Название: Antikorruptions-Compliance
Автор: Simon Schafer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811457294
isbn:
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§ 300 StGB enthält eine Strafzumessungsregel für besonders schwere Fälle (Regelbeispiele). Der Strafrahmen verschiebt sich in diesem Fall nach oben und liegt zwischen drei Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe. Eine Geldstrafe kann unter den Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 StGB gleichwohl verhängt werden. Ein besonders schwerer Fall liegt nach § 300 S. 2 Nr. 1 StGB in der Regel vor, wenn sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht; ohne spezifizierte Bedeutung ist nach dem Wortlaut e contrario der Umfang der unlauteren oder pflichtwidrigen Bevorzugung gemeint.[172] Wann ein Vorteil großen Ausmaßes vorliegt, ist nicht abschließend geklärt. Es werden Wertuntergrenzen zwischen 10 000 EUR und 50 000 EUR angenommen.[173] Ein besonders schwerer Fall soll nach § 300 S. 2 Nr. 2 StGB weiterhin vorliegen, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt.
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Als Maßregel der Besserung und Sicherung kommt die – wenig praxisrelevante – Verhängung eines Berufsverbots (§§ 70 ff. StGB) in Betracht. Eine Organstellung in juristischen Personen wird durch eine Verurteilung nach § 299 StGB nicht ausgeschlossen (vgl. § 76 Abs. 3 AktG, § 6 Abs. 2 GmbHG). Als weitere strafrechtliche Folge kommt die (Dritt-)Einziehung von Taterlösen in Betracht (§§ 73 ff. StGB).
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Verwirklicht ein Täter im Pflichtenkreis oder Interesse eines Unternehmens den Tatbestand des § 299 StGB, kommt ferner eine Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG in Betracht. Unter einem möglicherweise zeitnah reformierten Verbandssanktionsrecht dürften künftig die dort vorgesehenen Sanktionen einschlägig sein.
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Wird gegen ein Unternehmen eine Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG festgesetzt oder auch nur einer ihrer Repräsentanten nach § 299 StGB verurteilt, so müssen öffentliche Auftraggeber dieses Unternehmen von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausschließen (§ 123 Abs. 1 Nr. 6 GWB – „Blacklisting“). Eine entsprechende Verurteilung ist in das Wettbewerbsregister einzutragen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a WRegG).
1. Verjährung
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Die Frist für die Verfolgungsverjährung beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die absolute Verfolgungsverjährung tritt gem. § 78c Abs. 3 S. 2 StGB nach zehn Jahren ein.
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Die Verjährungsfrist beginnt mit der Beendigung der Tat, also deren materiellen Abschluss (§ 78a S. 1 StGB). Beendet ist die Tat grundsätzlich mit der Annahme des Vorteils und, sofern dieser ratenweise gewährt wird, mit der Annahme des letzten Teils.[174] Falls die Bevorzugung beim Bezug von Waren oder Dienstleistungen der Annahme des Vorteils nachfolgt, beginnt die Verjährung erst mit der Vornahme dieser Gegenleistung.[175] Kommt es nicht zu einer Gewährung des vereinbarten Vorteils, tritt Beendigung ein, wenn der Täter mit der „Erfüllung der Unrechtsvereinbarung“ endgültig nicht mehr rechnen darf.[176]
2. Strafantrag
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§ 299 StGB ist ein relatives Antragsdelikt. Bestechung und Bestechlichkeit im wirtschaftlichen Verkehr werden nur auf Antrag oder bei Bejahung eines besonderen öffentlichen Interesses verfolgt (§ 301 Abs. 1 StGB).
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Nach Nr. 242a Abs. 1 RiStBV ist das besondere öffentliche Interesse insbesondere dann anzunehmen, wenn der Täter einschlägig vorbestraft ist, der Täter im Zusammenwirken mit Amtsträgern gehandelt hat, mehrere geschäftliche Betriebe betroffen sind, der Betrieb mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand steht und öffentliche Aufgaben wahrnimmt, ein erheblicher Schaden droht oder eingetreten ist oder zureichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Antragsberechtigter aus Furcht vor wirtschaftlichen oder beruflichen Nachteilen einen Strafantrag nicht stellt. Ein besonderes öffentliches Interesse soll zudem dann vorliegen, wenn ein Regelbeispiel des § 300 S. 2 StGB erfüllt ist (Nr. 242a Abs. 2 RiStBV).
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Strafantragsberechtigt ist nach allgemeinen Regeln der Verletzte (§ 77 Abs. 1 StGB). Die Verletzteneigenschaft bestimmt sich maßgeblich nach den Schutzzweckzusammenhängen (siehe Rn. 9 ff.). Antragsberechtigt sind daher – aber nur in der Wettbewerbsvariante – auch geschädigte Mitbewerber.[177] Der Kreis der Antragsberechtigten ist dabei richtigerweise eng zu ziehen und auf solche Mitbewerber zu beschränken, mit denen eine konkrete Wettbewerbssituation bestand, weil sie sich beispielsweise um einen konkreten Auftrag mitbeworben haben. Ein weitergehendes Verständnis ginge fehl und ließe die Verletzteneigenschaft regelrecht zerfasern. Vor dem Hintergrund des Strafantragsrecht für Verbände und Kammern (§ 301 Abs. 2 StGB; siehe Rn. 74) als „Sachwalter des Wettbewerbs“ ist ein derart extensives Verständnis auch nicht notwendig. Auch das anstellende oder beauftragende Unternehmen kann antragsberechtigt sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Täter auch diesem gegenüber pflichtwidrig gehandelt hat, was bei (Mit-)Verwirklichung der Geschäftsherrenvariante stets zu bejahen ist.[178] Das Antragsrecht steht dem zuständigen Vertreter des Unternehmens zu.[179] Eine tatbestandsausschließende Einwilligung (siehe dazu Rn. 42 ff.) beseitigt die Verletzteneigenschaft des Unternehmens.
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In der Wettbewerbsvariante gewährt § 301 Abs. 2 StGB bestimmten Verbänden und Kammern (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 und 4 UWG) ein eigenes Strafantragsrecht. Neben den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern zählen dazu auch privatrechtliche Vereinigungen wie beispielsweise die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.
3. Strafprozessuale Besonderheiten
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Bei Verdacht einer Straftat nach § 299 StGB, werden je nach Einzelfall vergleichsweise weitreichende strafprozessuale Ermittlungsbefugnisse ausgelöst. Unter den Voraussetzungen des § 300 S. 2 Nr. 2 StGB kann der Einsatz eines verdeckten Ermittlers zulässig sein (§ 110a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und 4 StPO). Unter bestimmten weiteren Voraussetzungen sind auch heimliche Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung möglich (vgl. § 100a Abs. 2 Nr. 1 lit. t StPO).
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Auch ohne Beteiligung der Staatsanwaltschaft ist eine Verfolgung im Wege der Privatklage (§ 374 Abs. 1 Nr. 5a StPO) durch den Verletzten zulässig. Dabei sind auch die nach § 301 Abs. 2 StGB zur Strafantragstellung berechtigten Kammern und Verbände zur Privatklage befugt.
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Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte richten sich nach den §§ 147, 385 Abs. 3, 406e, 427 Abs. 1, 428 Abs. 1 S. 2, 435 Abs. 3 S. 2, 438 Abs. 3, 439, 444 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, 474 ff. StPO. Das Unternehmen hat nicht nur in der Geschäftsherren-, СКАЧАТЬ