Название: Antikorruptions-Compliance
Автор: Simon Schafer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811457294
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Der Behördenbegriff entspricht im Wesentlichen der Definition in § 1 Abs. 4 VwVfG; er erfasst alle ständigen und formell in das Staatsgefüge eingeordneten Organe der Staatsgewalt, die dazu bestimmt sind, mit einer gewissen Selbstständigkeit Staatszwecke zu verfolgen.[20] Hinsichtlich der sonstigen (lies: quasi-staatlichen) Stellen kommt es auf die Organisationsform nicht an, sodass neben Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts[21] auch bürgerlich-rechtlich verfasste Entitäten (etwa GmbH,[22] AG[23] oder eV[24]) erfasst sein können (zum Konkurrenzverhältnis zw. Amtsträger- und privatwirtschaftlicher Bestechlichkeit nach § 299 s. Rn. 85 f., 130). Im Falle öffentlich-rechtlicher Verfasstheit ist die notwendige Behördenähnlichkeit regelmäßig anzunehmen.[25]
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Geht es hingegen um eine zivilrechtliche Organisationsform, bedient sich die Rspr. der Formel, notwendig sei, dass die fragliche Stelle auf der Basis einer Gesamtbetrachtung als „verlängerter Arm des Staates“ erscheint.[26] Indiziell sind insoweit die Eigentumsverhältnisse (Öffentliche Hand oder Private?),[27] das Bestehen einer ökonomischen Konkurrenzsituation (Monopol- vs. Wettbewerbssituation),[28] die gesellschaftsvertragliche Zwecksetzung,[29] die Wahrnehmung durch die Bevölkerung[30] und die staatlichen Steuerungs- und Einflussnahmemöglichkeiten.[31] Letztgenanntem Kriterium kommt insb. in PPP-Konstellationen (Public-Private-Partnership) Bedeutung zu. Hierzu hat der BGH entschieden, die Annahme einer sonstigen Stelle komme nicht in Betracht, sofern der Private über eine Sperrminorität verfügt, die ihm ein Mitbestimmungsrecht bei wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen verschafft.[32]
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Kasuistik: Als sonstige Stellen sind in der Rspr. bspw. angesehen worden ein öffentliches Krankenhaus,[33] öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten,[34] ein Rechtsanwaltsversorgungswerk,[35] die GIZ,[36] Landesbanken,[37] gesetzliche Krankenkassen,[38] kassenärztliche Vereinigungen,[39] eine vereinsrechtlich organisierte Stelle zur Begutachtung der Sachkunde im Umgang mit Waffen[40] und die Deutsche Bahn Netz AG (eine 100 %ige Tochter der Deutsche Bahn AG),[41] nicht hingegen die Deutsche Bahn AG,[42] kirchliche Stellen,[43] eine 100 %ige Tochter-GmbH des Roten Kreuzes,[44] Privatschulen,[45] die Fraport AG[46] sowie eine medizinisch-psychologische Begutachtungsstelle für die Fahreignung[47].
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Des Weiteren muss der Täter für die (quasi-)behördliche Stelle mit der Wahrnehmung öffentlicher Verwaltungsaufgaben betraut sein. „Öffentliche Verwaltung“ ist ein vager Begriff. Er umfasst prinzipiell jede aus der Staatsgewalt abgeleitete und staatlichen Zwecken dienende Tätigkeit, die nicht Rspr.[48] oder Gesetzgebung[49] ist. Darunter fallen grds. Tätigkeiten der Eingriffsverwaltung,[50] aber auch der Leistungsverwaltung[51] insb. soweit diese den Bereich der Daseinsvorsorge[52] betrifft (z.B. ÖPNV,[53] kommunale Müllentsorgung[54] oder Energieversorgung[55] sowie Gesundheitsvorsorge[56]). Beschaffungs- und Bedarfs- sowie staatliche Vermögensverwaltung ist öffentliche Verwaltung,[57] nicht hingegen die rein wirtschaftliche Betätigung.[58] Bei „Mischfällen“ ist für die Annahme öffentlicher Verwaltungstätigkeit entscheidend, ob zwischen erwerbswirtschaftlicher Betätigung und Verwaltungshandeln ein enger Zusammenhang besteht oder nicht (bejaht z.B. für die Vermarktung von Werbeflächen im ÖPNV durch eine AG in städtischer Hand).[59]
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Die Aufgaben muss der Täter zudem selbst und unmittelbar[60] wahrnehmen. Für eine „Wahrnehmung“ in diesem Sinne ist dabei erforderlich, dass die Person in gewissem Umfang eigenständig agiert, d.h. als Entscheidungsträger fungiert (s. Rn. 1). Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt und wirft nur in besonders gelagerten Fällen Zweifel auf. Problematisiert und bejaht wurde das Merkmal etwa bei einem für das Zahl- und Bestellungswesen einer Schule zuständigen Schulsekretär[61] sowie einer Feuerwehrpraktikantin.[62] Für nicht ausreichend gehalten werden rein mechanische oder nur untergeordnete Hilfstätigkeiten[63] (z.B. Reinigungs-[64] oder Schreibarbeiten[65] sowie das Fahren eines Linienbusses[66]). Auch ein Vertragsarzt nimmt bei der Verordnung von Medikamenten für seine Patienten nach Ansicht des BGH selbst keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, weil insoweit das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient im Vordergrund stehe.[67]
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Schließlich muss die Person auch zur Wahrnehmung der Aufgabe „bestellt“ worden sein. Daraus folgt zunächst, dass es sich nicht um eine bloß angemaßte Tätigkeit handeln darf.[68] Eines förmlichen Bestellungsakts bedarf es allerdings nicht, sodass grds. auch eine formfreie[69] und ggf. konkludente[70] Übertragung der Tätigkeit ausreicht. Die Rspr. misst aber dem Merkmal jedenfalls in Bezug auf die Bestellung zur Tätigkeit bei einer nicht-privatwirtschaftlich organisierten Stelle[71] einschränkendes Potenzial bei: Die vereinzelte Beauftragung ohne längerfristige Tätigkeit (z.B. einmaliger Einsatz eines freiberuflichen Planungsingenieurs zur Vorbereitung einer öffentlichen Ausschreibung[72] oder die mehrfache Hinzuziehung eines vereidigten Dolmetschers bei einer Fahrprüfung[73]) reiche nicht aus.[74] In diesen Fällen kann sich die Eigenschaft als tauglicher Nehmer aber aus § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB ergeben (s. Rn. 26).
b) Europäische Amtsträger
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Der Begriff des europäischen Amtsträgers ist missverständlich, da er gerade nicht die Amtsträger anderer europäischer Nationalstaaten erfasst, selbst wenn diese mit der Durchführung von EU-Recht betraut sind (für diese Tätergruppe greift ggf. § 335a StGB);[75] er bezieht sich vielmehr allein auf Amtsträger der EU.
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Die Legaldefinition § 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB ist in drei Untergruppen geteilt. Buchst. a) erfasst „Mitglieder“ der dort aufgezählten EU-Institutionen.[76] Gem. Buchst. b) sind Beamte und die sonstigen Bediensteten der EU erfasst; auch diese Merkmale sind unionsrechtsakzessorisch auszulegen, wobei Art. 1 Ziff. 1 Buchst. b) erster Spiegelstrich des Protokolls v. 27.9.1996 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften[77] eine gewisse Indizwirkung zukommt.[78] Buchst. c) enthält einen Auffangtatbestand für von der EU bspw. qua Werkvertrag beauftragte Personen, die funktionell Bediensteten gleichstehen.[79] Besonderes Augenmerk ist in sämtlichen Fallvarianten auf das Strafanwendungsrecht (§ 5 Nr. 15 StGB) zu richten (dazu Rn. 80 f.).
c) Für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete
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Die Figur des für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfüllt eine Auffangfunktion für Nr. 2 dieser Vorschrift („ohne Amtsträger zu sein“).[80] Erfasst werden können damit nach Buchst. a) zunächst Personen, deren dauerhafte („bei“) СКАЧАТЬ