Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
isbn:
Neudeutsch „Polygamie“.
5. Kapitel Infektionsschutzrecht › V. Bekämpfung übertragbarer Krankheiten
V. Bekämpfung übertragbarer Krankheiten
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Die §§ 16 ff. IfSG sind seuchenpolitische Sondervorschriften der sog. Eingriffsverwaltung zur Gefahrenabwehr. Die zuständige Behörde wird nach Landesrecht bestimmt. Sie hat ein (weites) Entschließungs- und Auswahlermessen. Der Handlungsrahmen ist in § 16 IfSG umschrieben. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) kann eingeschränkt werden (§ 16 Abs. 4 IfSG), Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen gemäß § 16 Abs. 1–3 IfSG haben keine aufschiebende Wirkung (§ 16 Abs. 8 IfSG). Bei Gefahr im Verzug kann das Gesundheitsamt anstelle der zuständigen Behörde handeln. § 25 IfSG enthält eine spezielle Ermittlungskompetenz für Gesundheitsämter, die Personen vorladen und auch zwangstesten können. Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG und der Unverletzlichkeit der Wohnung gem. Art. 13 Abs. 1 GG werden insoweit eingeschränkt. § 28 IfSG ermöglicht ein Versammlungs- und Betretungsverbot[1] sowie die Schließung bestimmter Einrichtungen. Milde Maßnahmen wie etwa die Maskenpflicht im öffentlichen Raum werden ganz überwiegend für zulässig erachtet.[2] Umstritten sind Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen („Social-Distancing“)[3] sowie die Schließung oder Beschränkung von Gewerbebetrieben und Dienstleistungsunternehmen.[4] § 30 IfSG ist die Ermächtigungsnorm für die Anordnung von Quarantäne, die auch zwangsweise angeordnet und vollstreckt werden kann.[5] Je einschneidender die Maßnahme ist, desto höher sind die Anforderungen der Verwaltungsgerichte an die Begründungspflicht sowohl des Verordnungsgebers wie auch der anordnenden Behörde unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit.[6] Bei der Quarantäne oder Absonderung handelt es sich schließlich um eine freiheitsbeschränkende Maßnahme, insbesondere auch bei der häuslichen Quarantäne.[7] Umstritten ist, ob die Zwangsmaßnahmen u.a. in § 30 IfSG verfassungsmäßig sind, weil z.B. das Zitiergebot gem. Art. 19 Abs. 1 GG lediglich in § 30 Abs. 1 S. 2 IfSG nicht jedoch in § 30 Abs. 1 S. 1 IfSG erfüllt wird.[8] Dass der Richtervorbehalt gem. Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG für die zwangsweise Durchsetzung lediglich in § 30 Abs. 2 IfSG, nicht jedoch in § 30 Abs. 1 IfSG und/oder § 28 IfSG genannt wird, wird ebenfalls kritisch gesehen.[9] Auf der anderen Seite ist Art. 104 Abs. 2 GG unmittelbar geltendes Recht, so dass der Verweis in § 30 Abs. 2 IfSG auf § 415 Abs. 1 FamFG ausreichen könnte.[10] Soweit ersichtlich gingen die bisherigen Eilentscheidungen der Verwaltungsgerichte davon aus, dass es zur zwangsweisen Durchsetzung zwar eines richterlichen Beschlusses des örtlich zuständigen Amtsgerichts bedarf, die Norm als solche jedoch gültig ist. § 31 IfSG ermöglicht die Anordnung eines beruflichen Tätigkeitsverbots. § 34 i.V.m. § 33 IfSG enthält besondere Tätigkeitsverbote für Beschäftigte in Gemeinschaftseinrichtungen wie z.B. Kindertagesstätten, Schulen oder auch Heimen und Ferienlager.
Anmerkungen
Kämmerer/Jischkowski GesR 2020, 341, 348.
Kämmerer/Jischkowski GesR 2020, 341, 344.
Kämmerer/Jischkowski GesR 2020, 341, 345 m.w.N.
Kämmerer/Jischkowski GesR 2020, 341, 349 m.w.N.
Kämmerer/Jischkowski GesR 2020, 341, 346.
OVG Niedersachsen Beschl. v. 11.5.2020 – 13 MN 143/20, Rückkehr deutscher Rechtsanwalt aus Schweden ohne Risikoerhöhung.
Bals/Kuhn GesR 2020, 213, 217.
Klucker § 2 Rn. 184 ff., 204 ff.; OVG Niedersachsen Beschl. v. 11.5.2020 – 13 MN 143/20; dagegen OVG Schleswig Beschl. v. 7.4.2020 – 3 MB 13/20 Verhältnismäßigkeit bejahend.
Kluckert § 2 R. 214 ff.; BVerfG Urt. v. 24.7.2018 – 2 BvR 309/15, BVerfGE 149, 293, 333.
Kluckert § 2 Rn. 216.; Mers 2019, 212, 234.
5. Kapitel Infektionsschutzrecht › VI. Entschädigung
VI. Entschädigung
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Die zentrale Entschädigungsnorm ist § 56 IfSG .[1] Sie gilt für Arbeitnehmer, Selbstständige und Betriebe. Voraussetzung ist, dass der Betroffene als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern gem. § 31 S. 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt und dadurch einen Verdienstausfall erleidet.[2] Keinen Anspruch hat, wer sich „freiwillig“ in häusliche Quarantäne begibt. Keinen Anspruch hat auch derjenige, der die behördliche Maßnahme durch eine Schutzimpfung (z.B. Masern) oder andere empfohlene Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe hätte vermeiden können. Die zeitliche Dauer des Entschädigungsanspruchs richtet sich nach § 56 Abs. 2 IfSG, die Höhe nach § 56 Abs. 3 IfSG. Die Auszahlung erfolgt über den Arbeitgeber, der seinerseits dann den Erstattungsanspruch geltend machen kann. Bei Selbstständigen richtet sich die Höhe nach einem Zwölftel des angemeldeten Vorjahreseinkommens aus beruflicher Tätigkeit pro Monat (§ 56 Abs. 3 S. 4 IfSG). Unterstützungsansprüche bei Existenzgefährdung für Betriebe und Praxen von Selbstständigen richten sich nach § 56 Abs. 4 IfSG. Nach h.M. sind die Entschädigungsregelungen im IfSG abschließend.[3] Sie entfalten gegenüber anderen Ansprüchen z.B. aus enteignendem oder enteignungsgleichen Eingriffen eine Sperrwirkung. Ausgenommen hiervon sind Ansprüche wegen Amtshaftung.
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Entschädigungspflichtig ist grundsätzlich das (Bundes-)Land, in dessen Bereich die Anordnung СКАЧАТЬ