme, dass Kundenbindungs- und Bonusprogramme wegen ihrer Allgegenwärtigkeit prinzipiell nicht geeignet seien, sachfremde Wettbewerbsentscheidungen zu provozieren und deswegen keine Gefahr für den Wettbewerb darstellten. Denn höchstmögliche Vorteile lassen sich in Kundenbindungs- und Bonusprogrammen nur bei „treuer“ und das heißt möglichst ausschließlicher Nutzung eines bestimmten Anbieters erzielen. Der Grundmechanismus dieser Programme und ihr Honorierungskonzept sind darauf ausgelegt, Kunden frühzeitig auf einen bestimmten Anbieter festzulegen und ein „paralleles Sammeln“ von Vergünstigungen in verschiedenen Bonusprogrammen unattraktiv zu machen. Am ehesten scheidet eine
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